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0624 - Die Tränen der Baba Yaga

0624 - Die Tränen der Baba Yaga

Titel: 0624 - Die Tränen der Baba Yaga
Autoren: Werner Kurt Giesa
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[6]
    Den Lachenden Tod!
    In einer kleinen Kirche in Barle-Duc, einem französischen Dorf, war er lange Zeit gebannt gewesen. Die Fürstin der Finsternis befreite ihn, weil sie ihn in ihre Dienste pressen wollte. Der Steinfigur, die ihn darstellte, hatte sie das Herz entnommen und ihm in die Hand gedrückt. Sein eigenes Herz, das ihm nach so langer Zeit wieder Leben verlieh.
    Aber der Lachende Tod hatte sich noch nie in den Dienst eines anderen gestellt.
    Er war seinen eigenen Weg gegangen, eine Spur des Todes hinter sich zurücklassend.
    Und die Silbermond-Druidin Teri Rheken war dieser Spur gefolgt, um ihn schließlich aufzuspüren.
    Er erinnerte sich gern an sie.
    Eine außergewöhnlich schöne Frau mit hüftlangem goldenen Haar, dem Aussehen nach kaum mehr als 20 Menschenjahre zählend. In ihr spürte der Lachende Tod ein enorm starkes magisches Potential, und erhoffte, daß sie es sein konnte, deren Hilfe er benötigte, um Frankreichs Grenzen zu überwinden, an die er einem einst leichtfertig gegebenen Versprechen zufolge gebunden war.
    Aus eigener Kraft konnte er das nicht.
    Aber vielleicht mit der Silbermond-Magie! Per zeitlosem Sprung; ein Überschreiten der Grenze im körperlosen Zustand? Lachend und mit seinem Herzen jonglierend schritt er auf die Druidin zu, die er zu seiner neuen Begleiterin erkor.
    Was bedeutete, daß sie ihm verfiel und sterben würde, wenn er ihres Herzens schließlich überdrüssig wurde…
    Aber sie war schlau.
    Als er sie erkor, ließ sie ihn nicht zu Ende sprechen und versuchte sich auf diese Weise vor seinem Zauber zu retten. Sie kämpfte gegen ihn, versuchte ihm sein Herz zu entreißen, um Macht über ihn zu gewinnen. Wußte sie, daß es reichte, ihm dieses Herz wieder in seine Brust zu setzen, um ihn mit der Steinfigur in jener kleinen Kirche in Barle-Duc wieder verschmelzen zu lassen, auf daß er abermals für lange Zeit dort gebannt war?
    Er verhinderte, daß sie Macht über sein Herz bekam. Im zeitlosen Sprung versuchte sie zu fliehen, aber damit hatte er gerechnet. Er kannte die fiesen Tricks der Silbermond-Druiden. Schon einmal hatte ihn einer hereingelegt und ihm jenes Versprechen abgenommen, das ihn an die Grenzen Frankreichs band.
    Als sie sprang, war er darauf vorbereitet und bekam sie zu fassen. So wurde er mitgerissen und kam dort an, wohin sie flüchtete.
    Wo das war, konnte er nicht sagen. Es war dunkel, und überall stieß er auf Widerstand, wohin er sich auch wandte und tastete. Aber das war nicht wichtig. Die Druidin war bei ihm, und sie würde ihm auch weiterhelfen können. Er wußte nur eines: Mit dem zeitlosen Sprung war ihm das gelungen, woran ihn sein Versprechen so lange gehindert hatte.
    Er hatte Frankreichs Grenzen nicht überschritten. Er hatte sie umgangen.
    Und damit war er dieses unseligen Versprechens ledig; es konnte ihn nun nicht mehr binden. Erst jetzt war er endgültig frei.
    Als sie aus der Bewußtlosigkeit erwachte, in die sie nach der durch ihn hervorgerufenen Überanstrengung gefallen war, hockte er in der Dunkelheit neben ihr auf einem Felsvorsprung und jonglierte heiter mit seinem Herzen.
    Nur mit ihren Para-Sinnen konnte sie ihn in der Finsternis wahrnehmen.
    »Du wirst mir sicher sagen können, wo wir hier sind«, krächzte er.
    Ihre Finger tasteten über Boden und Wand. »In einer Felsenhöhle«, erkannte sie.
    »Hat sie einen Ausgang?«
    Sie tastete die Höhle weiter mit ihren Para-Sinnen ab. Sie war sehr klein, eine Blase im gewachsenen Stein.
    Der Tod lachte wieder in der Dunkelheit. »Ich bin dir dankbar«, sagte er. »Das ist der Grund, aus dem ich dir das Leben geschenkt habe. Das heißt, ich werde es zumindest jetzt noch nicht nehmen. Vielleicht später einmal, wenn wir uns wieder begegnen. Du gefällst mir zwar sehr, aber ich nehme dich noch nicht zur Weggefährtin. Du wirst noch weiterleben.«
    »Nun gut«, sagte sie. »Dann sollten wir vielleicht damit beginnen, nach einem Ausgang zu suchen.« Sie erhob sich, und aus der Bewegung heraus vollzog sie den zeitlosen Sprung.
    Das war damals gewesen.
    Sicher glaubte sie, ihn wiederum für alle Zeiten gefangengesetzt zu haben. In dieser verdammten Höhle, die keinen Ausgang besaß.
    Er hatte auch lange gewartet. Eilig hatte er es noch nie gehabt! Er war ein Wanderer in der Ewigkeit, und wohin er heute nicht ging, dorthin ging er morgen.
    Nun aber hatte er lange genug gewartet.
    »Es reicht«, sagte er und warf sein Herz gegen die Höhlendecke.
    Das Herz berührte den Fels - und
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