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0623 - Odyssee des Grauens

0623 - Odyssee des Grauens

Titel: 0623 - Odyssee des Grauens
Autoren: Werner Kurt Giesa
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nicht leer.«
    »Das haben wir schon öfters erlebt«, sagte Diana und lächelte. »Danach ist er immer besonders süß, der Junge…«
    Roana stieß sie an und sah dann Nicole an. »Worauf willst du hinaus?«
    »Darauf, daß sich alles erneuert. Alles, was zum festen Bestand dieses Schiffes gehört. Eure Lebenskraft, der Rum… auch die Kleidung. Denn das, was ihr seit Jahrzehnten oder Jahrhunderten am Leib tragt, nutzt sich doch nicht ab, oder?«
    Roana und Diana sahen sich an. Und nickten.
    »Normalerweise hätte deine Kleidung also wieder auftauchen müssen. Oder du hättest sie vielleicht auch gar nicht über Bord werfen können… wie auch immer. Sie gehört zu dir und du zum Schiff. Auf Gedeih und Verderb verbunden. Aber - es ist dir gelungen.«
    »Ich verstehe immer noch nicht, was du damit sagen willst.«
    »Daß es eine echte Möglichkeit gibt, davonzukommen. Ich habe schon mit Zamorra darüber gesprochen. Aus eigenem Willen könnt ihr das Schiff nicht verlassen. Aber was unter Zwang über Bord geht… kann sich nicht erneuern - erneuern jetzt im allerweitesten Sinne gesprochen!«
    »Du meinst also, man könnte nicht nur Gegenstände, Dinge - sondern auch Menschen über Bord werfen?«
    »Ja-ha…« dehnte Nicole. »Und die sind dann ebenso weg wie deine Kleidung, Roana - sie tauchen nicht automatisch wieder an Bord auf! Verstehst du? Sie verlassen das Schiff ja nicht aus eigenem Willen! Sie werden dazu gezwungen! Sagt mal, habt ihr das noch nie ausprobiert?«
    Fragend sah Roana die Amazone an.
    Diana zuckte mit den Schultern.
    »Nicht, solange ich an Mord bin«, gestand sie.
    »Ist nie jemand auf diese Idee gekommen?« fragte Nicole schnell.
    »Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall wird der Kapitän dagegen sein.«
    »Warum?«
    »Hin und wieder kommen Menschen an Bord, die stören. So wie ihr. Wir wollen sie nicht in unserer Gemeinschaft haben. Sie stiften nur Unfrieden. Der Kapitän tötet sie.«
    »Er selbst?«
    »Ja.«
    »Wie?«
    »Er nimmt sie zu sich unter Deck«, sagte Diana.
    »Und dann?«
    »Du fragst zu viel. Wie alle diese Unruhestifter«, sagte Roana. »Aber du wirst es ohnehin bald erfahren, da der Kapitän dich ja töten wird.«
    »Warum werft ihr mich nicht einfach ins Wasser?«
    »Der Kapitän wird zürnen. Dann tötet er uns.«
    »Das wäre doch für euch sogar eine Erleichterung, oder? Die lange Odyssee wäre zu Ende!«
    »Du bist ja verrückt«, entfuhr es Diana. »Wir wollen doch nicht sterben! Wir wollen leben.«
    »Als Gefangene dieses Schiffes? Was ist das denn für ein Leben?«
    »Ein sehr geregeltes. Früher war ich eine Kriegerin. Jeder Tag hätte mein letzter sein können. Ich mußte kämpfen und töten, um selbst zu überleben. Ich mußte andere Krieger und Kriegerinnen töten, die ich nie zuvor in meinem Leben gesehen hatte. Menschen, gegen die ich überhaupt nichts hatte. Wir hätten die besten Freunde werden können. Aber unsere Herrscher wollten es nicht. Sie hetzten uns aufeinander, ließen uns kämpfen und töten. Und wenn es nicht darum ging, das eigene Land zu verteidigen oder ein anderes zu erobern, dann wurden wir vermietet und kämpften für völlig fremde Länder und deren Fürsten. Sag, was ist das für ein Leben? Hier, an Bord dieses Schiffes, brauche ich nicht mehr zu kämpfen, ich muß nicht mehr jemanden töten, der vielleicht zu einem Freund werden könnte. Da lebe ich doch lieber auf diesem Schiff, und ich lebe in Frieden bis in alle Ewigkeit. Ich bin sicher, daß ich jetzt schon viel länger gelebt habe, als jede meiner Gefährtinnen von einst jemals leben könnte. Es geht mir gut, es wird für mich gesorgt. Ich leide weder Hunger noch Durst, ich habe Sex, wenn mir danach ist… was will ich mehr? Ich habe meinen Frieden gefunden. Und den anderen ergeht es ebenso. Warum sollten wir etwas daran ändern?«
    »Weil das nicht alles sein kann!« stieß Nicole hervor. »Früher hast du deinen Herrschern gedient oder den Fürsten, an die du und deine Gefährtinnen vermietet wurden. Jetzt unterliegst du den Gesetzen dieses Schiffes. Was ist mit deiner Selbstbestimmung? Hattest du nie den Wunsch, selbst über das zu entscheiden, was du tun oder lassen willst?«
    Diana sah sie fragend an.
    »Was meinst du damit?«
    »Ich weiß, was du meinst«, sagte Roana. »Diana kann das nicht verstehen. Sie ist eine Kriegerin, eine Söldnerin. Sie gehorcht Befehlen. Sie braucht jemanden, der ihr befiehlt. Ich glaube, auf sich allein gestellt wäre sie gar nicht so richtig
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