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0621 - Die Vergessene von Avalon

0621 - Die Vergessene von Avalon

Titel: 0621 - Die Vergessene von Avalon
Autoren: Jason Dark
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Messer wurfbereit zwischen den Fingern. Jetzt wußte er tatsächlich nicht, wie er aus der Lage herauskommen sollte, stierte die Beretta an und atmete durch den offenen Mund.
    »Laß mal den Zahnstocher fallen. Der hat dir vielleicht im Knast Glück gebracht, hier nicht!«
    Loraine drehte durch. »Und er ist doch ein Bulle!« kreischte sie.
    »Das habe ich gerochen.«
    Sie stand günstig. Ich brauchte den Lauf nur ein wenig nach rechts zu schwenken, um auch sie vor der Mündung zu haben. Auf ihrer Lederjacke blitzte der Straßbesatz im reflektierenden Kerzenlicht.
    Sie bewegte ihre Lippen, ohne weiterzusprechen, weil sie einfach an ihrer Wut erstickte.
    Das Messer klirrte zu Boden. In das Geräusch hinein fielen meine erklärenden Worte: »Ja, ich bin Polizist. Ihre Nase hat Sie nicht getrogen, Loraine.«
    »Drogenfahnder, oder…?«
    »Scotland Yard. Nur bin ich nicht wegen Brian Fuller gekommen. Ich wollte nur Melusine de Lacre sprechen, das heißt, sie hat mich gesucht, aus welchen Gründen auch immer. Daß sie blind ist, wußte ich bisher nicht. Das machte die Sachlage nicht leichter. Daß wir uns trafen, ist der reine Zufall.«
    Beide hatten meine Erklärungen gehört, doch nur Fuller knirschte mit den Zähnen, so wütend war er. Ich konnte ihn verstehen. Es hätte alles wunderbar für ihn laufen können, wäre ich ihm und seiner Freundin nicht in die Quere gekommen.
    Um die beiden ging es nicht. Melusine de Lacre war für mich wichtiger. Ich wollte endlich wissen, wo ich sie finden konnte und fragte Fuller nach ihr.
    »Sie hat sich versteckt, Bulle. Vielleicht will sie dich nicht sehen. Kann ich ihr gut nachfühlen.«
    »Reden Sie keinen Unsinn, Fuller! Was ist mit ihr?«
    Er fing an zu lachen. Schrill und laut. Für mich und seine Freundin völlig motivlos, denn wir schauten uns verwundert an. Dann brach sein Lachen ab. »Sie ist einfach stark und völlig anders, verstehst du? Die hat Beziehungen zu anderen Welten, das sagte sie mir. Der Tod ist für sie nicht einfach der Tod.« Er fixierte mich. »Hast du eigentlich Mut, Bulle? Hast du Mut?«
    Ich hob die Schultern. »Was soll die Frage?«
    »Ganz einfach. Ich möchte wissen, ob du Mut hast. Wenn ja, dann zeige ich dir etwas. Wenn du das siehst, kannst du deine Kanone vergessen.« Er drehte sich nach links, streckte den Arm aus und deutete dorthin, wo die Kerzen eine helle Insel bildeten. »Wahrscheinlich kannst du es nicht so genau sehen, denn die beiden Dinger stehen hinter und zwischen den Kerzen, aber ich würde nachschauen.«
    »Das werde ich auch, Fuller. Nur mag ich es nicht, wenn ich dich frei weiß. Handschellen sind für dich nichts Ungewöhntes. Dreh dich um, damit ich sie dir anlegen kann.«
    Er schaute mich mit einem Blick an, der eine Mischung aus Wut und Enttäuschung verriet. Ich konnte es ihm sogar nachfühlen. Fuller hatte alles auf eine Karte gesetzt. Es war ihm gelungen, aus dem Zuchthaus auszubrechen. Er hatte sogar ein sicheres Versteck gefunden und mußte nun miterleben, wie seine neu aufgebaute Welt zusammenbrach. Das wollte ihm nicht in den Kopf.
    »Bis zur Wand zurückgehen!« befahl ich. »Du kennst das Spiel. Vorbeugen und abstützen.«
    Er nickte und drehte mir den Rücken zu.
    Ich hatte seine Freundin Loraine nicht vergessen. »Kommen Sie, Loraine, ich möchte Sie ungern in meinem Rücken wissen.«
    »Wieso?«
    »Machen Sie schon!«
    Sie gehorchte, schielte während des Gehens zu den Kerzen hin und tat ansonsten nichts, was mich hätte beunruhigen können.
    Gewonnen hatte ich noch nicht, das wußte ich auch. Mir war ein Teilsieg gelungen. Schon längst hatte ich etwas von der unheimlichen Atmosphäre gespürt, die innerhalb der Wände lauerte. Obwohl Melusine de Lacre nicht zu sehen war, drehte sich alles nur um sie. Diese Frau war der Mittelpunkt, sie hatte das Rad in Bewegung gesetzt, das sich an dem geheimnisvollen Begriff Avalon festgesetzt hatte.
    Noch wußte ich nicht, worum es ging, ich mußte zunächst einmal den Ausbrecher loswerden.
    Er kannte sich tatsächlich aus. Einen Schritt vor der Wand hatte er Aufstellung genommen, dann kippte er seinen Oberkörper nach vorn und stützte sich mit beiden Händen an der Wand ab. Seine Freundin mußte sich ebenfalls in der Haltung aufbauen, nur etwas von ihm entfernt.
    »Rühren Sie sich nicht, Loraine!« warnte ich sie. »Es ist wirklich besser für Sie.«
    »Halts Maul, Bulle.« Ihr gefiel die Haltung nicht. Den Kopf hatte sie nach links gedreht und hielt den Blick gesenkt.
    Ich
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