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062 - John Flack

062 - John Flack

Titel: 062 - John Flack
Autoren: Edgar Wallace
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ganze Personal heraus und schicke alle schleunigst nach Siltbury hinunter.«
    Reeder bückte sich und half dem jungen Mädchen auf die Füße.
    »Nehmen Sie die junge Dame mit«, sagte er und, zu Olga: »Ich will schnell Ihre Kassette holen. Vielleicht, vielleicht auch nicht - ich bin noch nicht ganz sicher -, werde ich Sie bitten, sie vor meinen Augen zu öffnen.«
    Er wartete, bis der junge Offizier das Zimmer verlassen hatte, und fügte dann hinzu:
    »Gerade jetzt. . . fühle ich etwas milder jungen Liebesleuten gegenüber. Das ist ein Zugeständnis, das ein alter Mann, der liebt, der Jugend macht.«
    Seine Stimme war heiser geworden, und in seinem Gesicht lag ein Ausdruck, der ihr die Tränen in die Augen trieb.
    »War es nicht. . . Margaret Belman?« fragte sie ganz leise, und bevor er noch antworten konnte, wußte sie, daß sie recht geraten hatte.
    Die schwere Tragik verlieh diesem Mann, dem die Jugend so fern lag und dessen Herz immer noch so jung fühlte, eine besondere Würde.
    »Gehen Sie, mein Kind«, sagte er. »Ich werde für Sie tun, was in meinen Kräften steht - vielleicht kann ich Ihnen viel Unglück ersparen.«
    Er wartete, bis sie gegangen war, und schlenderte dann in die verlassene Halle. Welch eine Ewigkeit war vergangen, seit er hier gesessen, Biskuits geknabbert und Tee getrunken hatte, eine illustrierte Zeitung auf den Knien!
    Er ging zu der Wandtäfelung und fuhr mit dem Finger über die kleine Scharte im Holz, die ein geworfenes Messer gemacht hatte, und er lächelte über dieses Ereignis.
    Er hatte Veranlassung, sich dieser Einzelheiten zu erinnern, auch ohne den dramatischen Anstoß, den die Natur selbst ihm gab. Plötzlich schwankte der Boden unter ihm, und die beiden Lampen gingen aus. Er wußte, daß die Drähte durch die Erdbewegung zerrissen waren, lief in die Halle und hatte das Haus schon fast verlassen, als ihm Olgas Bitte einfiel.
    Die Laterne hing noch an seinem Hals. Er schaltete sie ein, ging zum Geldschrank zurück und steckte den Schlüssel ins Schloß. Während er dies tat, begann schon das ganze Haus hin und her zu wanken. Das Klirren von Glas, das Krachen umstürzender Schränke mahnte zur Flucht. Olgas Bitte unerfüllt lassen? Er zögerte selbst einen Augenblick. Aber ein Versprechen war für J. G. Reeder ein Versprechen. Von neuem steckte er den Schlüssel in das Schloß, drehte ihn um und zog eine der großen Türen auf - und Margaret Belman fiel in seine Arme.

20
    Reeder hielt das ohnmächtige junge Mädchen in den Armen und blickte ihr angstvoll in das Gesicht, als plötzlich der große Geldschrank zurückfiel und an seiner Stelle eine klaffende Höhlung hinterließ.
    Er hob sie hoch und lief durch die Vorhalle ins Freie. In der Ferne rief jemand seinen Namen, und er rannte blindlings der Stimme nach. Einmal stolperte er über einen großen Riß, der sich in der Erde gebildet hatte, aber es gelang ihm, sein Gleichgewicht zu behalten, obwohl er gezwungen war, das Mädchen einen Augenblick loszulassen.
    Sie lebte . . . atmete . . ., ihr Atem berührte seine Wange und gab ihm neue Kräfte . . .
    Hinter ihm das Krachen fallender Mauern, ungeheures, grauenvolles Brüllen und Ächzen, Donnern und Grollen von gleitendem Kalk, brechenden Felsen, stürzender Erde - er fühlte nur das schwache Schlagen ihres Herzens.
    »Da sind Sie ja!«
    Jemand nahm ihm Margaret Belman ab. Ein großer Soldat stieß ihn in einen Wagen, in den er lang hineinfiel, atemlos, mehr tot als lebendig, aber an der Seite Margarets. Und nun jagte die Ambulanz mit sausenden Rädern den Hügel hinunter. Hinter ihm, in der Dunkelheit, zitterte und krachte das Haus der Tränen in allen Fugen. Das Werk, das Menschenhände Hunderte von Jahren zurück errichtet hatten, verschwand Stück für Stück, stürzte hinab, um für ewig versunken und den Blicken der Menschen verborgen zu bleiben.
    Die Morgendämmerung zeigte den Neugierigen, die von allen Seiten, mit Wagen und Eisenbahn, zum Schauplatz des großen Erdrutsches geeilt waren, eine einzige, graue Mauer unmittelbar am Rand des Abhangs. Ein Teil des zersplitterten Fußbodens saß noch in dem Mauerwerk, und auf ihm stand das blutbefleckte Bett, auf das der alte Flack seinen ermordeten Sekretär gelegt hatte . . .
    Die Geschichte, wie Olga Flack sie der Polizei erzählt hatte und wie sie auch in den offiziellen Berichten erschien, stimmte nicht genau mit der überein, die sie Mr. Reeder eines Nachmittags erzählte, als sie auf seine Einladung hin in die Bennet
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