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0615 - Die Satans-Vision

0615 - Die Satans-Vision

Titel: 0615 - Die Satans-Vision
Autoren: Jason Dark
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zusammen und drückte sich gegen die Wand wie ein scheues Reh.
    »Das Wasser und der Wein.«
    »Ja bitte, kommen Sie.«
    Der Templer trat in den Raum. Das Tablett mit den beiden Flüssigkeiten stellte er auf dem schlichten Holztisch ab und nickte Anne zu.
    »Das wird Ihnen bestimmt guttun. Es ist sehr klares Quellwasser und ein nicht zu starker Wein.«
    »Danke sehr.«
    »Ich bleibe übrigens vor der Tür, Mademoiselle«, erklärte er.
    »Sind Sie mein Wächter?«
    »Ja.«
    »Ich danke Ihnen.«
    Der Templer verbeugte sich und verließ das Zimmer, während Anne tief durchatmete. Sie fühlte nach ihrem Herzschlag. Er schlug nicht normal, hatte sich gesteigert, auch ein Zeichen ihrer inneren Unruhe, die sie einfach nicht bekämpfen konnte, so sehr sie sich auch Mühe gab. Am Tisch sitzend mischte sie Wasser und Wein im Verhältnis eins zu eins und trank in langsamen Schlucken.
    Dabei fiel ihr Blick auf das Bett. Sie war vorhin müde gewesen, das stimmte jetzt nicht mehr. Plötzlich fühlte sie sich aufgeputscht, beinahe schon überreizt. Anne kannte den Zustand. Wenn sie sich jetzt niederlegte, würde es ihr kaum gelingen, einzuschlafen. Eigentlich wollte sie das auch nicht, wenn sie an John Sinclair dachte, der eine Etage tiefer mit seinen Templer-Freunden zusammensaß.
    Dieser Mann sah zwar völlig normal aus, er war trotzdem ein besonderer Mensch, was wohl an seiner Arbeit liegen mußte, denn wer jagte schon Dämonen und Geister?
    Auch der Abbé hatte Eindruck auf sie gemacht. Trotz seiner Behinderung machte er weiter, gab er nicht auf, er hatte seine Aufgaben nur eben verteilt.
    Und was oder wer war sie in diesem gefährlichen Dreieck?
    Anne wußte es selbst nicht. Sie glaubte daran, daß sie ihre eigene Identität verloren hatte. Sie war nicht mehr so wie früher, in ihrer Brust schienen zwei Seelen zu stecken.
    Von Reinkarnation hatte John Sinclair gesprochen. Mittlerweile war es der Frau gelungen, sich mit diesem Gedanken anzufreunden.
    Möglicherweise hatte sie schon einmal gelebt, und zwar als die Figur, die auf der Ikone zu sehen war.
    Das Glas war leer, also machte sie sich daran, einen frischen Wein zu mischen.
    Da geschah es!
    Wie ein Überfall erwischte es sie. In ihrem Kopf schien etwas zu explodieren. Es hatte sie ein geistiger Hammerschlag getroffen, und ihr Körper schien unter Strom zu stehen.
    Kam die nächste Vision?
    Sie rechnete damit, aber sie schob den Gedanken wieder von sich weg, denn die Visionen hatten anders begonnen. Nein, das hier mußte zu neuen Dingen führen.
    Sie wartete. Anne wußte nicht, was auf sie lauerte, ihr war nur klar, daß etwas passieren würde.
    Nicht im Raum, von draußen her!
    War da nicht ein Geräusch gewesen, hatte es dort nicht dumpf geklungen, als wäre ein Körper zu Boden gefallen.
    Anne traute sich nicht nachzuschauen. Sie stand nur auf, weil sie sich auf dem Stuhl einfach zu beengt fühlte, und richtete ihren Blick gegen die Tür.
    Da bewegte sich die Klinke.
    Es war wie in einem Film, wo die Hauptdarstellerin plötzlich in Lebensgefahr schwebte.
    Kein Laut entstand, als die Tür nach innen schwang und dabei fast die Wand erreichte.
    Auf der Schwelle und durch das Dunkel des Ganges verhüllt, stand eine Gestalt, ein Mann.
    Sie erkannte ihn nicht sofort, sah aber die hellen Streifen dicht unter dem Kopf.
    Was konnte das sein?
    Ein Schal, ein heller Schal!
    Plötzlich fror sie. Das Blut verwandelte sich in Eis, sie sah ihn deutlicher, nicht nur den Schal, auch das Gesicht.
    Er war – er, dem sie vertraut hatte, der soviel Fürsorge für sie gezeigt hatte.
    »Pierre…!« gurgelte sie.
    ***
    Er kam näher!
    Nein, er schlenderte. Er gab sich lässig, siegessicher, und als er genügend Distanz zurückgelegt hatte, drückte er die Tür wieder zu, und sie fiel leise ins Schloß.
    »Du kennst mich noch?« fragte er spöttisch.
    »Ja, aber…«
    Er hob die Schultern. »Leider bist du den falschen Weg gegangen, meine Teure. Du hättest dich nicht dem gefährlichen Engländer anschließen sollen, sondern mir.«
    »Und wieso?«
    »Ich mußte dich holen, Anne. Denke an deine Visionen. Waren sie nicht außergewöhnlich?«
    »Ja, ja.« schluchzte Anne, von einer plötzlichen Gefühlswallung überspült. »Sie waren einfach grauenhaft. Ich habe bald nicht mehr gekonnt, ich werde…«
    »Wir wollen deine Seele, Anne.«
    »Meine… meine – was?«
    »Seele, genau. Deine Seele, die uns vor langer Zeit entgangen ist. Du warst damals eine Hexe. Du bist gestorben, aber doch nicht
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