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0615 - Die Satans-Vision

0615 - Die Satans-Vision

Titel: 0615 - Die Satans-Vision
Autoren: Jason Dark
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mich.«
    »Bitte, Anne«, flüsterte ich, »bitte, sei ruhig. Ich bitte dich, denke nicht daran.«
    Es dauerte eine Weile, bis sie es überstanden hatte. Mittlerweile hatte die Dunkelheit Einzug gehalten. Der kalte Wind wehte scharf über die Höhen und biß in unsere Gesichter.
    »Können wir fahren?« fragte ich, Anne Geron nickte und meinte, während wir einstiegen: »Was wird denn noch alles geschehen?«
    »Ich weiß es nicht, aber ich hoffe, daß wir es schaffen können, das Grauen zu überwinden.«
    »Ja, mit deiner Hilfe.« Sie war zum Du übergegangen, umarmte mich plötzlich und sagte leise: »Bitte, halte mich fest, John, es ist sonst zu schlimm.«
    Ich streichelte sie. Meine Gedanken glitten zurück in die Vergangenheit, als ich ebenfalls mit einer Frau hiergewesen war, die mich als Totenbraut hatte heiraten wollen.
    »Ich habe nicht einmal Schmerzen gespürt, aber ich sah das Blut aus den Wunden strömen.«
    »Stimmt, es war dein Blut.«
    »Und jetzt ist nichts mehr zu sehen. Wer hat es fort gewischt, John – wer?«
    »Ich kann dir die Antwort nicht geben. Hast du denn den Mann mit dem Messer gesehen?«
    »Nein, nur gespürt.«
    »Wie gespürt?«
    »Er ist in der Nähe. Er ist das Böse, er beobachtet alles, John. Ich kann ihm nicht entrinnen.«
    »Vielleicht wirst du irgendwann den Schrecken deiner Visionen überwinden können, aber jetzt sollten wir nicht mehr länger warten und losfahren.«
    »Gern.«
    Es tat gut, in die Wärme des Wagens einzutauchen. Sie umhüllte uns wie ein wohliger Mantel. Die Kälte und der Schrecken schienen so weit entfernt zu sein, obwohl ich mich davon nicht täuschen lassen wollte. Er konnte zurückkehren und blitzschnell zuschlagen.
    Ich jedenfalls hoffte, daß die Visionen der Frau doch einmal Gestalt annehmen, damit ich in der Lage war, sie zu zerstören. Und ich dachte dabei auch an meine Templer-Freunde. Daß sie mir zur Seite stehen würden, daran gab es keinen Zweifel.
    Und noch einen unschätzbaren Vorteil besaßen die Templer. Den Würfel des Heils.
    Wenn es jemand schaffen konnte, dann er. Auf ihn und auf den Abbé Bloch baute ich.
    Mit diesem Gedanken rollten wir der kleinen Stadt Alet-les-Bains entgegen…
    ***
    Er umarmte mich wie einen Freund, den er lange nicht gesehen hatte. Auch ich faßte den Abbé sehr eng und spürte, wie sich sein Rücken bewegte. »Ich freue mich, John, daß du noch lebst. Ich freue mich so, auch wenn die Zeiten nicht so gut sind, denn es braut sich etwas zusammen, wie ich durch den Würfel sah.«
    Er sagte bewußt sah , denn er wollte seine Blindheit nicht zur Kenntnis nehmen.
    Die anderen Templer umstanden uns. Viele von ihnen kannte ich und begrüßte jeden einzelnen mit Handschlag.
    Anne Geron hielt sich im Hintergrund auf. Sie wirkte wie jemand, der sich überflüssig vorkam. Deshalb ging ich zu ihr und legte meinen Arm um ihre Schultern. »Das ist Anne Geron«, stellte ich die Lehrerin vor. »Ich habe sie mitgebracht, weil es einen bestimmten Grund gibt. Er hängt mit dem zusammen, was ich euch noch geben wollte.«
    Zwar hatte ich in Rätseln gesprochen, doch es war niemand da, der mir eine Frage stellte. Man nahm es einfach hin, man kannte mich und wußte, daß ich zu den Menschen gehörte, die keine großen Worte machten und nichts grundlos taten.
    Der Abbé räusperte sich. Es war für die anderen Templer wie ein Zeichen, sie blieben ruhig und standen fast wie Soldaten auf dem Fleck. Wir alle schauten zu, wie der Abbé seine Brille etwas höher schob und dabei die Stirn in Falten legte.
    Etwas hatte er.
    Ich wollte ihm eine Frage stellen, was er spürte, denn er winkte hastig ab und schüttelte den Kopf. Erst dann ging er vor. Seine Schritte waren zögernd, die Sohlen schleiften über den Steinboden, wobei sie Geräusche abgaben, als wäre ein Tier dabei, mit seinen Krallen über die Fläche zu kratzen.
    Auf eine Person war Bloch fixiert – auf Anne Geron!
    Keiner von uns wußte genau, weshalb er das tat, aber wir ließen ihn gewähren. Nur ich bewegte mich. Auf leisen Schritten ging ich in Annes Richtung.
    Sie stand da und hatte genau gemerkt, daß nur sie gemeint war.
    Ihre Augen blickten verstört, sie wolle mich ansprechen, was sie nicht schaffte, denn der langsam auf sie zukommende Abbé schien sie regelrecht zu hypnotisieren.
    Zwischen uns lag eine dichte Spannung. Ich hatte sogar ein Feuchtwerden der Handflächen nicht vermeiden können. Mit jeder Sekunde wuchs meine Erwartungshaltung.
    Anne bewegte unruhig ihren Kopf.
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