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0615 - Der träumende Dämon

0615 - Der träumende Dämon

Titel: 0615 - Der träumende Dämon
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Leben gebraucht wurde, floß aus den Tantiemen etlicher Sach- und Fachbücher über parapsychologische Phänomene und gelegentlichen Gastvorlesungen in aller Welt. Seine reguläre Dozententätigkeit an Universitäten hatte Zamorra aus Zeitmangel längst aufgeben müssen und hatte nun den Status eines Privatgelehrten.
    Nur sah er nicht so aus. Wer ihn sah, konnte ihn eher für James Bond halten als für einen Professor.
    Klatschnaß vom Regen hätte allerdings auch James Bond keine besonders gute Figur abgegeben. Zamorra versuchte mit einem schnellen Spurt die auf ihn niederprasselnde Regenmenge zu begrenzen, umrundete die mostache'sche Seenplatte, diese Ansammlung gewaltiger Regenpfützen vor der Tür des besten, weil einzigen Gasthauses im Dorf, und erstürmte die Eingangstür.
    Darüber hing ein holzgeschnitzter Teufelskopf mit gewaltigen Hörnern, und darunter glomm die blutrote Leuchtschrift ZUM TEUFEL, wie Mostache seine Kneipe genannt hatte. Worauf ZUM TEUFEL GEHEN zum geflügelten Wort im Dorf und im Château geworden war…
    Zamorra polterte in die Schankstube.
    »Scheißwetter, verdammtes! Der Teufel soll's holen…«
    Mostache stand hinter der Theke, setzte ein blank poliertes Glas ab und deutete in Richtung des Montagne-Stammtischs, an dem sich die engeren Freunde Zamorras gelegentlichoft zu einem oder vielen Viertelchen Rotwein oder anderer weingeistiger Getränke trafen. »Ob er deshalb hergekommen ist und mal wieder auf deinen Deckel zecht? Er sagte jedenfalls, du übernimmst die Rechnung«, brummte der Wirt.
    Zamorra fuhr herum.
    Am Tisch saß der Teufel.
    Neben ihm Pater Ralph, der junge Dorfgeistliche, und der alte Curd, fantasievoller Erzähler unglaublicher Geschichten, und unterhielten sich angeregt. Aber jetzt hob Sid Amos alias Asmodis, einstmals Fürst der Finsternis, den Kopf und grinste Zamorra an.
    »Hat da jemand meinen Namen gerufen?«
    Zamorra streckte den Arm aus und machte eine dämonenabwehrende Fingerbewegung.
    »Nein, nein und NEIN! Nicht schon wieder du! Jedes Mal, wenn du herkommst und dich an diesen Tisch setzt, gibt's irgendwelchen Ärger! -Mostache, schmeiß den alten Vogel raus, und seine Rechnung soll er gefälligst auch selbst zahlen! Bin ich das Sozialamt oder was?«
    »Er hat gesagt, er wäre ein armer Teufel und hätte kein Geld«, maulte Mostache.
    »Außerdem jagt man bei diesem Sintflut-Regen nicht mal einen Hund auf die Straße«, protestierte Sid Amos. »Dieses verdammte Scheißwetter soll der Teufel holen…«
    Zamorra fuhr herum und stützte sich mit den Ellenbogen auf die Theke.
    »Mostache, mein Freund«, säuselte er. »Du kennst doch Assi! Der und kein Geld? Der kann selbst zahlen! Der hat Geld! Geld wie Heu! Weiß doch jeder, daß der Teufel aus Heu Golddukaten machen kann!«
    »Aus Stroh«, korrigierte Mostache düster. »Nicht aus Heu.«
    »Oh, wie gut, daß jeder weiß, daß ich nicht Rumpelstilzchen heiß«, intonierte Sid Amos derweil im Hintergrund.
    »Hoffentlich zerreißt's dich nicht!« fauchte Zamorra über die Schulter. »Was ist nun, Mostache, schmeißt du ihn raus oder nicht?«
    »Seit wann bestimmst denn du, wer bei mir rausfliegt? Er ist ein guter Kunde, der eine Menge konsumiert, und er hat mir wieder mal ein Rezept für ein Spezialgetränk aufgeschrieben, das…«
    »Wie groß ist denn die Menge, die er schon auf meine Rechnung konsumiert hat?« ächzte Zamorra.
    Mostache schob ihm den Zettel hin.
    »Kommt ja gar nicht in die Tüte!« wehrte der Professor ab. »Ruf die Polizei und laß ihn als Zechpreller festnehmen. Wo steckt eigentlich der Drache?«
    Mostache zuckte zurück. »Was, zum Teufel, willst du von meiner Schwiegermutter? Die ist doch gar nicht hier…«
    »Den Drachen meine ich!«
    »Ich bin sicher , daß da jemand meinen Namen gerufen hat«, grinste Amos unternehmungslustig vom Tisch her.
    »Ich dreh' ihm den Hals um!« seufzte Zamorra.
    »Dem Drachen?« staunte Mostache.
    »Aaahhhrrrg!« ächzte Zamorra. »Bin ich hier in einem Narrenkäfig gelandet? Dem Teufel dreh' ich den Hals um, und wo der Drache ist, will ich wissen! Drache, Mostache. D-R-A-C-H-E. Du weißt doch: fett, einszwanzig hoch, braungrüne Schuppenhaut, Krokodilschnauze, Flügel, nix als Blödsinn im Kopf. Das personifizierte Chaos. Mister MacFool.«
    »Warum sagst du nicht gleich, daß du Fooly meinst?« Der Wirt schüttelte den Kopf. »Warum, zum Teufel, müßt ihr Akademiker eigentlich immer so furchtbar umständlich…«
    »Wirklich, da hat jemand meinen…«,
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