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0611 - Der Mondschein-Teufel

0611 - Der Mondschein-Teufel

Titel: 0611 - Der Mondschein-Teufel
Autoren: Werner Kurt Giesa
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die überlegen sogar, ob sie mir nicht ein Strafverfahren anhängen sollen, weil ich das Gewehr abgefeuert habe! Dabei ist die Waffe genehmigt und registriert und…«
    John hob mahnend den Zeigefinger.
    »Nicht mehr, guter Mann. Nicht mehr. Das neue Gesetz verbietet Waffen in privater Hand, und zwar grundsätzlich. Nicht mal mehr Schießsportvereine dürfen mit Feuerwaffen üben. Sie haben wohl lange keine Zeitung mehr gelesen, wie?«
    »Ach, aber das gilt doch nicht für Jäger wie mich!« behauptete Wrighley. »Soll ich mit ’ner Steinschleuder auf Kaninchenjagd gehen, oder wie?«
    »Das Gesetz gilt vor allem für so leichtsinnige und schießwütige Vögel wie dich«, knurrte Möbius. »Nun los, schwing die Hufe. Wir schauen uns das Haus mal näher an.«
    Er drückte dem Wirt einen zerknüllten Geldschein in die Hand.
    »Stimmt so«, brummte er.
    John faltete den Schein auseinander. »Da fehlen aber noch fünfzig Pence.«
    »Die kannst du als Trinkgeld behalten.«
    »Jetzt verstehe ich, warum die Einnahmen immer niedriger sind als die Steuern«, seufzte John. »Du verdammter kapitalistischer Krautfresser!«
    »Oh, eben war er noch ein Gentleman«, kommentierte Nicole.
    »Keine Sorge, Sie bekommen Ihr Geld, Mr. Landlord! Schreiben Sie’s auf unsere Rechnung.«
    Dann waren sie draußen.
    Anson Wrighley kletterte in einen rostbefallenen Vauxhall Chevette aus den 70er Jahren und knatterte los.
    »Geben Sie Gas, Mädchen«, drängte Möbius. »Sonst hängt er uns noch ab! Da, er ist schon fast nicht mehr zu sehen!«
    Nicole ließ den 560er besonders langsam anrollen. »Sie werden doch wohl wissen, wo Ihr Freund wohnt, oder? Also lotsen Sie uns einfach hin.«
    »Ich weiß es eben nicht. Nicht so genau«, grummelte Möbius.
    »Er wohnt in Broadwindsor. Das sind nur ein paar Meilen, aber ich war noch nie da.«
    »Na dann«, sagte Nicole - und trat das Gaspedal mit einem heftigen Ruck bis zum Anschlag durch.
    Die Maschine schien sich einen Moment lang regelrecht zu verschlucken, dann wurde der Mercedes mit vehementer Gewalt vorwärtskatapultiert und jagte hinter Wrighleys Kleinwagen her, der tatsächlich schon beinahe außer Sichtweite war.
    Die Tachonadel strebte zügig der 100 entgegen, glitt darüber hinweg bis zur erlaubten Höchstgeschwindigkeit - soweit Straßenzustand und Fahrwerk dies zuließen, denn schon nach wenigen Augenblicken mußte Nicole wieder ein wenig abbremsen.
    »Das ist aber wirklich nichts«, grollte Möbius unzufrieden.
    »Mein 500er beschleunigt besser.«
    Nicole sah im Rückspiegel nach Zamorra. Er hatte es sich im Fond bequem gemacht. »Cheri, wenn dieser alte Knacker neben mir noch einmal über unser Auto meckert, bringe ich ihn wirklich um!«
    »Soviel zum Charme der Franzosen«, brummte Möbius. »Ich hätte das Cottage damals doch nicht verkaufen sollen…«
    ***
    Janet Baker fragte sich, wie lange es noch so weitergehen sollte. Es wurde überhaupt nicht mehr Tag! Sie trug zwar keine Uhr bei sich, aber auf ihr Zeitgefühl hatte sie sich immer verlassen können. Danach mußte es sicher schon Nachmittag sein, wenn nicht sogar später. Sie war todmüde, aber sie traute sich nicht, einzuschlafen.
    Denn in der Dunkelheit bewegte sich etwas.
    Das Unheimliche, das immer wieder nach ihr griff, tastete und schnappte. Unglaubliche, alptraumhafte Kreaturen, wie sie Janet noch niemals gesehen hatte.
    Sie konnte sich auch nicht vorstellen, daß es solche Geschöpfe wirklich auf Gottes Erde gab.
    Und so lange konnte auch keine Nacht dauern - höchstens am Polarkreis. Aber dafür war es nicht kalt genug.
    Im Gegenteil, diese Nacht, in welcher der Mond immer wieder hinter den Wolken hervorbrach, war erstaunlich warm.
    Vom Klima her hätte es ein warmer Sommertag sein können, einer der wenigen, die England in diesem Jahr aufzuweisen hatte.
    Und wie groß dieser Mond war! Mindestens drei- bis viermal so groß, wie Janet ihn gewohnt war! Kein Wunder, daß neben dieser riesigen weißgrauen Scheibe kein einziger Stern am Nachthimmel zu sehen war. Wo keine Wolken zogen, da überstrahlte dieser riesige Mond mit seiner unglaublichen Größe und Helligkeit die Sterne.
    Die Dunkelheit unter den Wolken war ein mächtiger Verbündeter der Ungeheuer, die immer wieder versuchten, Janet zu jagen. Sie war müde und erschöpft, sie war hungrig und durstig, aber sie fand nichts, woran sie sich laben konnte.
    Sie hatte nur noch einen einzigen Wunsch: daß es aufhörte.
    Daß es ein Ende fand und sie sich endlich ausruhen
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