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061 - Im Reich der Tausend

061 - Im Reich der Tausend

Titel: 061 - Im Reich der Tausend
Autoren: Ronald M. Hahn
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sein werden, wenn wir nicht bald eine Bleibe finden…«, ergänzte ihr Begleiter.
    Die beiden schwiegen nun. Matt wollte sich schon zurückziehen, da fiel sein Blick auf einen in die Wandung des Panzers eingelassenen Knopf. Er hob die Hand, zögerte, dann drückte er ihn kurz entschlossen. Das leise Zischen der sich öffnenden Einstiegsluke wurde vom Wind übertönt. Matt sicherte nach allen Seiten. Die beiden Torwachen konnten ihn von ihrer Position aus nicht sehen, und auch sonst wies nichts auf eine nahende Gefahr hin.
    Noch einmal zögerte Matt, in die Höhle des Löwen vorzudringen. Sein Blick fiel auf vier mal zwei Sitzreihen, dazwischen ein schmaler Gang. Neben den Armaturenbrett befand sich ein grau flimmernder Monitor mit einem weißen Feld, über dem die Schriftzeile
    »Suche nach…« auf eine Eingabe wartete.
    Eine Datenbank?
    Die Verlockung war zu groß. Matt schlüpfte in den Panzer hinein, schloss die Luke und duckte sich auf den Beifahrersitz. Er klappte die Tastatur hoch, die flach an der Innenwand lag.
    Der Cursor blinkte im Rhythmus seines Herzschlages.
    Okay, dachte Matt, wollen doch mal sehen… Seine Finger huschten flink über die Tastatur, und er gab ein: CAMP BISMARCK Die Antwort kam in Sekundenschnelle.
    KSK-AUSBILDUNGSLAGER ZUR TERRORBEKAEMPFUNG IM RAHMEN DER NATO, ERRICHTET 2005, YUKON-TERRITORIUM, KANADA.
    Eine Anti-Terror-Einheit! Schau an, dachte Matt. Wenn das keine Überraschung ist. Er hatte während seiner Dienstzeit nie etwas von diesem Camp gehört. Was ihn nicht verwunderte, denn nach den Ereignissen des 11. September 2001 in New York und Washington und den Jahre darauf eskalierenden »Religionskriegen« hatten die Alliierten jede Menge streng geheimer Dinger gedreht.
    Fjodoors »faschistische Okkupanten« waren also Nachfahren einer bundesdeutschen Einheit. Vermutlich hatten sie sich nach dem Kometeneinschlag mit Zivilangestellten inuitischer Herkunft zusammengetan.
    Matt gab ein: POSITION CAMP BISMARCK Die Antwort: ZUGRIFF VERWEIGERT
    »Shit happens«, murmelte Matt vor steh hin.
    »Find ich auch«, sagte jemand auf Englisch hinter ihm. Irgendetwas Kaltes und Stählernes presste sich an seinen Hinterkopf.
    Wieso, dachte Lejtenant Drax von den zaristischen Spähern, muss so was immer mir passieren ?
    ***
    In den zwanzig Jahren, die der Späher Nikolaai nun auf dieser eisigen Welt wandelte, waren nur wenige Fremde nach Wenkuuwa gekommen. Wieso dies so war, konnte niemand mit Bestimmtheit sagen. Der verdiente Gelehrte Stepaan vertrat diesbezüglich eine Theorie: Seiner Ansicht nach war nicht das gesamte Erdenrund von Schnee und Eis bedeckt. Und welchen Sinn sollten andere Völker darin sehen, ausgerechnet dorthin zu reisen, wo ihnen der Arsch abfror?
    Nikolaai hatte' schon immer mit der Stepaan-Theorie geliebäugelt, aber seit der Ankunft der faschistischen Okkupanten und Lejtenant Maddrax' war der Wille, daran zu glauben, noch größer geworden. Dazu kamen die Zweifel an der Unfehlbarkeit des Zaren, seit er Fjodoor den Gütigen persönlich begegnet war. Das schreckliche Ableben des nasenbohrenden Lejtenant und die wirren Worte des Zaren warfen kein gutes Licht auf dessen geistige Gesundheit.
    Nikolaai hatte eine geraume Weile mit sich gerungen. Nun, nach langem Nachdenken, war er bereit sich einzugestehen, dass etwas faul war im Reich der Tausend. Was auch die Erklärung dafür sein' mochte, dass es dort fortwährend nach Fisch stank. Ich glaube, dachte Nikolaai, während er sich neben Aljooscha und der hübschen langhaarigen Frau hinter den Schneehaufen duckte, in unserem Reich läuft einiges schief.
    Angefangen hatte es vermutlich mit dem Aussterben der verdienten alten Gelehrtengeneration, die es versäumt hatte, ordentliche Nachfolger auszubilden. Der greise Stepaan war einer der letzten ihrer Kaste, und Ersatz war nicht in Sicht.
    Auch d ie verdienten Maschinenmeister hatten aufgehört, ihre Kenntnisse weiterzugeben.
    Fiel heutzutage eine Maschine aus, legten sich ihre Nachfolger reihenweise auf die Pritsche und behaupteten, »mit ihrem Latein am Ende zu sein«. Kein Mensch wusste, was sie mit »Latein« meinten.
    Der typische Lejtenant aus der Zarenfamilie interessierte sich nur für den Feierabend.
    Einfache Reparaturen wurden auf die lange Bank geschoben, weil die zu reparierenden Dinge ja doch bald wieder kaputt gingen. Oder sie scheiterten an fehlenden Ersatzteilen.
    Bei solchen Missständen war eine Invasion technisch hochstehender, bestens ausgestatteter
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