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061 - Im Reich der Tausend

061 - Im Reich der Tausend

Titel: 061 - Im Reich der Tausend
Autoren: Ronald M. Hahn
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nicht darüber nachdachten, zu den Germanskis überzulaufen, um all diese Herrlichkeiten zu schauen. Natürlich war es ihm im Grunde schnurz, zu wem sie überliefen, aber nach Möglichkeit sollten sie es erst tun, wenn es ihnen gelungen war, Aiko aus der Gewalt der Deutschen zu befreien.
    Nach allem, was Aruula auf dem Weg hierher berichtet hätte, waren die Deutschen darauf aus, das Reich der Tausend zu finden, angeblich um dem Zaren einen Beistandspakt anzubieten. Doch dabei stellten sie sich weder besonders friedlich an, noch gingen sie ins Detail, gegen wen dieser Pakt eigentlich gerichtet war. Vorsicht war also angebracht.
    Zuerst würde es helfen, mehr über diesen seltsamen Trupp zu erfahren. Matt Drax war lange Jahre auf der Air Force Base in Berlin-Köpenick stationiert gewesen und sprach fließend Deutsch. Wenn er nahe genug an die Fremden heran kam, konnte er vielleicht die beiden frierenden Wachposten belauschen, die vor einem Kunststoffplanen-Türersatz auf und ab gingen.
    Als er Stepaan mitteilte, was er vorhatte, schrak dieser zusammen. Es überraschte Matt, dass der Alte sich echte Sorgen um ihn machte.
    »Nur ich verstehe die Sprache der faschistischen Okkupanten«, beharrte Matt. »Der Zar muss erfahren, welche Pläne sie haben!« Obwohl er geneigt war, dem greisen Gelehrten anzuvertrauen, dass es ihm in Wahrheit nur um Aiko Tsuyoshis Rettung ging, wahrte Matt den Schein. Schließlich war er als Lejtenant Fjodoors des Gütigen hier, um den Feind auszuspionieren.
    »Ich komme mit dir, Maddrax!«
    Natürlich hatte er mit Aruulas Einwand gerechnet. Doch in diesem Fall musste er auf ihre Unterstützung verzichten. Aus zweierlei Gründen. »Ich gehe allein. Du verstehst deren Sprache ohnehin nicht.« Matts Blick zuckte kurz zu Stepaan, Nikolaai, Aljooscha und Diimitri, als er flüsternd hinzufügte: »Und pass auf die vier hier auf; nicht dass sie irgendwelchen Unsinn anstellen.«
    Aruula nickte knapp. »Okee.«
    Matt löste er sich von dem Lieferwagen und pirschte über die Straße. Die Mauer zum Hof der Bibliothek war schnell erreicht. Im Schutz von Dunkelheit und Schneegestöbers eilte er von einer Schneewächte zur anderen, bis er zwischen den Panzerwagen untertauchte. Dort angekommen, ging er in die Hocke und zog die Pelzmütze von seinen Ohren, die Iwaan ihm großzügigerweise vor dem Aufbruch überreicht hatte.
    Als Matt so nahe an die Torwachen herangekommen war, dass er ihre Gesichter unterscheiden konnte, zuckte er verblüfft zusammen. Sie sahen wie Asiaten aus. Was zum Henker ging hier vor? Wer waren diese Leute? Eskimos? Deutsch sprechende Eskimos?
    Damit wurde ihm eins schlagartig klar: Sie waren nicht über den Großen Teich gekommen.
    Wegen des pfeifenden Windes musste er die Ohren ordentlich spitzen, bevor er sie verstand.
    »Dieses unstete Leben hängt mir allmählich zum Hals raus, Frank«, hörte er die Frau sagen. »Ich habs satt. Wenn's nach mir ginge, würde ich die erst beste Gelegenheit nutzen und irgendwo sesshaft werden.«
    »Ich ja auch – aber wo?«, entgegnete der Mann. Er war blass und hatte ein eckiges Kinn: Matt hörte ihn laut seufzen.
    »Es war schon ein Fehler, uns aus Camp Bismarck abzusetzen und diese komische Biosphäre zu suchen«, fuhr die Frau fort. »Die ist wahrscheinlich ebenso eine Legende wie der Bunker von Whitehorse oder das Reich der Tausend.«
    »Aber wir sind hier auf Menschen gestoßen«, erwiderte Frank. »Wo sollen die herkommen wenn nicht aus einem großen Bunker?«
    Die Frau zuckte die Achseln. »Aus dem Süden? Vielleicht gehören sie ja zu einer Forschungsexpedition.«
    »Glaubst du wirklich, dass es im Süden besser aussieht als hier?«, fragte Frank. »Ve rgiss es! Diese Eiszeit ist global, das haben alle Berechnungen bestätigt.«
    Matt durchlief ein Schaudern, das nicht allein von der Kälte herrührte. Diese armen Schweine waren tatsächlich der Meinung, die Welt befände sich immer noch im Griff der nuklearen Eiszeit, die mit dem Einschlag »Christopher-Floyds« begonnen und vor knapp zweihundert Jahren geendet hatte. Sie wussten ganz offensichtlich nicht, dass nur wegen des verschobenen Nordpols Eis und Schnee nicht von diesem Breitengrad wichen. Und wenn sie sich in ihrer Enklave - diesem Camp Bismarck - eingegraben hatten, würden sie die Wahrheit auch nicht herausfinden.
    »Ich weiß nicht, was Oberst Hartwig sich vom Herumkrauchen in diesen Ruinen verspricht«, fuhr die Frau fort. »Hier ist doch alles tot.«
    »Genauso tot wie wir es
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