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0603 - Die Pestklaue von Wien

0603 - Die Pestklaue von Wien

Titel: 0603 - Die Pestklaue von Wien
Autoren: Jason Dark
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ihn bitten, wenn er erschien, mit mir die Katakomben zu besuchen, in denen sich Suko bereits herumtrieb.
    Eine braune Tasse, ein brauner Kaffee und eine Stimme, die mich ansprach, als ich nippte.
    »John Sinclair?«
    Ich schluckte, schaute hoch und in das schnauzbärtige Gesicht eines etwa vierzigjährigen Mannes, der sein dunkelblondes Haar kurz geschnitten und gescheitelt trug. Der helle Sommeranzug ließ ihn etwas blaß erscheinen. Daran konnte auch das zartblaue Hemd nicht viel ändern. Auf eine Krawatte hatte er verzichtet.
    »Das bin ich seit meiner Geburt.« Ich erhob mich.
    »Mein Name ist Walter, Kommissar Werner Walter.«
    »Bitte, setzen Sie sich.«
    Er schaute zurück. »Nein, sollen wir uns nicht in die Katakomben begeben? Sonst sind die Führungen vorbei, und ob man für uns länger offenhält, weiß ich nicht.«
    Ich hob die Schultern. »Wie Sie wünschen, Kollege. Ich muß nur eben zahlen.«
    Die Bedienung trieb sich in der Nähe herum. Ich drückte ihr einen Zwanzig-Schilling-Schein in die Hand und nickte zum Abschied. Sie war gestreßt und bemerkte meinen Abgang kaum.
    Um den Dom zu erreichen, mußten wir den Platz überqueren. »Sagen Sie mal, Herr Sinclair, wo steckt eigentlich Ihr Kollege? Dieser Inspektor Suko, der schon hier in Wien war und den Fall der Medusa aufgeklärt hat?«
    »Unter dem Dom!«
    »Wie?«
    Ich rückte die Sonnenbrille zurecht. »Ja, er wollte schon einen Inspektionsgang machen. Wahrscheinlich werden wir ihn dort treffen, wo sich die Hand an der Decke befindet.«
    »Ah ja.« Der Kommissar trat einen Stein zur Seite. »Wissen Sie, ich kann mir das eigentlich nicht vorstellen, ich habe mich nun über Sie erkundigt und weiß, daß Sie sich um Fälle kümmern, die anderen auf den Magen schlagen würden. Können Sie die Geschichte glauben?«
    »Gute Frage.« Ich mußte lachen. »Wenn ich sie für Unsinn gehalten hätte, wäre ich nicht nach Wien geflogen, obwohl sich ein Besuch immer lohnt, denn ich liebe diese Stadt und war auch schon öfter hier. Sagen wir so, ich kann sie mir vorstellen.«
    »Ich nicht.«
    »Das ist Ihr gutes Recht.«
    Er hob die Schultern. »Es ist mir alles zu suspekt, einfach zu komisch, zu unwahrscheinlich. Ich habe mich lange mit der Zeugin unterhalten, aber fragen Sie mich nicht nach dem Eindruck, den sie auf mich hinterlassen hat. Es gab eigentlich keinen.«
    »Das ist ungewöhnlich.«
    »Finde ich auch. Über fünfzehn Jahre treibe ich mich beim Sicherheitsbüro herum, habe meine Erfahrungen von der Pike auf sammeln können, tief in menschliche Abgründe geschaut, aber so etwas wie mit diesem Mannequin ist mir noch nicht untergekommen.«
    »Das glaube ich Ihnen gern.«
    »Sie werden sich selbst ein Bild über diese Person machen können, wenn Sie später mit ihr reden.«
    »Ist sie denn überspannt gewesen?«
    »Das will ich nicht sagen. Sie hat wohl auch Valium bekommen.«
    »Das machen die Ärzte wohl überall.« Bevor wir den Dom betraten, schaute ich noch einmal zu ihm hoch.
    Er war schon ein prächtiger Bau, auf den die Wiener stolz sein konnten. Wie ein ausgestreckter Finger Gottes wies der Turm in den blauen, beinahe wolkenlosen Septemberhimmel. Irgendwo hoch über ihm lagen einige Wattetupfer. Vor dem großen Hauptportal drängten sich die Menschen. Familien mit Kindern, Rucksack-Touristen, Asiaten, Afrikaner, Europäer, sie alle gaben sich hier ein Stelldichein, und an den Eingängen hörten die Bewegungen überhaupt nicht mehr auf.
    Ich schob mich zusammen mit drei Japanerinnen in den Dom. Die jungen Frauen hielten ihre Kameras schußbereit. Bald hörte ich nur mehr das Klickklick.
    Ich drückte mich an ihnen vorbei und mußte auf den Kommissar warten, der sein Haar zurückstrich und froh darüber war, daß uns endlich eine gewisse Kühle empfing. Nach den heißen Temperaturen draußen war sie einfach wunderbar.
    Daß der Kommissar mich ansprach, bekam ich kaum mit, denn das Innere des Doms war für mich nicht weniger beeindruckend als der Anblick der Kirche von außen.
    Mein Blick fiel auf den prächtigen Hauptaltar, der etwa hundert Meter von mir entfernt lag. Auch auf diese Distanz hin verfehlte er seine Wirkung nicht. Er war ein Meisterwerk spätmittelalterlicher Kunst, in seiner Pracht einmalig und ein wahres Meisterwerk großer Künstler.
    Beim Näherkommen konzentrierte ich mich auf das Altarbild, das auf eine 28m² große Zinnplatte gemalt war und die Steinigung des heiligen Stephanus zeigte.
    »Beeindruckt?« fragte mich der
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