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060 - Jenseits der Dämmerung

060 - Jenseits der Dämmerung

Titel: 060 - Jenseits der Dämmerung
Autoren: Claudia Kern
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stolz und reich. Man respektiert und verehrt uns. Diese Ehre biete ich euch.«
    Er bietet uns einen Job, dachte Matt etwas geschmeichelt. Laut sagte er: »Ich danke dir, aber leider können wir diese Ehre nicht annehmen. Wir haben eigene Pläne.«
    »Welche Pläne könnten besser sein als die eines Molunters?« Peck wirkte plötzlich verärgert. »Männer betteln auf Knien um eine solche Gelegenheit!«
    »Es tut uns Leid, aber es geht wirklich nicht.« Matt ertappte sich dabei, wie er Aruula einen kurzen Blick zuwarf, um zu sehen, ob sie lauschte. Er hätte gerne gewusst, wie groß der Ärger war, den sein Gegenüber empfand.
    Peck stieß den Atem aus. »Es ist eure Entscheidung. Möglicherweise werdet ihr sie noch heute Nacht bereuen.«
    Aruula sah ihn an. »Was wird heute Nacht geschehen?«
    »Vielleicht nichts. Vielleicht das, worauf wir hoffen und wovor die Stadt zittert. Wir werden sehen.«
    Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und ging über die Felsen davon. Matt sah unwillkürlich zur Sonne, die orange und groß über dem Horizont hing. Nur noch die obere Hälfte war sichtbar.
    »Es wird bald Nacht«, sagte Aruula. »Wir sollten uns auf die Suche nach Aiko machen.«
    Matt nickte. »Bis wir die Stadt erreichen, wird es dunkel genug sein, um nicht gleich erkannt zu werden. Hoffentlich hält sich Aiko noch bei den Gleitern auf.«
    »Wo –« Aruula brach ab und legte den Kopf schräg. »Hörst du das?«, fragte sie. Matt lauschte in die Dämmerung. Er hörte das leise Säuseln des Windes, das weit entfernte Rufen eines Vogels und seinen eigenen Herzschlag. Ge rade wollte er sich umdrehen, als ein weiteres Geräusch hinzukam – ein Schaben, als würden tausend Blatt Papier gegeneinander gerieben, ein tiefes Brummen wie der Motor eines Hubschraubers und ein seltsam atemloser Laut, den Matt nach einem Moment als Fauchen bezeichnete. »Was ist das?«, fragte er mit unterdrückter Nervosität, während er bereits nach seiner Uniform griff. Der Stoff war noch klamm, aber er zog ihn trotzdem über. Neben ihm schlüpfte auch Aruula in ihre spärliche Kleidung. Ihr war anzusehen, dass sie sich nach einem schweren Fellumhang und einem Schwert sehnte.
    »Ich habe so etwas noch nie gehört.« Sie standen jetzt dicht nebeneinander. Matts Muskeln waren angespannt, bereit zum Kampf oder zur Flucht.
    Die Geräusche schwollen an. Sie schienen von Süden her zu kommen, aus Richtung der Stadt, und wurden rasch lauter. Was immer sich dort bewegte, kam genau auf die Felsen zu, vor denen Matt und Aruula standen.
    »Vielleicht sollten wir uns Deckung suchen«, schlug er vor, obwohl ihm die Felsen viel zu flach und klein erschienen. Aruula musste das auch erkennen, aber sie nickte. Die Geräusche wirkten verstörend und selbst der vorgetäuschte Schutz der Felsen war besser als ihnen so gegenüber zu treten.
    Und dann sah Matt, was ihnen entgegenkam.
    Es war eine Wolke, eine riesige schwarze Wolke aus wimmelnden Leibern, hüpfend und kriechend. Mit der Geschwindigkeit eines Wirbelsturms fegte sie heran, wirbelte Moos und Erde auf, bis die Luft zum Husten reizte und die Augen zu tränen begannen. »Runter!«
    Es war Aruula, die das Wort schrie und Matt aus seiner Erstarrung riss. Ohne nachzudenken ließ er sich zu Boden fallen und presste die Hände vor das Gesicht. Nur ein einziges Mal konnte er noch einatmen, dann waren die Insekten über ihm – und unter ihm und neben ihm. Ihre Chitinpanzer stießen gegen seinen Kopf, ihre Fühler verfingen sich in seinen Haaren. Er spürte, wie sie durch den Kragen seiner Uniform schlüpften und über seinen Rücken krabbelten. Zangen kniffen ihn, Beinpaare stachen wie Nadeln in seine Haut, während glatte harte Körper seine Hände bedeckten. Matt biss die Zähne zusammen, benötigte seine gesamte Willenskraft, um nicht aufzuspringen und um sich zu schlagen.
    Nach einer Ewigkeit war es vorbei. Das Geräusch schwoll ab, die Berührungen ließen nach. Nur die Tiere, die sich im Stoff der Kleidung verfangen hatten, bewegten sich noch.
    Matt brauchte nur Sekunden, um die Uniform auszuziehen und auf den Boden zu werfen.
    Angewidert schüttelte er sie aus, während Aruula, deren Kleidung weniger Probleme verursacht hatte, Insekten aus ihren Haaren klaubte.
    »Das«, sagte Matt schließlich, als das imaginäre und reale Jucken seines Körpers aufgehört hatte, »war das Widerlichste, was ich jemals erlebt habe. Und wenn man bedenkt, wo ich in den letzten zwei Jahren gewesen bin, bedeutet das eine
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