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060 - Jenseits der Dämmerung

060 - Jenseits der Dämmerung

Titel: 060 - Jenseits der Dämmerung
Autoren: Claudia Kern
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ganze Menge.«
    Ein letztes Mal schüttelte er die Uniform aus, dann zog er sie wieder an.
    Aruula hob die Schultern. »In Sorbans Horde haben wir oft Insekten gegessen. Wenn man sie röstet, werden sie außen ganz knusprig und innen weich. Man kann sie auch…«
    »… ganz einfach zertreten«, ergänzte Matt ihren Satz, während er sich die Stiefel zuband. Er schüttelte seinen Ekel ab und stand auf. »In jedem Fall dürfte es die Insektenpopulation von ganz Pootland gewesen sein, die gerade über uns hinweggefegt ist. Ich würde nur zu gerne wissen, warum.«
    Aruula sah der Stadt entgegen. »Wir haben ein Sprichwort: Die Taratzen verlassen die gefluteten Höhlen.«
    »Ich weiß, was du meinst.« Matt trat neben sie. Es war sicherlich kein gutes Zeichen, dass die Insekten aus Portland geflohen waren, und wenn es möglich gewesen wäre, hätte er sich ihnen – in großer Entfernung – angeschlossen und keinen Gedanken mehr an die Stadt verschwendet.
    Aber das war unmöglich, denn noch wussten sie nicht, was aus Aiko und den Gleitern geworden war.
    »Wir müssen zurück«, sagte er.
    Aruula nickte. »Ich weiß.«
    Sie ergriff Matts Hand und ging gemeinsam mit ihm auf Portland zu. Im Westen, über der schmalen Bucht, versank die Sonne langsam im Meer.
    ***
    »Behalt deine Bax! Ich will sie nicht mehr.«
    Die alte Frau stieß mit ihrem Gehstock nach Aiko, der mühelos auswich. Nur Sekunden waren vergangen, seit ein Strom von Insekten sich aus den Häusern ergossen hatte und in den Gassen verschwunden war. Seitdem herrschte Chaos. Menschen liefen in sichtlicher Panik durcheinander und die Straße, die Aiko von seiner Position aus sehen konnte, war so verstopft, dass einige Wagemutige auf die Dächer geklettert waren, um von Haus zu Haus zu springen. Einen Sturz hatte er bereits beobachtet.
    »Dann sag mir doch wenigstens, was hier los ist«, versuchte Aiko es ein weiteres Mal, aber die alte Frau winkte nur ab.
    »Das betrifft uns, nicht dich.«
    Sie drehte sich um und humpelte an der Scheune vorbei. Aiko blieb einen Moment unschlüssig stehen und dachte an seine selbstgewählte Aufgabe, die Gleiter zu bewachen.
    Allerdings bezweifelte er, dass in dieser Situation jemand an Diebstahl denken würde.
    Dieser Gedanke erleichterte seine Entscheidung.
    Aiko nahm seine Tak 02-Maschinenpistole und Matts Driller aus der Maschine und folgte der alten Frau, die hinter der Scheune vor einer kleinen Holzhütte stehen blieb.
    »Ich bin es«, sagte sie, als sie die Tür öffnete. Aiko verstärkte seine Hörleistung, um die Antwort zu verstehen.
    »Ist es schon wieder so weit?« Es war die schwache Stimme eines alten Mannes, asthmatisch und pfeifend.
    »Ja, wir müssen uns beeilen.«
    Aiko ging näher heran. Die Geräusche, die er aus der Hütte hörte, ließen sich schwer einordnen. Etwas quietschte, polterte, dann stöhnte der alte Mann. Er klang krank.
    »Du bist zu schwer.« Die Verzweiflung in den Worten der Frau war nicht zu überhören.
    »Wo ist Peet?«
    »Er war mit Freunden unterwegs. Bestimmt ist er gleich zum Hafen gelaufen. Du weißt doch, wie nervös er ist. Besser, du lässt mich zurück.«
    »Nein!«
    Aiko erreichte die offen stehende Tür der Hütte und sah ins Innere. Der Raum war klein und durch das Fenster fiel genügend Licht, um ihn alles erkennen zu lassen. Eine gemauerte Feuerstelle an der Wand, zwei Betten, ein Tisch, ein Schrank, viel mehr schien es nicht zu geben. Auf einem Bett lag ein alter Mann, in eine Wolldecke gehüllt. Seine Frau – zumindest nahm Aiko an, dass es sich bei ihr um seine Frau handelte – zog an seinen Schultern und versuchte ihn in die hölzerne Schubkarre zu zerren, die neben dem Bett stand.
    »Du schaffst es nicht«, sagte der Mann. »Du musst allein gehen.«
    Sie schwieg, zog nur umso heftiger an ihm.
    »Ich könnte euch helfen.« Aiko trat ungefragt ein. »Für mich ist er nicht zu schwer.«
    Die Frau fuhr herum. Das graue Haar fiel in Strähnen in ihr Gesicht. Ihre Wangen waren von der Anstrengung gerötet. »Wir haben nichts, was wir dir geben könnten«, sagte sie atemlos. »Verschwinde!«
    Sie wich zurück, als Aiko näher kam. Er sah, wie ihre Hand nach einem Messer tastete, das an der Wand hing, und tat so, als bemerke er es nicht. Stattdessen trat er neben das Bett und hob den alten Mann mühelos hoch. Er roch nach Krankheit, Schweiß und Urin.
    »Ich verlange nichts von euch«, sagte Aiko. »Nur eine Erklärung, was hier geschieht.«
    Die Blicke der alten Menschen trafen
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