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060 - Jenseits der Dämmerung

060 - Jenseits der Dämmerung

Titel: 060 - Jenseits der Dämmerung
Autoren: Claudia Kern
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sind Ventile. Sie regulieren den Dampf, der im Kessel entsteht, und sorgen dafür, dass der Druck nicht zu groß wird. Auf dem Kessel, das ist das große Ding vor uns, befinden sich an beiden Seiten Ventile. Jedes Einzelne müssen wir mit Tüchern verstopfen.«
    Zur Demonstration nahm Matt einen Stofffetzen, der an den Resten einer Sitzbank hing, und wickelte ihn über und unter dem Druckmesser mehrfach um das Rohr.
    »Du nimmst die linke, ich die rechte Seite. Alles klar?«
    Quee nickte. »Und wenn wir diese Ventile verstopft haben, was passiert dann?«
    Matt grinste. »Der Kessel fliegt in die Luft.«
    So einfach, wie Matt gehofft hatte, war es jedoch nicht. Als sie es schließlich wagten, die Kohlen ins Feuer zu werfen, stieg dicker schwarzer Qualm in der Höhle auf. Träge trieb er bis zur Decke, sammelte sich dort und sank wieder herab. Mit jeder Minute wurde das Atmen schwerer. Gleichzeitig stieg die Hitze im Führerstand der Lok, bis sie so unerträglich wurde, dass man sich nach nur drei, vier Kohleschaufeln abwechseln musste.
    Nach der stundenlangen Arbeit hatten sie alle Brandblasen, versengte Augenbrauen und gerötete Haut. Das Sprechen fiel ihnen schwer und die Luftröhre fühlte sich an, als sei sie aus Sandpapier. Einzig den Mols schienen ihre Bemühungen nichts auszumachen; sie waren noch immer da und belauerten die Eingeschlossenen.
    Matt stand auf dem Kohlewagen und sah durch die Rauchschwaden zu den mutierten Maulwürfen hinüber. Er hatte gehofft, dass der Geruch nach Feuer die Tiere zurücktreiben würde, aber das Gegenteil schien der Fall zu sein. Sie hatten sich auf den Rücken gedreht, wirkten entspannt und genossen sichtlich die Wärme.
    Verdammte Viecher, dachte Matt und stolperte zurück in den Führerstand, um seine Schicht zu beginnen.
    Aiko schüttelte den Kopf, als er ihm auf die Schulter tippte. Schweiß lief wie Regen über sein Gesicht.
    »Ich mache noch weiter.«
    »Nein, machst du nicht. Geh nach hinten oder aufs Dach und ruh dich aus.«
    Aiko ignorierte ihn und schaufelte weiter. »Vergiss nicht, dass ich ein Cyborg bin. Ich kann mehr als ein Mensch vertragen.«
    Matt wischte sich den Schweiß ab. Er war zu müde und erschöpft, um weiter zu streiten.
    »Okay, dann bleiben wir eben beide hier.«
    Mit aller Kraft, die ihm geblieben war, schaufelte er die Kohlen in den offenen Ofen.
    Mittlerweile war die Hitze so groß, dass sie die feuchten Kohlen aus dem Tender nachlegen konnten, ohne Gefahr zu laufen, das Feuer zu ersticken.
    Matt warf Aiko einen kurzen Blick zu. Der hatte seinen Rhythmus erhöht, als müsste er beweisen, wie sehr ein bionischer Mensch dem normalen Homo sapiens überlegen war.
    Fast doppelt so schnell wie vorher pumpte er die Kohlen in den Ofen.
    Verärgert über die Demonstration versuchte Matthew gleichzuziehen, aber ein so hohes Tempo konnte er nicht durchhalten. Die Schmerzen in seinen Händen, der Schweiß in seinen Augen, der Durst und die unerträgliche Hitze zehrten an ihm.
    Gerade wollte er sich geschlagen geben, als sein Blick auf den Druckmesser im Führerstand fiel. Er schlug den Ofen mit der Schaufel zu und verriegelte ihn, bevor Aiko noch mehr Kohle hineinwerfen konnte.
    »Weg hier! Er geht gleich hoch!«
    Aiko sprang zuerst auf den Kohlewagen und zog Matt hoch, als dieser auf der Leiter ausrutschte. Stolpernd überwanden sie den fast leeren Tender, bevor sie mit einem letzten Sprung durch die Tür in den Waggon fielen.
    »Alle nach hinten!«
    Dort, hinter der letzten verbliebenen Sitzbank und vor den Barrikaden der Tür lag Peck bereits seit Stunden. Mittlerweile hatte er die Augen geöffnet und schien etwas von seiner Umgebung mitzubekommen, aber seine Schmerzen zeigte er nicht. Aiko und Matt waren die letzten, die hinter der Deckung verschwanden und sich duckten.
    »Gleich gehts los. So wie der Kessel steht, müsste er die Wand bis zur Decke aufreißen. Das Tageslicht vertreibt die Mols und wir sind frei.«
    Matt wiederholte den Plan, als müsse er sich noch einmal von dessen Funktionalität überzeugen. Aruula legte ihren Arm um seine Schulter.
    »Es wird klappen.«
    Ein ohrenbetäubendes Pfeifen ließ ihn zusammenzucken.
    »Verflucht!« Matt sprang auf. »Wir haben ein Ventil übersehen. Der Druck entweicht!«
    Er wusste, was das bedeutete. Der Kessel war glühend heiß, aber jemand müsste nach vorn, um das Ventil zu schließen – und wahrscheinlich würde dieser Jemand nicht schnell genug zurückkommen können, um die Explosion zu
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