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06 - Prophet der Apokalypse

06 - Prophet der Apokalypse

Titel: 06 - Prophet der Apokalypse
Autoren: Michael J. Parrish
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großen Teich lösen sollte.
    ***
    Punkt Mitternacht stand Tom wieder vor der Spelunke, die den sinnigen Namen El Pescado – »Der Fisch« – trug. Er hatte den Mazda in der Nähe geparkt, was um diese Uhrzeit kein Problem darstellte. Maria Luisa und Alejandro hatten Weisung, auf den umgelegten Sitzen zu ruhen, vielleicht sogar Schlaf zu finden. Als Tom sich verabschiedet hatte, war Maria Luisa gerade dabei gewesen, die Innenscheiben mit Decken zu verhängen, die ihnen Ana mitgegeben hatte.
    Und jetzt stand er draußen in der rauen Brise, die vom Meer herüberkam. Es war empfindlich kalt; es war immerhin schon Spätherbst. Das Firmament war voller Sterne, von keinem Wölkchen getrübt.
    Je länger sich Tom Ericson vor dem El Pescado herumdrückte, umso mehr beneidete er die Gäste, die drinnen im Warmen saßen und ihr Bier oder was auch immer schlürften. Die Gästezahl war, so weit Tom es durch die Fenster sehen konnte, überschaubar. Die meisten Seeleute lagen wahrscheinlich schon in der Koje; die Arbeit auf den Seelenverkäufern, wie sie zuhauf am Kai lagen, war hart. Über die Stränge schlagen konnten nur die, die nicht frühmorgens schon wieder schuften mussten.
    Tom vertrieb sich die Wartezeit, indem er seine Gedanken nach Yucatán vorauseilen ließ. Die Andeutungen Diego de Landas waren im Moment der einzige Strohhalm, an den er sich klammern konnte. Er trug eine tickende Bombe mit sich herum. Den Himmelsstein loszuwerden – und zwar so, dass er nicht in die Hände des Mannes in Weiß und seiner Handlanger fiel –, war das vorrangige Ziel. Wenn er das schaffte, konnten sie ihn zwar immer noch aus Rachsucht weiter jagen und ihm nach dem Leben trachten, aber ihr Ziel würden sie nicht mehr erreichen können.
    Wobei das Motiv, das den Mann in Weiß trieb, Tom nach wie vor rätselhaft war. Was hatte er davon, die Welt, mit allem, was darauf lebte, auszulöschen?
    Weil er selbst nicht von dieser Welt ist? , flüsterte eine Stimme in Toms Hinterkopf. Immerhin glaubte er gesehen zu haben, dass der Mann durch festes Mauerwerk laufen konnte. Was natürlich nicht sein konnte. Oder? Immerhin hatte er zuvor auch nicht an einen Kristall geglaubt, der »das Licht trank«.
    Wenigstens schien die Indio-Bande, ebenso wie die spanische Polizei, momentan ihre Spur verloren zu haben.
    Vom El Pescado aus konnte er auf einen obeliskartigen Turm mit einer angeleuchteten großen Uhr blicken. Cuarto war bereits eine halbe Stunde überfällig, und Tom legte sich schon mal die passenden Worte zurecht, mit denen er dem Schmerbauch hinter der Theke den Marsch blasen wollte.
    Ob daraus mehr als nur ein Gedankenspiel wurde, musste er sich noch gründlich überlegen. Zumindest in seiner Kneipe hatte der Wirt sicher mehr Sympathisanten auf seiner Seite als Tom.
    Fünf weitere Minuten später lenkte das Geräusch von Schritten Toms Blick in Richtung der von Scheinwerferbahnen durchdrungenen Hafenmole, wo die Nachtschicht zugange war.
    Eine hagere Gestalt, noch etwas größer als er selbst, kam aus den Halbschatten.
    »Señor Cuarto?«, sprach Tom Ericson ihn geradeheraus an, als er ein paar Meter entfernt stehen blieb und keine Anstalten machte, in die Kneipe zu gehen.
    »Und Sie sind der gesuchte Massenmörder, den Pepe mir vermitteln will?«
    Tom zuckte bei dem Begriff »Massenmörder« zusammen. Dann begriff er, dass die Wortwahl Cuartos Verständnis von Humor entsprang.
    Auch als Tom nähertrat, stand Cuarto so, dass sein Gesicht dauerhaft im Dunkeln lag und kaum Merkmale preisgab.
    »Reden wir nicht lange um den heißen Brei herum«, sagte Tom durchgefroren. »Drei Personen – eine Überfahrt. Mittelamerika. Wurde Ihnen das ausgerichtet?«
    »Wurde es. Allerdings fährt der Kahn, den ich vermitteln könnte, nicht nach Mittelamerika, sondern rüber nach Venezuela, nach Caracas. Zuvor läuft er aber noch Brest an, wo wir weitere Fracht aufnehmen.«
    »Frankreich?« Tom raufte sich in Gedanken die Haare. Dieser Umweg über Brest würde sie einige zusätzliche Tage kosten. Aber gab es denn eine Alternative? Bis sie eine andere Passage gefunden hatten, konnte es ebenso lange oder noch länger dauern.
    Zudem lag Caracas noch ein gutes Stück von Yucatán weg; fast zweieinhalbtausend Kilometer, um genau zu sein. Aber vermutlich würde es von dort aus beträchtlich leichter fallen, nach Yucatán weiterzureisen, als hier in Europa die ideale Passage dorthin zu finden.
    Das gab den Ausschlag.
    »Okay. Kommen wir zu den Details. Wie bringen
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