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06 - Prophet der Apokalypse

06 - Prophet der Apokalypse

Titel: 06 - Prophet der Apokalypse
Autoren: Michael J. Parrish
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leicht wollen wir es ihnen dann doch nicht machen. Also: Adios, arroyo! «
    3.
    Yucatán, 1518
    Diego de Landa streckte die Hand nach dem faszinierenden Schmuckstück aus, zu dem Ts’onot, der Sohn des ehemaligen Kaziken, ihn geführt hatte. Es setzte sich aus drei Ringen zusammen. Der innere war jadefarben, die beiden äußeren silbern glänzend. Jeder Ring schien dabei aus zahlreichen Segmenten zusammengesetzt zu sein, mit verschiedenen auffälligen Einkerbungen an den Außenringen.
    Obwohl es geöffnet dalag, war unschwer zu erkennbar, dass es eigentlich eine vollendete Rundung ergeben sollte.
    »Nicht anfassen«, warnte Ts’onot.
    Diegos Finger verharrten so dicht über dem dreigeteilten Reif, dass er das Gefühl hatte, das Material, aus dem er gefertigt war, zu spüren . Es war, als besäße es eine eigene Anziehungskraft, der Diego kaum zu widerstehen vermochte.
    »Hast du so etwas je zuvor in deinem Leben gesehen?«, fragte sein Freund, der Prophet.
    Ein aberwitziger Gedanke kam Diego de Landas. »Ist das etwa jenes Teil der ›Maschine ’ , das dein Vater einst vor dem ›Weißen‹ versteckt hat?«
    Ts’onot schüttelte den Kopf. »Du meinst den Himmelsstein. Nein, den habe ich nie gefunden. Aber ich habe auch nicht danach gesucht. Der Freitod meines Vaters, als der falsche Gott ihn gefoltert hat, um das Versteck zu erfahren, darf nicht umsonst gewesen sein. Ich habe in einer Vision seiner Erinnerungen gesehen, dass er eine Stele mit dem Lageplan zu den Göttern sandte, aber nicht, wo dieser Ort liegt.« Er deutete wieder auf den Armreif. »Ich sage dir, er hat nichts mit der ›Maschine‹ zu tun. Ich hatte die leise Hoffnung, dass du etwas Vergleichbares in deiner Welt jenseits des Wassers oder auf deinen Reisen schon einmal gesehen haben könntest. Oder davon gehört hast.«
    Diego schüttelte bedauernd den Kopf. »Tut mir leid, nein. Woher hast du den Reif?«
    »Er gelangte auf abenteuerlichen Wegen in meinen Besitz und kostete schon mindestens zwei Leben.«
    Diegos Neugierde war entfacht. »Das klingt nach einer spannenden Geschichte.«
    »Willst du sie hören?«
    »Sehe ich so aus, als könnte ich einem solchen Angebot widerstehen?« Diego lachte dem Freund ins Gesicht. Der Kampf gegen das dämonische Wesen, das aus reinem weißem Licht zu bestehen schien, hatte sie zusammengeschweißt. Seit Ah Ahauals Tod leitete Ts’onot die Geschicke von Ah Kin Pech. Er tat es gewissenhaft, aber ohne darin Erfüllung zu finden. Seine eigentliche Bestimmung litt darunter, wie er Diego in gemeinsamen Stunden wissen ließ. Er hätte sich lieber der Vervollkommnung seiner Gabe gewidmet – aber er wollte sich auch nicht gegen den Willen des Volkes stellen, das ihn zum Stammesführer gemacht hatte.
    Das, was der Maya seinem spanischen Freund wenig später enthüllte, machte Diego betroffen. Damit hatte er nicht gerechnet – zu hören, dass Ts’onot den ursprünglichen Träger des Armreifs getötet hatte. Das Schmuckstück – oder was immer es darstellte – war danach zunächst in den Besitz eines Opferpriesters namens Oxlaj übergegangen, bis dieser dem Größenwahn verfiel und vom Kaziken getötet wurde.
    »Und es schließt sich selbstständig um das Handgelenk seines Trägers«, fragte Diego ungläubig, »und öffnet sich erst dann wieder, wenn der Besitzer stirbt?«
    Ts’onot nickte. »Es fällt von dem Leichnam ab, als würde es ihn … freigeben. Ich habe es zweimal erlebt.«
    »Das klingt, als würdest du denken, dass das Ding lebt !«
    »Wenn, dann muss es ein unheiliges Leben sein. Vater hielt es nach Oxlajs Tod jahrelang unter Verschluss. Als er es schließlich in meine Obhut gab, beauftragte er mich, es mit der gebotenen Vorsicht zu untersuchen. Ich sollte mit meiner Gabe herausfinden, woher es ursprünglich stammt und welchem Zweck es dient.«
    »Und …?«
    Ts’onot senkte den Kopf. »Es hat sein Geheimnis bis heute bewahrt. Allerdings …« Er verstummte.
    »Allerdings was?«, bohrte Diego nach einer Weile nach.
    Der neue Kazike überwand sich. »Es … scheint einen Zusammenhang zu geben zwischen dem Reif und einem Phänomen, dessen Zeuge ich zweimal wurde. Es war zu der Zeit, als Oxlaj den Armreif trug, und beide Male ereignete es sich auf der Spitze der Tempelpyramide.«
    »Was für ein Phänomen?«
    »Ein Flirren der Luft – aus dem Oxlaj einmal vor meinen Augen wie aus dem Nichts auftauchte. Das zweite Mal benutzte er es während seiner letzten Opferzeremonie. Auf dem Höhepunkt des
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