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0580 - Ginas Mörderschloß

0580 - Ginas Mörderschloß

Titel: 0580 - Ginas Mörderschloß
Autoren: Jason Dark
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die Seele hineinblicken konnte.
    In der offenen Tür war er stehengeblieben und traute sich nicht, auf die Hexe zuzugehen. Bob wischte seine schweißfeuchten Handflächen am Stoff der Hose ab und versuchte vergeblich, den Kopf der Hexe zu sehen.
    Das war auch nicht möglich – sie hatte keinen!
    ***
    Bob Carlos mußte würgen. Der Schweiß brach ihm aus. Ein Mensch ohne Kopf! Das konnte es nicht geben.
    Mit der Zungenspitze fuhr er über seine spröden Lippen. In den Augen brannte es. Die Kehle kam ihm wie eine kleine Wüste vor.
    Leicht pfeifend glitt der Atem über seine Lippen.
    »Warum kommst du nicht herein, mein Freund?«
    Bob bekam den zweiten Schock. Eiskalt rann es seinen Rücken hinab. Wie konnte eine Person zu ihm sprechen, die keinen Kopf besaß?
    Das… das war unmöglich!
    Er blieb einfach stehen und traute sich nicht, in die Richtung zu schauen, aus der die Stimme aufgeklungen war.
    Die Hexe trug ein altes Kleid. Von der Farbe her grau oder violett, so genau war das nicht zu sehen. Es reichte fast bis auf den Boden, war hochgeschlossen bis zum Hals. Wo eigentlich der Kopf hätte sitzen müssen, befand sich ein dunkler Fleck. War es Blut?
    Bob dachte an das Blut auf der Treppe. Möglicherweise stammte es von der Hexe. Er wollte nichts mehr ausschließen. In diesem Haus war alles anders geworden, nichts ging mit rechten Dingen zu.
    Eine Kopflose, die redete. Das hatte die Welt noch nicht gesehen.
    Das glaubte niemand. Wenn er das erzählte, dann…
    Würde er noch dazu kommen, es zu berichten? Dieses Zimmer und nicht nur die Hexe verbreitete ein Grauen, das ihm unter die Haut ging. Hier war der Tod zu spüren.
    »Na, komm schon, Bob! Wir haben miteinander gesprochen. Wir kennen uns doch. Sind fast alte Freunde. Komm her und begrüße mich! Ja, ich tue dir nichts.« Sie kicherte und weidete sich an seinem Unbehagen und an seiner Furcht.
    Es kostete ihn eine ungeheuere Überwindung, auf die Hexe zuzugehen. Je näher er ihr kam, um so stärker spürte er den anderen Geruch. Es stank nach Moder, nach Grab, Verwesung und auch nach Tod. Dieser Gestank ging ihm unter die Haut. Schon nach drei zurückgelegten Schritten glaubte er, selbst dazu zu gehören.
    Die Hexe streckte ihren Arm aus. Die Bewegungen wurden dabei von einem Knacken begleitet, als wäre irgend etwas bei ihr eingerastet gewesen, das sich erst jetzt befreite.
    Er sah ihre Hand.
    Sie wirkte blaß, die Haut etwas durchscheinend, wie die einer Toten. War die Hexe eine sprechende Leiche oder eine lebende Tote?
    Sollte es so etwas geben? Der rechte Mittelfinger bewegte sich. Er wirkte irgendwie erotisch.
    Bob beobachtete den Finger. Das Flüstern der Stimme vernahm er ebenfalls, aber wie durch einen Vorhang gedämpft. »Du mußt noch näher zu mir kommen, noch näher… ja, so ist es gut«, lobte ihn die Hexe. Nun stand er zum Greifen nahe vor ihr.
    »Sehr gut, Bob…«
    Carlos erwachte wie aus einem Traum. Als hätte ihn diese Person erst jetzt richtig freigegeben. Er blickte hoch und sah den Kopf einer Frau!
    Eine lebende Plastik. Vereint waren die Schönheit der Antike und die der Moderne des großen Landes Italien in diesem Gesicht.
    Ja, sie sah ungemein italienisch aus. Blaß, exotisch, mit einem wie gemalt wirkenden Mund, der die Farbe vollerblühter Kirschen besaß. Das also war Gina. Eine Frau, die anderen helfen wollte und sich in ein altes Kleid gezwängt hatte, das überhaupt nicht zu ihr paßte.
    Bob Carlos konnte nicht anders. Er mußte dieses Gesicht anfassen.
    Seine Fingerkuppen strichen streichelnd über die Haut, als wollte er testen, ob diese Person tatsächlich lebte oder nur als ein geheimnisvolles Trugbild vor ihm saß.
    Sie war echt.
    Kein Gebilde, keine Statue, diese Person vor ihm lebte. Er zog seine Hand wieder zurück und stöhnte auf.
    Gina nickte ihm zu. »Ich freue mich, daß du mich gefunden hast, mein Freund. Es war nicht einfach – oder?«
    Er konnte nur nicken.
    »Aber jetzt bist du hier.« Sie lächelte breit, auch siegessicher – wie eine Schlange, die sich darüber freut, ihr Opfer sicher vor sich hocken zu haben.
    Er strich über seine Wangen. Das Zimmer war leer bis auf den Sessel und die Hexe Gina. Das jedenfalls gab der erste Eindruck preis.
    Bob Carlos hatte sich an das Licht gewöhnt, an die Schatten, die hohe Decke, die Wände und entdeckte noch etwas.
    Hinter der Hexe hing ein lanzenartiger Gegenstand an der Wand.
    Es war eine Waffe, die sich aus zwei Teilen zusammensetzte. Einem Schwert und einer Lanze.
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