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058 - Das Monster

058 - Das Monster

Titel: 058 - Das Monster
Autoren: John E. Muller
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Roger zu.
    „Lassen Sie mich in Ruhe noch einmal sagen, was ich Ihnen gerade klarmachen wollte.“ Durger zog einen Stuhl heran und setzte sich. „Es liegt daran, daß eine so starke Persönlichkeit wie Harry Bolton sich in jeder Umgebung durchsetzt, gleichgültig, welche soziale Struktur sie auch haben mag. Hätte Bolton vor fünfhundert Jahren gelebt, wäre er ein General gewesen oder ein Höfling, vielleicht sogar ein König! Er wäre der Mann gewesen, Rebellen und Revolutionäre zu führen und Throne zu stürzen. Er hätte Königreiche regieren können. Aber das zwanzigste Jahrhundert wird vom Geld regiert. Es ist das Zeitalter, in dem wir den allmächtigen Dollar, die Allmacht des Pfundes verehren. Folglich wurde Harry Bolton Millionär. Er hortet das Geld, weil in der heutigen Zeit Geld Macht bedeutet. In einer Zeit, in der militärische Macht mehr galt als Geld, wäre Harry Bolton ein großer Heerführer gewesen. In Gegenwart eines solchen Mannes büßt jeder einen großen Teil seiner eigenen Persönlichkeit ein. Spreche ich verständlich, Mr. Quentin?“
    „Ja, Sir, ich denke schon“, antwortete Roger.
    „Ein einziger Blick in Ihr Gesicht verriet mir, was Sie dachten, als er mit dem Mädchen flüsterte. Man braucht kein Telepath zu sein, um zu wissen, was in Ihrem Kopf vorging. Sie waren wütend. Sie fühlten, daß es Unrecht, daß es nicht in Ordnung war. Habe ich recht?“
    „Ja, vollkommen.“
    „Das dachte ich mir. Nun …“ Durger hielt inne, als ob er den Faden verloren hätte. „Nun“, wiederholte er, „warum haben Sie nicht eingegriffen, wenn, wie Sie sagen, Harry Bolton keine Macht über Sie hat?“
    „Ich weiß nicht“, antwortete Quentin. „Es ist schwierig, das in Worte zu fassen. Es war, als ob eine unsichtbare Schranke mich zurückhielt.“
    „Genau. Und diese ‚unsichtbare Schranke’ war die Persönlichkeit Boltons. Er unterdrückt mich, das Mädchen ist ihm sklavisch ergeben, und Sie hält er auch nieder.“ Durger machte eine Pause. „Es ist, als ob Harry Bolton größer wäre als wir alle zusammen.“
    „Was ist mit Madame Latski?“ fragte Quentin. „Ich bin kein großer Menschenkenner, aber ich glaube nicht, daß irgend jemand sie einschüchtern kann.“
    „Sie sollten sie mal sehen, wenn Bolton hier ist!“ sagte Durger verächtlich. „Sie benimmt sich wie eine alte Kuh, die die Hand leckt, die ihr Futter gibt.“
    Durger schob den neuen Deckel des Brutkastens zurück, und mit einer Pinzette entnahm er eine winzige Probe des wachsenden Embryos. Er schloß den Inkubator sorgfältig, überprüfte die Einstellung der Ventile und den Thermostaten, der die Temperatur regelte. Sein durchdringender Raubvogelblick fixierte Roger Quentin.
    „Ich glaube Ihnen, daß es ein Unfall war. Aber trotz Ihrer unvollständigen Vorbildung müßten Sie genug philosophische Kenntnisse mitbringen, um zu wissen, daß viele Menschen es rundweg ablehnen, an ‚Unfälle’ zu glauben.“
    „Ich habe in den psychiatrischen Vorlesungen von dieser Lehre gehört“, gab Roger zu.
    „Was ich damit sagen will, ist folgendes: Ihr Unterbewußtsein hat beim Anblick unseres kleinen Schützlings revoltiert. Es hat Sie zu dem Versuch veranlaßt, den Embryo zu zerstören. Nur Ihre Loyalität gegenüber Bolton und mir als Ihren Arbeitgebern hält Sie von einer gezielten Sabotage ab.“
    „Wie können Sie das alles so ruhig sagen?“ fragte Quentin. „Man glaubt, ich wollte das Unternehmen zerstören!“ Er war verletzt, schockiert …
    „Ich kann es sagen, weil ich selbst mir meiner eigenen ambivalenten Einstellung bewußt bin.“
    „Wem gegenüber?“
    „Meiner Arbeit, meinen Experimenten gegenüber. Ein Teil von mir hat sich vollkommen der Forschung verschrieben. Aber der andere Teil ist wie ein Gefangener in einem Käfig, aus dem es kein Entrinnen gibt. Er sehnt sich nach einem leichten, schönen Leben in Glanz und Luxus.“
    Quentin sah ihn überrascht an. Durger lachte.
    „Das hätten Sie nicht für möglich gehalten, daß Dr. Durger solche Wünsche hegt, nicht? Aber es ist so. Da liegt der Unterschied zwischen einem erfolgreichen Wissenschaftler und einem Schmetterling. Wer erinnert sich schon an einen farbenprächtigen Schmetterling?“
    „Mit Sicherheit hat er mehr vom Leben“, warf Quentin ein.
    „Dann frage ich mich, warum Sie es ihm nicht gleichtun?“
    „Er hat kein Geld“, sagte Roger freimütig.
    „Aha, Sie gehören demnach nicht zu diesen Schwindlern, die vorgeben, aus Berufung
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