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058 - Das Monster

058 - Das Monster

Titel: 058 - Das Monster
Autoren: John E. Muller
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Mediziner zu werden?“
    „Ich mache kein Geheimnis aus meiner Einstellung“, antwortete Roger. „Da ich nicht mit dem sprichwörtlichen Silberlöffel im Mund auf die Welt kam, habe ich schon in der Schule begriffen, daß man seinen Lebensunterhalt verdienen muß. Da ich nun einmal kein Leben in Luxus und Muße führen kann, habe ich eben versucht, meine Fähigkeiten so gewinnbringend wie möglich einzusetzen. So bin ich zur Medizin gekommen. Ich bin weder ein Samariter, noch ein großer Idealist. Sicher, ich habe durchaus gewisse Ideale und Prinzipien. Den Eid des Hippokrates akzeptiere ich, aber das ist auch alles. Ich gehöre nicht zu jenen ernsthaften junger Männern, deren höchstes Ziel es von frühester Jugend an ist, Kranke zu heilen. Es liegt mir zwar auch mehr, Kranke zu heilen, als jemandem Schmerzen zuzufügen, aber ich mache mir nicht allzu viele Gedanken über meinen Beruf.“
    „Sie haben kein Talent zum Märtyrer, nicht wahr?“
    „Nein, sicher nicht. Weder für politische noch religiöse Ziele. Es gibt nichts, wofür ich mich selbst aufgeben würde.“
    „Sie sind von lobenswerter Offenheit, junger Mann. Eine seltene Tugend heutzutage. Sie werden Ihren Wegmachen!“
    „Je früher, desto besser, denken Sie sicher, nicht? Ich habe schließlich Ihr Experiment verdorben.“
    „Ich glaube nicht, daß Sie einen nennenswerten Schaden angerichtet haben“, sagte Durger. „Gott sei Dank. Wir wollen jetzt die Zellen untersuchen. Mal sehen, wie ihnen ihr gemeinsames Bad mit dem Isotop bekommen ist.“ Durger brachte ein Partikelchen des Zellgewebes auf einen Objektträger auf, schob ihn unter das Mikroskop und begann mit der Untersuchung. „Bringen Sie mir das mikrochirurgische Besteck, schnell – lassen Sie es nicht fallen!“
    Roger brachte es, und Durger arbeitete fieberhaft weiter.
    „Äußerst seltsam“, murmelte Durger.
    „W-was ist seltsam?“ fragte Quentin unsicher.
    „Es muß ein Fluch auf Ihnen liegen.“ Durger sah unfreundlich auf. „Das Zellgewebe läßt sich nicht schneiden.“
    „Ich kann nichts dafür“, verteidigte sich Roger. Was für ein Job, dachte er. Er wünschte sehnlichst, er hätte irgendwo einen Posten als Tellerwäscher angenommen. Komplikationen dieser Art wären ihm dann jedenfalls erspart geblieben.
    „Bringen Sie mir einen Objektträger aus dem Kasten dort drüben“, sagte Durger.
    „Von diesen hier?“
    „Ja.“ Quentin brachte ihn. „Nehmen Sie das Deckglas ab. Ich will das Gewebe sezieren, nur um sicherzugehen, daß das Gerät in Ordnung ist.“ Er schob den neuen Objektträger in das Mikroskop ein. Seine sensiblen, flinken Hände bedienten das Instrument mit großer Fertigkeit. Das Gewebe ließ sich ohne Schwierigkeiten durchtrennen. Durger stieß einen Fluch aus, in einer Sprache, die dem jungen Studenten absolut fremd war. Es klang irgendwie östlich, gab aber keinen Aufschluß über Durgers Nationalität. Er hätte Slawe sein können, oder Mongole, oder auch Indianer. Der Doktor erhob sich, hastete zum Inkubator und entnahm eine weitere Gewebeprobe.
    „Ich brauche einen anderen Objektträger“, sagte er.
    Quentin holte ihn, und das Gewebe wurde in das Mikroskop eingeschoben.
    „Versuchen wir es noch einmal“, sagte Durger. „Sie können sich beruhigen, Sie haben das Gerät nicht mit einem Fluch belegt. Es ist ganz in Ordnung.“
    „Dem Himmel sei Dank“, sagte Quentin erleichtert. „Ich dachte schon, auf mir lastet wirklich ein Fluch. Ich habe mich auch schon gefragt, ob dieses böswillige Unterbewußtsein, das Sie mir vorgeworfen haben, noch mehr angerichtet hat.“
    „Es ist nicht Ihre Schuld – und doch sind Sie schuld“, gab Durger orakelhaft zurück.
    „Tut mir leid“, antwortete Quentin. „Ich war nie ein großer Rätselfreund. Ich verstehe nicht ganz.“
    „Sie sind dafür verantwortlich, daß sich dieses Gewebe nicht schneiden läßt. Verstehen Sie nun?“
    „Großartig! Unglaublich!“ stieß Durger begeistert hervor. „Man kann es nicht teilen, es ist zu widerstandsfähig!“
    „Zu widerstandsfähig?“ wiederholte Quentin.
    „Sie haben aus Versehen etwas erreicht, woran ich seit über dreißig Jahren arbeite. Sie haben Zellgewebe geschaffen, das zu widerstandsfähig ist, um seziert zu werden.“
    „Ich verstehe nicht“, gab Quentin zurück. „Wie kann das mein Verdienst sein? Es ist doch Ihr Experiment!“
    „Es war mein Experiment, bis Sie gekommen sind und ein Isotop hineinfallen ließen. Sie haben den Embryo einer
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