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057 - Sanatorium der Cyborgs

057 - Sanatorium der Cyborgs

Titel: 057 - Sanatorium der Cyborgs
Autoren: Michael Schönenbröcher
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dem Port und ließ den LoBot zurücksinken.
    »Haank hat ihn umprogrammiert?«, fragte Matt verblüfft. »Aber warum? In Takeos Auftrag?«
    Aiko schüttelte den Kopf. »Wohl kaum. Ich kenne die Ansichten meines Vaters über unzureichende Effektivität. Normalerweise werden solche… LoBots dem Kreislauf zugeführt.«
    »Dem Kreislauf?«, fragte Aruula.
    »Der Wiederverwertung«, erklärte Aiko. »Die brauchbaren Teile werden entnommen, der Rest eingeschmolzen oder zu bionischer Masse aufgelöst. Takeo hält sich nicht lange mit Reparaturen auf. Das widerspricht seinem Konzept vom perfekten Kunstmenschen, dem U-Man. Wurde ein elektronisches Bauteil erst beschädigt, funktioniert es nie wieder hundertprozentig. Irgendein Schaden bleibt immer zurück… Meint er«, fügte er hinzu, um deutlich zu machen, dass dies nicht seine Meinung war.
    Und offenbar auch nicht die Meinung Haanks.
    »Haank hat diese ausgemusterten Arbeiter - zumindest solche, die noch funktionierten - nach Norden geschickt, in ein Sanatorium, wenn ich die Daten richtig interpretiere. Dort sollten sie eine eigene Gemeinschaft bilden.«
    »Lobenswerter Vorsatz«, sagte Matt. »Was ist schief gelaufen?«
    »Was?« Aiko Tsuyoshi schien irritiert.
    »Na, warum läuft uns dieser LoBot hier im San Joaquin Valley über den Weg, anstatt gemütlich seine Metallbeine hochzulegen?«
    Aiko wandte sich wieder dem leblosen Roboter zu. »Keine Ahnung. Aber da gibt es ohnehin Unstimmigkeiten. Dieser Körper passt nicht zu der Programmierung. Es scheint, als wäre er noch älter als das Bewusstsein darin. Meines Wissens hat mein Vater um 2490 bereits Plysterox verwendet. Außerdem fehlt der P-Chip…«
    »Was für ein Chip?«, unterbrach ihn Matthew.
    »Der Persönlichkeits-Chip«, erklärte Aiko. »Wenn man das organische Gehirn gegen einen Massenspeicher ersetzt, wird darauf alles abgespeichert, was einst den Menschen ausgemacht hat: Historie, Vorlieben, Eigenarten… Alle weiteren Erinnerungen nimmt der Hirnspeicher auf.«
    »Und du… hast auch so ein Ding in deinem Kopf?«, fragte Aruula. Man hörte ihrer Stimme an, dass die Vorstellung ihr nicht behagte.
    »Nein«, antwortete Aiko. »Ich besitze immer noch mein organisches Gehirn - so wie Haank auch. Ich habe lediglich ein paar Zusatz-Chips, die mit neuen Fähigkeiten programmiert werden können. Der P-Chip ist dagegen ein ROM-Baustein.«
    »Das heißt, man kann davon nur lesen, aber nichts Neues darauf schreiben«, erklärte Matt seiner Gefährtin - ohne die Hoffnung allerdings, dass sie es wirklich begriff, auch wenn sie nickte.
    Eine Pause entstand, in der sie alle drei auf den verrosteten, deformierten LoBot blickten.
    Welches Geheimnis umgab ihn? Wo kam er her? Wo wollte er hin? Und warum?
    »Die Koordinaten der Neuprogrammierung liegen bei der Stadt, die du gesehen hast, Matt«, sagte Aiko schließlich.
    »Fresno?«
    »Genau. Ich würde gern dorthin, um nachzusehen, was aus diesem Sanatorium geworden ist. Ich glaube, Haank selbst war nie dort.«
    »Haben wir denn die Zeit?«, gab Aruula zu bedenken. »Vergesst nicht, dass der Weltrat wahrscheinlich von unserer Reise weiß. Wir sollten uns beeilen.«
    Matt bezweifelte, dass dies der wahre Grund für Aruulas Besorgnis war. Vielmehr mied sie jeden Kontakt mit anderen Individuen - ob es nun Menschen, Cyborgs oder Androiden waren -, seit ihre telepathischen Fähigkeiten verstummt waren. Es musste schrecklich für sie sein, die Empfindungen Anderer nicht mehr spüren zu können.
    Andererseits verstand er Aikos Wunsch, das Rätsel um den LoBot zu ergründen.
    Schließlich ging es ihm genauso.
    Er versuchte einen Kompromiss zu finden. »Ein kurzer Abstecher ist wohl drin. Wenn wir zeitig aufbrechen, sollten wir am frühen Nachmittag in Fresno sein. Wir halten uns nicht lange dort auf und ziehen gleich am nächsten Morgen weiter. Okay?«
    Natürlich war Aiko einverstanden, und auch Aruula nickte nach kurzem Zögern.
    »Dann zurück zur Felsenbucht«, sagte Matt und rieb sich die frostkalten Hände. »Ich habe einen Heißhunger auf saftigen Eluubraten.«
    ***
    Auf den ersten Blick unterschied sich Fresno kaum von unzähligen anderen Stadtruinen, auf die Matt und Aruula während ihrer Odyssee gestoßen waren. Auf den zweiten Blick jedoch wirkte sie noch toter.
    Hier schien nichts zu leben. Niemand hatte den Verfall aufzuhalten versucht, hatte Neues erbaut oder zumindest den Wildwuchs entfernt. Die Gebäude, die Matthew Drax durch seinen Feldstecher betrachtete, waren
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