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057 - Das Gespensterschloß

057 - Das Gespensterschloß

Titel: 057 - Das Gespensterschloß
Autoren: Peter Randa
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lacht, und sein Lachen klingt befriedigt und boshaft.
    „Fräulein Djalli wird nicht mehr da sein, um Sie zu beschützen. Ihre Domäne endet hier.“ „Sie ist geistesgestört, nicht wahr?“ „Geistesgestört? Sie werden es vielleicht selber sein, noch ehe die Stunde verstrichen ist. Das pflegt zu geschehen, sie hätte es voraussehen müssen. Aber sie hatte ja nicht die Wahl, da sie Ihnen zugetan ist.“
    Er öffnet den Türflügel und deutet auf das verschneite Land.
    „Gehen Sie … nicht vor einer Stunde.“
    Bernard tritt ins Freie. Hinter ihm schlägt die Tür zu. Der Riegel knirscht. Mechanisch greift Bernard nach seinem Hals – das Kettchen, das Djalli ihm umgehängt hat, ist verschwunden.
     

     
    Simone betet, plötzlich ist sie niedergekniet, es bleibt ihr nur das Gebet, um ihre Angst zu verdrängen.
    Wilhelm ist gekommen, gleich zu Beginn dieser schauerlichen Nacht. Wilhelm, der Riese mit dem Kropf, der sie in der Küche empfangen hat – wie weit liegt das zurück. Er ist durch die Sakristeitür in die Kapelle gekommen und hat gefragt: „Vier?“
    „Drei“, hat Gilbert Derais mit zufriedenem Lächeln erwidert.
    Es handelte sich um die Särge, die der Dienstbote nacheinander hereingebracht hat. Keine neuen Särge, nein, nahezu vermoderte, die nach feuchter Erde, nach dem Grabgewölbe rochen.
    Warum haben sich Jacques und Marthe freiwillig hineingelegt, wortlos, ohne aus ihrer Verzückung zu erwachen, ohne zu protestieren? Wird sie sich ebenso verhalten, wenn ihre Stunde kommt … denn sie wird kommen. Nein, sie hält es für unmöglich, und deshalb betet sie.
    Man hindert sie nicht daran, als vermöge Gott nichts für sie zu tun. Gilbert und Albertine beachten sie nicht einmal. Für wen ist der dritte Sarg bestimmt? Wilhelm ist wieder gegangen … für ihn nicht … also …
    „Wo ist Tristan?“
    Albertine ist es, die fragt. Gilbert lacht höhnisch, dann sagt er: „Tristan hat nicht vermutet, daß ich ihnen im Gang begegnen würde, haha!“
    „Beim letztenmal warst du es, der nicht zum Treffen erschien.“
    „So? Wirklich? Ich erinnere mich nicht mehr.“
    „Auch damals schon standen nur drei Särge da.“
    „Seltsam, wir beide sind doch jedesmal hier, denn du triffst mich und du triffst ihn. Außerdem weißt du ja, daß er noch existiert. Seit wann stehen nur noch drei Särge hier?“
    „Ich weiß es nicht mehr.“
    Wie hinterhältig Gilbert mit einem mal wirkt, hinterhältig und verschlagen. Ein Zittern überkommt ihn, er geht auf und ab, plötzlich scheint er zu wachsen, sich zu strecken, und sein Gesicht verkrampft sich vor Zorn.
    „Tristan!“ ruft Albertine.
     

     
    Bernard findet nicht den Mut zum Laufen, obwohl er so schnell wie möglich das Schloß hinter sich lassen möchte. Ihn dünkt, er müsse flüchten, ohne sich bemerkbar zu machen. Sicher kann man ihn durch die Luken beobachten. Seine Gestalt muß sich vom Schnee abheben. Diese ganze leuchtendweiße Fläche ist eine Falle. In jeder Sekunde ist er gewärtig, von unsichtbaren Händen gepackt und zurückgezerrt zu werden.
    Wilhelm hat ihn gewarnt.
    Der Schweiß rinnt ihm von der Stirn. Seine Beine sind wie gelähmt, jeden Schritt muß er sich abringen. Scheußliche, wirre Bilder jagen ihm mit rasender Geschwindigkeit durch den Kopf. Sobald sie zur Ruhe kommen werden, wird es unerträglich sein.
    Da – der Wagen! Halb begraben im Schnee. Er umgeht ihn, um zur Paßhöhe zu gelangen. Der Wagen steht dicht vor dem Abgrund. Jacques hat richtig vermutet, er hatte die Richtung verloren. Ohne seinen Fahrerinstinkt wären sie alle tot.
    Wenn er sich umwendet, ist er verloren … das Schloß muß riesengroß sein hinter seinem Rücken … so riesengroß, daß es den Himmel verschlingt.
    Schreie! Er hört Schreie, frenetisches Gebrüll … wo hat er das zum erstenmal vernommen? Sie kommen aus weiter Ferne zurück, um ihn zu überfallen … noch ein paar hundert Meter, und nirgends eine Möglichkeit, sich zu verstecken, außer in sich selbst, wie die Strauße in der Wüste. Er zieht die Schultern zusammen, er duckt sich. Das Geräusch seiner Schritte erschreckt ihn.
    Zwanzig Meter … zehn … die letzten sind die gefährlichsten. Gilbert Derais ist ein Sadist, er wartet die letzte Sekunde ab, um ihn wieder zu fassen und zum Fraß vorzuwerfen – wem?
    Fünf Meter … zwei! Eine Verwünschung umkrallt ihn … ein Rabenschwarm wirft ihm ein Netz über den Kopf … scheußliche Hände greifen nach seinen Kleidern – soll er ihnen
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