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057 - Das Gespensterschloß

057 - Das Gespensterschloß

Titel: 057 - Das Gespensterschloß
Autoren: Peter Randa
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verheimlicht, um in seinen Augen nicht als Geisteskranker zu erscheinen.
    „Was mir, was uns widerfuhr, ist dermaßen absonderlich, daß ich es nur mit Widerstreben schildern kann. Gleichwohl besteht die Möglichkeit, daß meine Freunde Hilfe brauchen.“
    Er zögert, fortzufahren. Er muß den Polizisten überzeugen, indem er ihm die Wahrheit verheimlicht, das heißt, was er für die Wahrheit hält.
    „Können Sie mir eine Zigarette geben? Ich muß noch welche in meiner Jacke haben.“
    Die ersten Züge tun ihm unerhört wohl.
    „Inspektor, ich habe den Eindruck, auf einen Zauberkünstler hereingefallen zu sein. Man hat mir Dinge gezeigt, die es logischerweise nicht gibt. Ich kann deshalb nicht darüber sprechen, aber das ändert nichts an der Tatsache, daß wir gewisse Entscheidungen treffen müssen. Nach meiner Ansicht wird das Schloß von einem Geisteskranken bewohnt.“
    „Es wird von zwei alten Dienstboten gehütet.“
    „Therese und Wilhelm?“
    „Ja, Mutter und Sohn. Die Mutter muß hoch in den Achtzig sein.“
    „Wilhelm ist ein Riese mit einem Kropf?“
    „Genau.“
    Erster Punkt für ihn. ‚Jedenfalls bin ich dort gewesen’, denkt Bernard.
    „Wem gehört das Schloß?“
    „Das weiß niemand so recht. Wir könnten den Namen beim Notar erfragen.“
    „Heißt der Besitzer vielleicht Derais … Gilbert oder Tristan?“
    Der Inspektor muß lachen.
    „Tristan? Das liegt unendlich weit zurück, gelegentlich wird im Dorf noch davon gesprochen, es hängt mit der Sage zusammen.“
    „Nach der Sage ist Tristan Derais wohl ein direkter Nachkomme des unseligen Gilles de Rais?“
    „Sie scheinen mir gut informiert.“
    „Ich bin im Schloß jemandem begegnet, der mich ins Bild gesetzt hat, jemandem, der sich übrigens für die Tochter von Tristan ausgab.“
    „Das ist natürlich unmöglich.“
    „Selbstverständlich. Es ist ein junges Mädchen von zwanzig Jahren. Sie behauptet, Djalli zu heißen.“
    „Dieser Name kommt in der Sage vor, aber auf jeden Fall sind Sie an ein Mädchen geraten, das Ihnen einen Bären aufgebunden hat.“
    „Das vermute ich auch. Man hat gehörigen Schabernack mit uns getrieben. Aber meine Freunde sind immer noch dort. Man hat mir versprochen, daß ich heute Abend wieder mit ihnen zusammentreffen werde, und ich muß im Lauf des Tages ins Schloß zurückkehren – eigentlich müßte ich jetzt schon dort sein.“
    „Können Sie sich etwas deutlicher ausdrücken?“
    „Als ich das Schloß verließ, überkam mich eine panische Angst. Allerdings hatte man meine Nerven auf eine harte Probe gestellt, und das ist der Grund, warum ich Ihnen nichts erzählen möchte, bevor ich nicht die Spreu vom Weizen gesondert habe. Dürfte ich Sie wohl bitten, mich hinzubegleiten?“
    Der Polizist schüttelt verwundert den Kopf.
    „Natürlich möchte ich die Wahrheit herausbekommen, erfahren, was vorgegangen ist. Ich muß einen Bericht machen. Man hat Sie besinnungslos im Schnee aufgefunden, mit allen Anzeichen ungewöhnlicher Verängstigung. Im Augenblick wirken Sie durchaus ruhig.“
    „Ich bin es.“
    Therese und Wilhelm existieren, die Sache mit der Familie Derais ist nicht ganz aus der Luft gegriffen, seine Notizen bezüglich des Kamins hat er wiedergefunden – wenn das Ganze unglaubwürdig bleibt, so rechtfertigen doch einige präzise Einzelheiten ernsthafte Nachforschungen, und die Mitwirkung des Inspektors kann sich dabei als nützlich erweisen. Außerdem muß man sich ja um Jacques, Simone und Marthe kümmern.
    „Als wir vor dem Schloß ankamen, schien es uns in einem jämmerlichen Zustand zu sein. Im Innern war es dann wunderbar erhalten.“
    „Aber hören Sie, es ist doch völlig zerfallen!“
    „Und Sie sind sicher, daß es nur von den Dienstboten bewohnt wird?“
    „So gut wie sicher.“
    „Ich garantiere Ihnen, daß gestern abend mindestens drei oder vier weitere Personen anwesend waren.“
    „Das ist unwahrscheinlich.“
    „Es wird Sie überraschen, aber das ist genau mein Eindruck, allem, was ich gesehen habe, zum Trotz.“
    „Und Ihre Freunde sind immer noch dort?“
    „Vermutlich.“
    „Warum haben Sie sich getrennt?“
    Abermals zögert Bernard, dann findet er einen Weg, um nicht auf allzu unsicheren Boden zu geraten.
    „Man hat uns Zimmer für die Nacht angewiesen. Wir hatten uns gerade zurückgezogen, als eine Reihe von – sagen wir überraschenden Vorfällen uns veranlaßte, in den Flur hinauszugehen. Man hat uns Angst eingejagt, wir sind davongelaufen und
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