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0565 - Der Tod in seinen Augen

0565 - Der Tod in seinen Augen

Titel: 0565 - Der Tod in seinen Augen
Autoren: Jason Dark
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auf, zwei blieben noch hocken und kümmerten sich danach um mich.
    Als sie die scharfen Messer hervorholten, rann es kalt meinen Rücken hinab. Ein Stich nur, ein Schnitt vielleicht, und es hatte mich gegeben.
    Das taten sie nun doch nicht. Sie säbelten nur die Stricke an den Handgelenken entzwei und befreiten mich von dieser Last. Doch die Qual kehrte zurück, als das gestaute Blut wieder frei durch meine Adern floß, wobei sich die Schmerzen noch verstärkten.
    »Steh auf!« sagte der Wohltäter zu mir. »Los, komm schon hoch!«
    »Okay, Jorge, okay.« Ich grinste schief und massierte die Gelenke.
    »Es ist nicht so einfach!«
    »Hoch mit dir!«
    Mühsam stützte ich mich ab, kniete mich erst hin, dann kam ich auf die Beine.
    Sie erwarteten mich draußen. Jorge war zurückgetreten, damit ich aus dem Wagen springen konnte. Die anderen bildeten eine Gasse.
    Bevor ich sprang, schaute ich mir kurz die Umgebung an.
    Sie war ziemlich waldreich, wobei sich allerdings auch eine große Lücke auftat, wo das Gebäude stand, das ich hier niemals vermutet hätte.
    Es war eine alte Windmühle. Richtig nett und romantisch. Ein Bach plätscherte, eine Idylle.
    Mit einer Windmühle hatte ich vor langen Jahren meine Erfahrungen gesammelt. Da war es eine Hexenmühle gewesen, die von einer Blutsaugerin beherrscht wurde.
    »Spring endlich!«
    Ich stieß mich ab, landete, wobei die »Blinden« den Ring sofort enger zogen.
    Ich hatte nur Augen für Jorge Tigana. Das fiel auch ihm auf, denn er fragte: »Suchst du was, Polizist?«
    »Kann sein.«
    Er grinste jetzt. »Deine Waffen, wie?« Dann spaltete ein Lachen die Stille. »Ich habe sie an mich genommen.« Er griff unter seine Jacke, zeigte mir zuerst die Beretta, danach den Dolch, steckte beides wieder weg und weidete sich an der Spannung auf meinem Gesicht.
    »Fehlt nur noch etwas, nicht wahr?«
    »So ist es.«
    »Wenn du denkst, daß es mir nicht möglich gewesen wäre, ein geweihtes Kreuz anzufassen, dann hast du dich geirrt. Denk daran, ich stamme aus Brasilien. Dort vermischen sich Magie, christlicher Glaube, Aberglaube und andere Religionen zu einem internationalen Mischmasch. Ich kann das Kreuz berühren, ich bin nicht der Teufel. Macumba ist anders, ist ein Geist, eine Weltanschauung.«
    Bei dieser Rede blieb es auch, denn er holte mit einer fast lässigen Geste mein Kreuz aus seiner rechten Außentasche hervor, legte es auf seinen Handteller und ließ es mich anschauen. »Na, Sinclair, erkennst du es?«
    »Natürlich.«
    »Jetzt gehört es mir. Es wird dein Andenken an mich sein. Es hat dich davor beschützt, zu verbrennen. Jetzt bist du es los, du bist ohne Sicherheit und Schutz. Dir wird das gleiche Schicksal widerfahren wie anderen vor dir. Du hast sie ja gesehen, mit ihren verbrannten und verkohlten Gesichtern. Ich würde gern ein Foto von dir machen, wenn du so aussiehst, aber wir werden unseren Spaß vorher mit dir haben. Eine Frage. Hat man dich schon an den Flügel einer Mühle gebunden?«
    »Das Vergnügen hatte ich bereits.«
    »Dann wird es dir ja nichts Neues sein, wenn wir das wiederholen. Ich kann dir nur raten, dich nicht zu wehren, sonst müßte ich dich mit deiner eigenen Waffe sofort erschießen.«
    Da hatte er recht. Ich aber überlegte, ob es nicht tatsächlich besser war, wenn er mich erschoß. Dann würde ich einem qualvollen Ende entgehen.
    »Nun?« Er ließ mich in die Mündung schauen.
    »Ich werde mich nicht wehren.« Zeit gewinnen, dachte ich. Das ist alles. Vielleicht ergab sich noch eine Chance.
    Jorge zeigte ein knappes Lächeln. Mich hätte interessiert, wie es hinter den dunklen Gläsern der Brille aussah, doch er nahm sie nicht ab. Statt dessen handelten seine Lakaien. Sie packten mich so, daß ich mich nicht wehren konnte.
    Ihre Griffe waren wie Klammern. Die Arme hielten sie ebenso fest wie meine Schultern und führten mich wie einen Delinquenten auf die Mühle zu.
    Tigana wollte auf Nummer Sicher gehen und blieb hinter mir. Die Beretta hatte er bestimmt nicht verschwinden lassen.
    Meine Gedanken beschäftigten sich mit dem Kreuz. Klar, Tigana war nicht der Teufel. Man konnte den Macumba-Zauber auch nicht mit der Hölle vergleichen. In ihm mischten sich in der Tat zahlreiche Religionen, da hatte Jorge nicht die Unwahrheit gesagt. Die Lage sah also für mich ziemlich bescheiden aus.
    Wenn ich mir die Mühle betrachtete, hatte sie bestimmt schon einiges an Jahren auf den Flügeln. Sie besaß ein halbrundes Kuppeldach, das ebenfalls aus Steinen
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