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0540 - Der Fluch der Zigeunerin

0540 - Der Fluch der Zigeunerin

Titel: 0540 - Der Fluch der Zigeunerin
Autoren: Werner Kurt Giesa
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schön. Sehr schön sogar. Du gefällst mir. Du könntest mir einen schönen Sohn schenken. Willst du das?«
    »Einen… einen Sohn?«
    »Wäre das nichts? Als Preis für dein Leben? Nur für dein Leben, wohlgemerkt, für nichts sonst.«
    »Ein Leben im Kerker? Keine Freiheit…«
    Wieder lachte er höhnisch. »Kindchen, was verlangst du für eine so lächerliche Gabe? Was soll ich denn noch alles tun? Dich mit Gold überschütten und mit Diamanten? Einen Palast um dich herum bauen und dir einen Kaiser zum Gemahl geben?«
    Sie schluckte. Sie dachte an ihre Mitgefangenen im Verlies und an die Ratten und alles andere Ungeziefer. Sie war noch jung. Leben, vielleicht noch zehn, zwanzig Jahre in diesem düsteren, stinkenden Kerker, in dem nur ein Rest von Anstand verhindert hatte, daß die drei Männer einfach über sie hergefallen waren, um ihr Gewalt anzutun? Nicht jeder mochte diesen Anstand besitzen. Nicht einmal der Edelmann, den sie erstochen hatte, hatte ihn gehabt. Wie konnte sie ihn da von Räubern, Betrügern und Mördern erwarten?
    Ein solches Leben lohnte sich nicht.
    »Dann, oh Fürst, bitte ich Euch, mich rasch zu töten. Ich will nicht länger leiden.«
    Er grinste. »Nichts anderes habe ich vor.«
    Sie schrak zusammen. »Was…? Ihr werdet…«
    »Du willst es doch so«, sagte er. Aus seiner Hand löste sich ein Blitz, der sie traf…
    Und alles um sie herum wurde schwarz…
    ***
    »Was, zum Teufel…?« Der Henkersknecht starrte auf den reglosen Körper, der da in dem winzigen Verschlag lag und nicht mehr atmete. Er rüttelte die Delinquentin. Aber sie gab kein Lebenszeichen mehr von sich.
    Sie war tot…
    »Du hast mich betrogen«, murmelte er finster. »Du verfluchtes Zigeunerweib hast mich betrogen!« Er versetzte dem Leichnam einen Tritt. Die halbe Nacht hatte er es sich ausgemalt, diesen schönen Körper zu nehmen. Jetzt brodelte nicht mehr gierige Fleischeslust in ihm, sondern grimmiger Zorn.
    Wütend löste er das Fußeisen, lud sich die Tote über die Schulter und schleppte sie davon.
    Auch der Henker war nicht gerade erfreut darüber, daß die Delinquentin bereits in der Nacht verstorben war. So konnte er seines Amtes nicht mehr walten, und so bekam er auch keinen Lohn für seine Arbeit. Das verdroß ihn. Schließlich lebte er davon, andere zu töten. Das Bedauerliche war, daß der Richter angeordnet hatte, die Zigeunerin solle am Hals aufgehängt werden. Das war eine öffentliche Hinrichtung am Galgenbaum unter freiem Himmel, und da konnte er keine bereits Tote aufhängen und so tun als ob. Da mußte sie noch auf eigenen Füßen hinschreiten.
    So gab er widerwillig dem Richter Bescheid, daß bereits eine höhere Macht das Urteil vollstreckt habe. Dann trug er die Zigeunerin gemeinsam mit seinem Gehilfen alsbald zum Totenacker. An dessen Rand wollten sie sie verscharren, bei den Sündern und Selbstmördern, denen der Pfaffe keinen Segen gab.
    Ihm fiel auf, daß unter einer knorrigen Eiche ein gutgekleideter, stattlicher Edelmann stand, ein feuriges schwarzes Pferd mit kostbarem Sattel am Zügel haltend. Der fremde Edelmann sah ungerührt zu, wie sie die Zigeunerin in die Erde warfen. Doch als die beiden Männer den Totenacker wieder verließen, war der Fremde verschwunden.
    Später, als sie fort waren, stand er wie aus dem Nichts kommend neben dem Arme-Sünder-Grab.
    Seine Hände malten ein Feuerzeichen in die Luft.
    Da brach die Erde auf, und die Zigeunerin schwebte empor.
    Asmodis legte sie bäuchlings über den Sattel des schwarzen Rosses. Mit einem weiteren Zauber richtete er das Grab wieder so her, als sei nichts geschehen.
    Die Zigeunerin galt jetzt für tot und begraben; niemand würde jemals nach ihr fragen oder an sie denken.
    Der Fürst der Finsternis hatte getan, was getan werden mußte. Für Elena konnte ein neues Leben beginnen.
    Ob es ein besseres Leben war, blieb zweifelhaft.
    ***
    Elena erwachte. Sie lag in einem riesigen, weichen Himmelbett, das allein doppelt so groß war wie der Zigeunerwagen ihres Großvaters und der der alten Blixbah zusammen. Es war warm; ein Kaminfeuer knisterte.
    Als sie sich aufrichtete, huschte ein seltsames kleines Geschöpf, wie sie es nie zuvor gesehen hatte, eilig davon und verschwand durch eine riesige, schwarze Holztür.
    »Ich bin tot«, sagte Elena leise. »Der Fürst der Finsternis hat mich getötet. Jetzt bin ich… im Himmel? Ist dies das Paradies?« Ihre Hände strichen über die Bettdecke mit dem Seidenbezug, über das seidene Laken. Und als
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