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0540 - Der Fluch der Zigeunerin

0540 - Der Fluch der Zigeunerin

Titel: 0540 - Der Fluch der Zigeunerin
Autoren: Werner Kurt Giesa
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spitzen Fangzähne, an die toten, leeren Augen…
    »In den Kerker«, verbesserte sie der Fürst der Finsternis. »Und diesmal werden sie dich der Hexerei bezichtigen. Was glaubst du, werden sie dann mit dir machen?«
    »Droht mir nicht, mein Fürst«, flüsterte sie. »Das habe ich nicht verdient.«
    »Dann füge dich in dein eigenes Versprechen. Der Handel gilt. Du wirst die Mutter meines Sohnes sein.«
    Sie schluckte.
    Plötzlich fühlte sie, wie Dutzende winziger Finger an ihrem seidenen Nachthemd wuselten. Es ihr abnahmen.
    Nackt und bloß und völlig erschrocken kauerte sie vor dem Fürsten der Finsternis. Dessen Kleidung löste sich einfach auf. Majestätisch, ehrfurchtgebietend und von gewaltiger Größe näherte er sich ihr.
    Dann kam er über sie…
    Da war die Glut des Höllenfeuers in ihr und zugleich die eisige Kälte ewigen Sterbens. Sie schrie und wünschte sich, es sei bald vorbei, und doch konnte sie kaum genug bekommen. Sie verbrannte und erstarrte zu Eis, es war zugleich Himmel und Hölle, Liebe und Haß, Zärtlichkeit und Folter.
    Und es würde nie zu Ende sein. Niemals in ihrer Erinnerung an diese Sekunden, die eine Ewigkeit lang währten.
    ***
    Als sie erwachte, war sie allein.
    Es war dunkel um sie herum. Und es war kalt.
    Elena lag in taufeuchtem Gras. Sie sah über sich den Sternenhimmel, diese kalte, glitzernde Pracht…
    Unwillkürlich taste sie um sich. Keine Seide, kein weicher Teppich, kein wärmendes Feuer.
    Irgendwo in der Ferne heulte ein Wolf den Mond an; weitere Bestien fielen in den schauerlichen Jagdgesang ein.
    Elena trug wieder den fadenscheinigen Sackkittel, den man ihr im Stadtgefängnis von Cologne gegeben hatte, und sonst nichts. Aber neben ihr lag etwas.
    Ein Dolch, dessen Griff mit bunten Edelsteinen verziert war.
    Sie erkannte ihn sofort wieder.
    Das war Großvaters Dolch!
    Wie kam er hierher? Befand sich ihr Großvater in der Nähe?
    Sie rief seinen Namen. Leise zunächst, dann lauter, bis sie ihn schließlich schrie.
    Aber es gab keine Antwort.
    Es gab auch keine Spuren im hohen Gras, die zu ihr führten. Die Taunässe hatte die Halme aufgerichtet.
    Der Dolch jedoch und ihr Kittel waren trocken. Das bedeutete doch, daß sie selbst und der Dolch noch nicht lange hier liegen mußten.
    Der Fürst der Finsternis! Er mußte sie beide hergebracht haben, Elena und den Dolch. Deshalb gab es keine Spuren im Gras.
    Sie erinnerte sich an das, was passiert war. An die eigentümliche Art ihrer Rettung, an den Palast in der Hölle…
    An den Fürsten der Finsternis…
    Trotz der Kälte hob sie den Saum des Kittels, schob ihn so hoch, wie es eben ging. Ihre Hände glitten über die Haut ihres Bauches. Sie wußte, daß dort jetzt anderes Leben wohnte.
    Ihr Sohn!
    Der Sohn des Höllenfürsten!
    Sie stöhnte auf.
    Worauf nur hatte sie sich eingelassen?
    Um ihr Leben zu retten, war sie einen Pakt mit dem Teufel eingegangen. Und was hatte sie nun davon? Etwas, das sie ihr ganzes Leben lang nicht gewollt hatte!
    »Warum ich?« flüsterte sie.
    Wieder heulten die Wölfe, schon näher als zuvor.
    Unsicher bewegte sich Elena. Weit entfernt sah sie die Silhouette der Stadt: War das Cologne? Dorthin konnte sie nie mehr zurück, oder alles war umsonst gewesen. Sie mußte fort von hier, so weit wie möglich.
    Sie starrte den Dolch an.
    Die Edelsteine.
    Vielleicht konnte sie in einer anderen Stadt einen von ihnen versetzen, ein paar Silberthaler dafür bekommen. Einmal mußte doch auch sie etwas Glück haben.
    Fast wünschte sie sich, den Beutel mit dem Gold zu haben, der niemals leer wurde. Aber dann schüttelte sie den Kopf.
    Sie wollte kein Geschenk des Höllenfürsten mehr. Jenes »Geschenk«, das sie jetzt unter ihrem Herzen trug, reichte ihr völlig.
    Aber sie würde das Kind zu ihrem Kind machen, nicht zu dem des Asmodis! Das schwor sie sich in diesen Minuten unter dem Sternenzelt.
    Den Dolch ihres Großvaters jedoch, von dem sie sich nicht erklären konnte, wie er hierher zu ihr gekommen war, den nahm sie wie ein Geschenk an.
    Nein, wie ein Erbstück.
    Langsam schritt sie davon, in den beginnenden Morgen hinaus.
    Sie mußte eine Heimat finden. Und ein Kind zur Welt bringen, das sie liebte und haßte zugleich.
    ***
    Tours, 1495:
    Der Winter war noch einmal zurückgekehrt, jetzt, zu Beginn der Fastenzeit. Der Schnee lag stellenweise zwei Ellen hoch und sorgte auf den Wegen nach Tours für erhebliche Behinderungen. Wer nicht eben in die zwei Meilen entfernte Stadt mußte, der blieb daheim.
    Um
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