Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
054 - Die Gespenster-Dschunke von Shanghai

054 - Die Gespenster-Dschunke von Shanghai

Titel: 054 - Die Gespenster-Dschunke von Shanghai
Autoren: Larry Brent
Vom Netzwerk:
plötzlich und deutete auf ein schwaches Licht, das grün
schimmerte und langsam näher kam. »Da kommt etwas direkt auf uns zu.« Sie
deutete über die Reling weit in die Finsternis. Aus nordöstlicher Richtung
näherte sich lautlos ein Objekt. Es konnte nur ein anderes Schiff oder eine
Dschunke sein. Aber etwas daran stimmte nicht. Das andere Wasserfahrzeug war zu
schnell. Rasch kam es näher. Minutenlang blickten der Chinese und seine
europäische Begleiterin über die funkelnde Wasserfläche hinweg. Und da fiel
ihnen noch etwas auf…
    Dünne
Nebelschleier waberten über die Wasseroberfläche, die die ganze Zeit über glatt
und spiegelnd gewesen war. »Wo kommt denn der Nebel her?« entfuhr es Madleen
Cordes unwillkürlich. Er wurde schnell dichter, milchig, legte sich wie weißer
Qualm über das Wasser und nahm an Ausdehnung zu. Das grüne Licht vor ihnen in
der Dunkelheit wurde größer. In der Atmosphäre lag plötzlich etwas
unbeschreiblich Fremdes und Bedrohliches. »Schnell, Mister Wang«, stieß die
Engländerin hervor, die sich mit einem Mal nicht mehr wohl in ihrer Haut fühlte
und die Nacht auch nicht mehr herrlich fand. »Fahren Sie schnell… weg von
hier…« Der Chinese nickte, zuckte die Achseln und wirkte einen Moment bedrückt
und hilflos. Aber Madleen Cordes wußte nicht, ob es echt oder nur gespielt war.
Obwohl sie oft mit Partnern aus diesem Raum zusammenkam, waren und blieben ihr
die Menschen mit den dunklen, mandelförmigen Augen und dem ewigen sanften
Lächeln um den Lippen ein Rätsel.
    In
wenigen Sekunden war die Yacht von dem geheimnisvollen, milchigen Nebel
eingehüllt. Ein bedrohliches grünes Glühen hing vor ihnen in der Luft. Dann
ging es auch schon drunter und drüber.
    Der
massige Bug einer Dschunke ragte plötzlich wie ein dunkler Berg vor der kleinen
Yacht empor. Ein riesiges rotes Segel, auf dem ein goldener chinesischer Drache
prangte, zerteilte die Nebelwand seitlich des Schiffs. Schon immer fand Madleen
Cordes die Darstellung des chinesischen Drachens unheimlich. Sie hatte ihn
schon in vielen Variationen gesehen, aber noch nie in der jetzigen. Der Drache
auf dem blutroten Segel hatte einen kahlen Totenschädel, und das widerliche
Grinsen wirkte wie eingefroren. Doch das war noch nicht alles. Am dunklen Bug
der Dschunke drängten sich unheimlich anzusehende Gestalten. Sie schwangen
Haumesser und Krummschwerter. Madleen Cordes preßte erschrocken die Hand vor
den Mund und erstickte den Schrei, der in ihrer Kehle aufstieg. Aus der Angst,
die sich in ihr Herz krallte, wurde blitzartig eine Erkenntnis, die sie aufatmen ließ.
    »Mister
Wang!« stieß sie hervor und begann plötzlich zu lachen, das allerdings seltsam
klang. »Jetzt verstehe ich auch Ihre Geschichte. Sie werden mir langsam
unheimlich. Erst erzählen Sie mir von der Gespenster-Dschunke, und nun lassen
Sie sie auch noch auftauchen… Die Touristen-Attraktion von Hongkong… Hierher
bestellt von Ihnen. Als Schrecken um Mitternacht… Mister Wang…« Sie atmete tief
durch. »Die Überraschung ist Ihnen in der Tat gelungen. Ich habe mich wirklich
erschrocken und…«
    » Nein!« unterbrach Wang! »Sie täuschen sich… ich habe mit alledem… nichts zu tun.
Ich…«
    »Aber
Mister Wang!« lachte Madleen Cordes plötzlich und schüttelte heftig den Kopf.
»Jetzt doch nicht mehr… es sei denn, das Programm geht weiter und…« Da stieß
der kleine Chinese die Britin zur Seite und wollte zur Treppe, um nach unten zu
gelangen. Er war weiß wie ein Leintuch und schrie ihr etwas zu, das sie nicht
verstand. Es klang wie eine Warnung.
    Der
scheue Sonderling! Er hatte sich für diese Nacht einige Überraschungen
einfallen lassen. Erst ein hervorragendes Abendessen in einem schwimmenden
Restaurant, wo Mister Wang eine private Anlegestelle benutzen durfte, dann die
Fahrt mit der Yacht hinaus ins südchinesische Meer, seine etwas hilflos
gestammelte Liebeserklärung, und nun diese Rock- und Horror-Show. Fehlte bloß
noch die dazu gehörige Musik. Wahrscheinlich lag das Band auch schon bereit,
und der Mann war nur nicht mehr dazu gekommen, es rechtzeitig vor dem
Auftauchen der Grusel-Attraktion zu starten. Und nun spielte er noch den
Ahnungslosen. Wang steckte voller Überraschungen! Er war noch einen Schritt von
der obersten Stufe entfernt, als die ersten Piraten auf die schaukelnde,
antriebslose Yacht sprangen. Zwei, drei dunkle Gestalten erschienen im Nebel,
der die Umrisse der eigenen Bootswand kaum noch erkennen ließ… so
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher