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054 - Die Gespenster-Dschunke von Shanghai

054 - Die Gespenster-Dschunke von Shanghai

Titel: 054 - Die Gespenster-Dschunke von Shanghai
Autoren: Larry Brent
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verstreut. Die Polster von Sesseln, Couch und die Matratzen der Betten
waren aufgeschlitzt. Offenbar mit den gleichen Waffen, mit denen man die Frau
und den Mann vorher umgebracht hatte. Die Tatwaffen waren auf keinen Fall klein
gewesen. »Es scheint sich, den Verletzungen nach zu urteilen, um Schwerter
gehandelt zu haben«, bemerkte der kleine Mann mit dem schütteren, leicht
angegrauten Haar halblaut. Es war eine Angewohnheit von ihm, laut zu denken.
»Vielleicht liegt auch ein persönlicher Racheakt vor. Leute, ich glaube, wir
kriegen hier ne Menge Ärger und Arbeit an den Hals. Wenn das die Tat von
Piraten war, frage ich mich, was sie hier gesucht haben. Es ist kaum
anzunehmen, daß Mister Wang außergewöhnliche Wertsachen an Bord hatte… Er weiß
wie alle, die in diesen Gewässern verkehren, daß moderne Piraterie an der
Tagesordnung ist.«
    Piraterie
in diesen Gewässern zeigte zunehmende Tendenz. Die Verbrecher fuhren nach
Einbruch der Dunkelheit aus. Ihr Hauptinteresse galt Handelsschiffen mit
technischer Ladung. Noch in den Häfen selbst nahmen sie sich solche Objekte vor,
kletterten in den meisten Fällen an den Ankerketten hoch und ohne besondere
Mühe durch die Ankerklüsen dann ins Innere des betreffenden Schiffes. Die
ahnungslose Besatzung wurde gefesselt und geknebelt. Dann begannen die Gauner
in aller Ruhe damit, das Schiff zu entladen. Auch wenn die Polizei einen
Hinweis erhielt, war es in den meisten Fällen leider nicht möglich, die Piraten
zu fassen. Ihre Dschunken waren getarnt und durch starke Dieselmotoren unter
dem Rumpf unglaublich schnell. Sie verschwanden in der Nacht auf das offene
Meer, und die ergaunerten Waren tauchten irgendwo in Ländern der dritten Welt
zu Spottpreisen wieder auf. Kapitäne vieler Handelsschiffe aus dem Ausland
hatten von ihren Reedereien die Anweisung, nachts weit außerhalb eines Hafens zu
ankern, das Schiff ringsum zu beleuchten und Doppelwachen an Deck
patrouillieren zu lassen. Sobald sich eine verdächtige Dschunke näherte, wurde
die Besatzung alarmiert und stand über Funk auch schon mit der nächsten
Küstenstation in Verbindung. Wo Licht und Aufmerksamkeit herrschten, machten
die Piraten grundsätzlich einen Rückzieher. Sie brauchten die Dunkelheit und
Zeit, um ihre Verbrechen durchzuführen. Viele Dinge gingen dem kleinen
Inspektor durch den Kopf. In Hongkong passierten täglich genug Verbrechen, aber
ein derart Scheußliches, daß zwei ahnungslose Menschen einfach hingeschlachtet
wurden, war ihm schon lange nicht mehr untergekommen. Die Yacht wurde von einem
Polizisten in den Hafen gesteuert, die beiden Leichen in Zinksärgen aufs
Festland zur weiteren Untersuchung gebracht. Die übliche Routinearbeit begann.
Die Identität der Toten wurde gegen vierzehn Uhr bekannt. Es handelte sich um
eine gewisse Madleen Cordes, die geschäftlich in Hongkong weilte. Eine Kollegin
hatte eine Vermißtenanzeige aufgegeben, nachdem sie am Morgen in ihrem Hotel
nicht zum Frühstück erschienen war.
    Die
gerichtsmedizinische Untersuchung wurde schnellstens durchgeführt, um die
Leiche zur Überführung freizugeben. Der Tod war eindeutig durch die schweren
Bauchverletzungen eingetreten. Aber an Madleen Cordes Körper gab es noch eine
weit schwerwiegendere Verletzung, oberhalb ihrer rechten
Schulter. Dort existierte eine tiefe Fleischwunde, die nicht von einem Dolch,
einem Schwert und auch nicht mit einem stumpfen Gegenstand verursacht worden
sein konnte. Jemand äußerte den Verdacht, daß diese Verwundung möglicherweise
auf krallenartige Pranken oder einen Biß zurückzuführen wäre. Von den Toten und
ihren Verletzungen wurden zahlreiche Fotos geschossen, die der Polizei bei
ihren Ermittlungen weiterhelfen sollten. Am frühen Nachmittag schon wurde die
tote Engländerin freigegeben. Ein Bestattungsinstitut erhielt den Auftrag, die
Leiche einzusargen und für den Rückflug nach London vorzubereiten.
    Madleen
Cordes sterbliche Hülle wurde von der Firma abgeholt und in einem kühlen
Kellerraum bis zum weiteren Abtransport aufbewahrt. Und darauf schien jemand
gewartet zu haben. Der Inhaber des Bestattungsunternehmens erhielt genau
zwanzig Minuten nach Einlieferung der ermordeten Frau einen Anruf. »Du hast
einen Gast in deinen kühlen Kellerräumen, Cheng, für den wir uns interessieren
würden.« Chengs Pokergesicht blieb bewegungslos wie eine Maske, und er schürzte
kaum die Lippen, als er sprach. »Dann haltet euch ran«, sagte er nur, »wenn ihr
die Engländerin
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