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0529 - Der Würgeadler

0529 - Der Würgeadler

Titel: 0529 - Der Würgeadler
Autoren: Jason Dark
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eine halbe Stunde. Eher noch weniger.«
    Eliette faßte nach seiner Hand. »Und was können wir tun?« fragte sie leise.
    »Warten«, erwiderte ich.
    »Besteht für uns eine Chance, mit dem Leben davonzukommen?« wollte Paul Grenier wissen.
    Ich hob die Schultern. »Monsieur Grenier, ich möchte nicht in die Angelegenheiten Ihrer Familie hineinreden. Möglicherweise wäre es besser, wenn Sie Ihr Haus verlassen und sich irgendwo verstecken. Ich kann Ihnen leider auch da keine Garantie geben. Es ist eben alles ein wenig kompliziert. Dieses Vogelmonstrum ist schwer auszurechnen. Wir kennen zu wenig von ihm und wissen auch nicht viel über seine Motive. Ich muß Ihnen wirklich die Entscheidung überlassen.«
    »Danke.« Paul blickte auf seinen Vater. »Was meinst du?«
    Jacques schob seine Teetasse zur Seite und holte tief Luft. »Schwer zu sagen. Ich kann dir nicht helfen, weil ich es einfach nicht weiß, so leid es mir tut. Aber du hast mich gefragt, Junge, deshalb plädiere ich dafür, daß wir bleiben. Wir müssen uns den Gewalten stellen.«
    »Und werden sterben!« fügte Eliette hinzu, was Piccé zu einem Nicken veranlaßte.
    »Ich habe ja mein Leben hinter mir«, sagte er. »Mir macht es nicht viel aus, aber ihr seid jung…«
    »Moment mal!« mischte sich Suko ein. »Wir wollen hier nicht in Weltschmerz verfallen. Noch leben wir, und ich für meinen Teil habe auch vor, weiterhin am Leben zu bleiben. Es ist schwer, ich weiß, doch versuchen Sie, sich zusammenzureißen. Und völlig wehrlos sind wir schließlich auch nicht.«
    »Wollen Sie dem Adler mit einer Pistole zu Leibe rücken?« fragte Paul.
    »Der schluckt doch die Kugeln wie Erbsen«, meinte Piccé.
    Suko schüttelte den Kopf, bevor er die Antwort gab und sich dabei bückte. Er zog den Reißverschluß der Tasche auf. »Nicht allein mit einer Kugel, wir besitzen zum Glück noch andere Waffen.« Als ich nickte, holte er den Dunklen Gral hervor und stellte ihn auf den Tisch.
    Die Greniers bekamen staunende Augen. Selbst der alte Piccé hielt den Mund. So etwas wie Ehrfurcht hatte sich zwischen uns aufgebaut.
    »Ist das eine Waffe?« fragte Jacques.
    »Es ist der Dunkle Gral!« sagte ich.
    Keiner begriff meine Worte, deshalb gab ich eine kurze Erklärung.
    »Der Gral enthält Geheimnisse, die praktisch an den Grundfesten der Welt rütteln können. Durch ihn gibt es eine Verbindung zwischen verschiedenen Welten. Zum Beispiel Aibon und unserer Welt.«
    »Was ist Aibon?« wollte der junge Pierre wissen.
    »Das Land der Legenden, der Märchen. Vielleicht auch das Fegefeuer. So mußt du es sehen.« Als ich ihre Blicke sah, mußte ich lachen und holte gleichzeitig mein bisher verstecktes Kreuz hervor, daß ich mir vor die Brust hängte, so daß es auf der Kleidung lag.
    »Sind Sie jetzt gewappnet?« flüsterte Eliette.
    »Das hoffe ich doch stark.«
    »Wir sind alle sehr gläubig«, sagte sie weiter. »Aber das begreifen wir nicht.«
    »Es ist nicht weiter tragisch. Sie sollten nur Vertrauen haben und daran glauben, daß wir alle überleben werden. Eine Garantie ist dies nicht, vielleicht ein Funke Hoffnung.«
    »Wenn Sie das meinen…«
    Suko schaute auf die Uhr. »Ich meine, wir sollten nachschauen, wo sich unser Freund befindet. Es dauert nicht mehr lange, bis die Dämmerung eintritt.«
    Jeder war dafür.
    Ich stand auf, um zum Fenster zu gehen. Kaum hatte ich den ersten Schritt getan, als ich hinter der Scheibe eine flatterhafte Bewegung sah. Das war nicht der Würgeadler, sondern einer seiner gefiederten Vogelfreunde.
    Auch die Greniers hatten ihn entdeckt. »Ich glaube, er ist schon da«, sagte Eliette.
    Suko beruhigte sie. »Keine Sorge, Madame, das sind erst die Vorboten. Der Adler wird sich Zeit lassen.«
    »Meinen Sie?«
    »Ich rechne zumindest damit.«
    An der Tür wartete ich auf meinen Freund. Den Gral hatte er zurückgelassen.
    Erst als Suko neben mir stand, öffnete ich die Tür mit einem heftigen Ruck. Der Wind brachte Kälte mit in den Windfang. Ich schritt über die Schwelle und sah, daß sich einiges verändert hatte.
    Von der Dämmerung war gesprochen worden, und die lag auch über dem Land. Links flatterte der Vogel von der Scheibe weg und parallel zur Hauswand hoch.
    Ich ging zwei weitere Schritte vor, drehte mich dann um, weil ich den Flug des Tieres beobachten wollte.
    Das alles vergaß ich in den nächsten Sekunden, weil ein anderes Ereignis mich in seinen Bann zog.
    Während der Dämmerung, die sich grau über den eingeschneiten Ort gelegt
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