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0529 - Der Würgeadler

0529 - Der Würgeadler

Titel: 0529 - Der Würgeadler
Autoren: Jason Dark
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war mir unklar, ob der Adler mich ebenfalls entdeckt hatte. Ich hoffte es nicht und zog mich wieder zurück. Auf der Treppe blieb ich stehen und dachte nach. Sollte ich die beiden Stufen noch einmal hochgehen und es mit einem Schuß versuchen. Das Auge war eine fast perfekte Zielscheibe.
    Was aber würde geschehen, wenn ich nicht traf?
    Ich mußte es einfach riskieren. Sehr oft in meinem Leben hatte ich vor diesen außergewöhnlichen wichtigen Entscheidungen gestanden, auch jetzt gab es kein Zurück.
    Wer nichts riskiert, kann auch nichts gewinnen.
    Ich schlich die beiden Stufen wieder hoch, hielt mich dicht an der Wand und peilte erneut durch die offenstehende Tür auf den Speicher mit dem zerstörten Dach.
    Der Adler hatte seine Haltung nicht verändert. Auch sein Auge befand sich noch an der gleichen Stelle.
    Vorsichtig, sehr vorsichtig holte ich die Beretta hervor. Nur keine unnötigen Geräusche jetzt, der Adler hätte zu leicht gewarnt werden können.
    Die kalte Luft wehte mir entgegen, floß in mein Gesicht. Trotzdem schwitzte ich.
    Dann streckte ich den Arm aus. Ich machte ihn sehr lang. Die Beretta bildete die Verlängerung meiner Hand. Der Finger umspannte den Abzug. Ein leichter Druck reichte aus…
    Noch einmal zielte ich genau auf das Auge. Niemand störte mich.
    Auch von unten her vernahm ich keine Geräusche. Dort warteten die Menschen gespannt auf die nächsten schrecklichen Attacken.
    Sie folgten auch.
    Ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, als ich abdrücken wollte. Da bewegte sich der Würgeadler plötzlich. Sein Kopf ruckte hoch, er hackte zu, das Loch im Dach riß weiter auf, und gleichzeitig sah ich eine riesige Klaue, die sich vor das Auge senkte und zugriff.
    Ich war nicht mehr zu einem Schuß gekommen, denn die Klaue packte eisenhart zu.
    Sie griff hinein in das Dachgebälk, und eine zweite bahnte sich ebenfalls mit Brachialgewalt ihren Weg, sie zerstörte weitere Teile des Dachs mit einem wahnsinnigen Getöse.
    Die Splitter der Pfannen tanzten über den Boden und hämmerten gegen die Tür. Ich wollte es weiterhin darauf ankommen lassen, als der Würgeadler zum letzten Mittel griff und mich praktisch zu einem Statisten degradierte.
    Fast grausam führte er mir meine eigene Hilflosigkeit vor Augen!
    Wieder fing es mit einem gewaltigen Krachen und Bersten an, denen jedoch eine Erschütterung folgte, die das gesamte Haus erfaßte und mich derart überraschte, daß ich auf der Treppe den Halt verlor.
    Ich kippte zur Seite hin weg, prallte auch gegen die Wand und wollte mich dort festhalten. Mit den Handflächen rutschte ich ab, die Stufen waren zudem sehr hoch und kantig, so daß der Reise nach unten nichts mehr im Weg stand.
    Mit der Schulter rollte ich über die Kanten, spürte den Schmerz auch im Rücken und sah plötzlich Suko neben mir stehen, der den Arm ausgestreckt hatte und mir die Hand reichte.
    Ich ließ mich hochziehen, bog den Rücken durch und schaute die Stufen hinauf.
    »Was war?« fragte mein Freund.
    »Der Adler ist oben!« keuchte ich. »Er steht über dem Haus und hat seine gewaltigen Krallen in das Dach geschlagen. Dabei hat er es zum Teil zerstört.«
    »Das ist doch nicht wahr!«
    »Und wie es wahr ist!« Ich bückte mich und nahm die Beretta an mich, die mir beim Sturz aus der Hand gefallen war.
    »Was machen wir jetzt?«
    Ich wußte, worauf Suko hinauswollte. »Okay, vielleicht versuchen wir es gemeinsam, aber die Greniers müssen auch Bescheid wissen.«
    »Die zittern in der Küche!«
    Sekunden später waren wir bei ihnen. Mir fiel sofort der alte Piccé auf. Er lag ausgestreckt auf der Bank und schnarchte leise vor sich hin. Dieser Mann hatte Nerven.
    Die Mitglieder der Familie waren ratlos, und so schauten sie uns auch an.
    Ich nickte ihnen zu. »Es tut mir leid«, sagte ich, »aber er ist tatsächlich da.«
    »Fliegt er?« flüsterte Eliette und kam einen Schritt auf mich zu. Sie schaute mich an, als wollte sie mich hypnotisieren. »Oder schwebt er in der Luft?«
    »Er schwebt, er steht in der Luft, aber er hat schon einen Teil des Dachs zerstört.«
    »Das haben wir gehört«, sagte Paul. »Was hat er denn weiter vor?«
    Ich hob die Schultern. »Genaues weiß ich natürlich nicht. Er hat sich in den Dachbalken festgekrallt. Wie stark sind sie?«
    »Die halten schon etwas aus«, sagte Paul.
    Das mußten sie auch, denn kaum hatte er die Antwort gegeben, als ein Ruck durch das Haus schwang.
    Dann passierte es.
    Wir alle hatten das Gefühl, der Boden wäre uns unter den Füßen
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