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0520 - Das blaue Einhorn

0520 - Das blaue Einhorn

Titel: 0520 - Das blaue Einhorn
Autoren: Werner Kurt Giesa
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eben genannt?
    Telepathenkind!
    So hatte er sich selbst nie bezeichnet, obgleich seine Mutter und seine Tante Telepathinnen waren. Aber die Bezeichnung umschrieb nur einen winzigen Bruchteil seiner Persönlichkeit und seiner Fähigkeiten. Träumer paßt schon eher. Auch seine Eltern, Zamorra und dessen Freunde, auch Angelique Cascal - sie alle hatten ihn nie »Telepathenkind« genannt. Es war eine Bezeichnung, die er zwar kannte, die ihm aber völlig vertraut war und an die er nie im Zusammenhang mit sich selbst denken würde. Es war ungewöhnlich, daß ihn eine seiner Traumfiguren so anredete.
    Die Dämonen nannten ihn Telepathenkind. Das hatte sich schon früh so eingebürgert.
    Diese Stygia, die ihm nun gegenüberstand, war nicht jene, die er in seine Welt gestellt hatte.
    Sie war die richtige Stygia, die Fürstin der Finsternis. Aber wie hatte sie es geschafft, hier einzudringen?
    Dazu reichten ihre Fähigkeiten doch eigentlich gar nicht aus!
    ***
    Als Nicole den BMW schwungvoll vor Mostaches Wirtshaus abstoppte, war der Rettungshubschrauber aus Roanne schon da. Der Notarzt und zwei Rettungssanitäter kümmerten sich um Mostache. Er wurde bereits in den Helikopter verladen; der Arzt hielt die Blutplasmaflasche hoch, mit der Mostache verbunden war. Einige Leute aus der Nachbarschaft hatten sich eingefunden und hielten sich in respektvollem Abstand - weniger der Sensation namens Hubschrauber wegen, sondern etwas enttäuscht, weil sie nicht helfen konnten. »Welches Krankenhaus,« fragte Zamorra schnell. Einer der Sanitäter nannte es ihm. Mostaches Frau war hin und her gerissen; sie wollte im Hubschrauber mitfliegen, um bei ihrem Mann zu sein, aber sie wollte auch mit Zamorra und Nicole reden. Der Professor traf eine rasche Entscheidung und deutete auf den BMW. »Einsteigen, Madame!« Dann wandte er sich einem der Zuschauer zu. »Schnapp dein Auto und fahr hinter uns her. Du mußt mich unterwegs aufnehmen und wieder hierher zurückfahren!«
    Das war kein Problem. Hier half man sich noch gegenseitig, ohne lange Fragen zu stellen. Der Hubschrauber startete, Zamorra warf sich in den Fond des Wagens, in dem schon Mostaches Frau hockte, und Nicole gab Gas in Richtung Roanne, um möglichst wenig Zeit zu verlieren.
    »Was ist passiert?« stieß Zamorra hervor. »Ist Stygia noch einmal zurückgekommen?«
    »Stygia?« Erst ihr Staunen verriet Zamorra, daß sie von dem, was sich in der Schankstube abgespielt hatte, überhaupt nichts wußte. Nicht einmal, daß Zamorra heute schon einmal hier gewesen war. Sie hatte sich um ihren Haushalt gekümmert und alles andere ihrem Mann überlassen.
    Aber immerhin konnte sie Zamorra erzählen, wie sie Mostache vorgefunden hatte - über Tisch und Stuhl in der Luft schwebend und fast blutleer. Er war längst bewußtlos gewesen. Sie hatte telefoniert und dann versucht, die Wunden abzubinden. Aber sie hatte es nicht geschafft, ihren Mann aus seiner schwebenden Position zu befreien. Das hatten dann erst die beiden Rettungssanitäter fertiggebracht, die sich ebenso wie der Notarzt darüber wunderten, wieso ein Mensch frei in der Luft schweben konnte. Mit Magie konnte man diesen nüchtern denkenden Leuten natürlich nicht kommen.
    »Nicole bringt Sie zum Krankenhaus, Madame. Der gute Mostache wird’s schaffen. Unkraut vergeht nicht!«
    »Aber er hat doch so viel Blut verloren!«
    »Nur nicht den Kopf hängen lassen. Er bekommt ja schon unterwegs Ersatz. Und da er noch lebt wird er auch überleben. Ich schätze, Sie haben ihn noch gerade rechtzeitig gefunden.«
    »Ich habe ihm immer gesagt, er soll die Wirtschaft nicht ›Zum Teufel‹ nennen, sondern den alten Namen ›Zum Faß‹ beibehalten. Das ist doch ein böses Omen, habe ich immer gesagt. Und jetzt…«
    »Namen sind Schall und Rauch«, erwiderte Zamorra, »und keine Suppe wird so heiß gegessen, wie sie gekocht wird - vor allem nicht, wenn der Kellner es riskiert, beim Servieren den Daumen reinzuhängen…«
    Seine flapsige Bemerkung, mit der er das Gemüt der Frau aufheitern wollte, kam nicht an.
    Nicole stoppte, Zamorra stieg aus, der BMW jagte weiter nach Roanne. Vom Hubschrauber war schon nichts mehr zu sehen. Der konnte das drei-bis vierfache Tempo entwickeln. Erst drei Minuten später schnaufte ein betagter 2 CV heran. »Tut mir leid, Professor, ich mußte den Zweitwagen nehmen. Der Peugeot wollte nicht anspringen«, entschuldigte sich der Winzer am Lenkrad des rostigen Vehikels, dessen durchlöcherter Auspuff den Lärm eines
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