Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
052 - Die Leichenkammer des Dr. Sarde

052 - Die Leichenkammer des Dr. Sarde

Titel: 052 - Die Leichenkammer des Dr. Sarde
Autoren: Larry Brent
Vom Netzwerk:
der
Friedhofsmauer entfernt. Die Gräber hier waren gepflegt, aber sie waren einfach
und bescheiden. Arme Leute wurden hier beigesetzt.
    Ein schwerer, gewittriger Regenschauer ging hernieder, die Wege wurden
aufgeweicht, auf dem frischen Grab sammelte sich eine Pfütze.
    Larry Brent bemerkte von alledem nichts. Er sah nicht die Blitze und hörte
nicht den Donner. Er lebte in einer lichtlosen und geräuschlosen Welt.
    Er merkte, dass die Luft langsam knapp wurde, obwohl er sehr sparsam damit
umgegangen war. Er benutzte einen alten Yogatrick, um den Sauerstoff besser
einzuteilen. Doch der Zeitpunkt war erreicht, die Sauerstoffmaske aufzusetzen.
    Und dann hieß es abwarten. Er warf einen Blick auf das Leuchtzifferblatt
seiner Uhr.
    Nachmittag sechzehn Uhr ...
    Er lag im Sarg, und die Zeit verrann, langsam und zäh.
    Er sah nicht die dunkle Gestalt, die sich hinter der Weide löste und den
Davongehenden nachblickte.
    Ein zynisches Grinsen lag auf den schmalen Lippen von Paul.
    Er hatte die Umgebung beobachtet. Bei diesem miserablen Wetter befand sich
kein Mensch auf dem Friedhof. Das war gut für sein Vorhaben. Dann brauchte man
gar nicht so lange zu warten. Doch übereilen wollte er nichts.
    Er näherte sich dem Seitentor und gab dem wartenden Dr. Sarde, der im Fond
des kleinen Lieferwagens saß, ein Zeichen.
    Fünf Minuten später befand sich Sarde alias Clay Morron an der Seite des
Faktotum. Im strömenden Regen, mit schwarzen Regenmänteln und breitkrempigen
Hüten bekleidet, fingen sie an, das eben zugeschaufelte Grab wieder zu öffnen.
    Sie arbeiteten rasch und ohne Unterbrechung. Sie nutzten die Unbill des
Wetters, das ihrem Plan so hervorragend entgegenkam.
    Die schwarze Erde türmte sich zu beiden Seiten, und dann wurde der
dunkelbraune Sargdeckel sichtbar, auf den der Regen klatschte und die letzten
Erdklumpen wegspülte.
    Sarde und sein Gehilfe kamen ein zweites Mal ins Schwitzen, als sie
darangingen, den Sarg aus der Gruft zu schaffen. Dazu mussten beide in die
Grube steigen und ihn emporheben.
    Unbemerkt und ungesehen trugen sie ihre Last zwischen den Grabsteinreihen
auf die Friedhofsmauer zu.
    »Verdammt«, stöhnte Sarde. Er atmete hastig. »Das Weib hat ein ganz schönes
Gewicht.«
    Der rauschgiftsüchtige Paul nickte.
    »In dem Bericht war nicht erwähnt, dass sie zwei Zentner wiegt ...«
    Sie stellten den Sarg neben der Mauer ab, und Dr. Sarde warf erst einen
Blick hinaus auf die menschenleere Allee. In den Häusern auf der anderen Seite
der Straße brannte schon vereinzelt Licht.
    Der Gehirnchirurg öffnete die Tür zum Wagen. Zwei Minuten später verschwand
in dem Aufbau der dunkle Sarg, und die Tür schloss sich wieder. Die beiden
Männer atmeten auf.
    »Geschafft«, kam es wie ein Hauch über die bleichen Lippen Sardes. »So
schnell ging es noch nie. Dieses Wetter müssten wir immer haben. Und unbekannte
Frauenleichen müssten öfter in Frankreich auftauchen.« – Er lachte leise. »Um
die kümmert sich niemand.«
    Der Wagen fuhr an. Sarde lehnte sich zurück. Der Sarg, in dem Larry Brent
still lag und lauschte, wurde in die Leichenkammer gefahren.
     
    ●
     
    Iwan Kunaritschew hatte die Erlaubnis, sämtliche Siegel, die die örtliche
Polizeibehörde im Haus des Psychotherapeuten angebracht hatte, zu erbrechen,
wenn er das für notwendig hielt.
    Man sah dem Russen nicht an, dass er die ganze Nacht in dem verstaubten
Archiv der Polizei gesessen und Akten durchgeblättert und kontrolliert hatte.
    X-RAY-1 drängte nach einem Ergebnis, er hatte es sehr eilig, und Iwan
Kunaritschew hatte nach dem Einblick in das Aktenmaterial auch das etwas dumpfe
Gefühl, dass hier ein Besessener sich eines Verbrechens schuldig machte.
    Konnte er wirklich weitere Aufklärung in dem Haus finden, in dem eine
gewisse Madame Blanche gelebt hatte und die X-RAY-1 offenbar wieder mit Dingen
in Verbindung brachte, die sich jetzt in Paris ereigneten?
    Er begann im Keller des abgelegenen und villenähnlichen Hauses. Aber dort,
in alten, wurmzerfressenen Möbeln, Kisten und Kasten fand er nichts außer
einigen fetten Ratten, riesigen Spinnennetzen und dicken Staubteppichen.
    Als er das Kellergewölbe durchstreifte, stieß er auf einen schmalen,
schrankähnlichen Einbau, der genau den Raum zwischen zwei dicht
aneinanderstehenden, rauen Säulen einnahm.
    Kunaritschew griff nach der hölzernen Klinke, um auch einen Blick in den
Schrank zu werfen – da spürte er den leichten Luftzug, der sein Gesicht traf.
    Der Agent wurde sofort
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher