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0516 - Im Netz der Mörderspinne

0516 - Im Netz der Mörderspinne

Titel: 0516 - Im Netz der Mörderspinne
Autoren: Werner Kurt Giesa
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hereinspaziert kam und von dem Dicken angepflaumt wurde: »Wo hat ER denn so lange gesteckt? War wohl wieder zuerst in der Vorratskammer, um die Honigtöpfe leerzuschlecken, wie? Pflichtvergessener Tropf!«
    Der Verwachsene senkte den Kopf. »Verzeiht, Gebieter, doch ich war an keinem Honigtopfe!«
    Der Comte ließ alle Türen und Fenster sorgfältig verriegeln, nachdem er erfahren hatte, daß die Spinne nicht tot sein konnte, und schickte dann seine Tochter in ihr Zimmer. Er selbst, mit blutigem Gesicht, in dem noch Reste und Fäden klebten, telefonierte abermals nach dem Arzt. Dann endlich wandte er sich wieder seinem Retter zu und bedankte sich abermals. »Was immer ich für Sie tun kann, werde ich tun. Ich habe Sie allerdings noch nie in dieser Gegend gesehen. Ich bin Comte Roald d’Arcois.«
    Der Dicke zog seinen federgeschmückten Räuberhut und verneigte sich artig. »Zu Euren Diensten, Comte: Don Cristofero Fuego del Zamora y Montego, persönlicher Freund und Berater Seiner Königlichen Majestät Louis, den man den Vierzehnten nennt, und Herr auf Castillo Montego oder auch Château Montagne, wie’s beliebt.«
    »Oh«, machte Roald d’Arcois. »Ja, gewiß.« Herr auf Château Montagne? Der Kerl war ein Verrückter. Vielleicht war er Soldat gewesen, und der Krieg hatte ihm den Verstand genommen. Es sollte ja auch Männer geben, die felsenfest davon überzeugt waren, Napoleon Bonaparte zu sein. Da war diese Verrücktheit schon etwas Außergewöhnliches. Immerhin fast konsequent, da seine Kleidung wohl der damaligen Mode entsprach. Nur der dichte, filzige Vollbart, der fast das ganze Gesicht des Mannes verdeckte, paßte nicht dazu. Soviel d’Arcois wußte, waren Bärte zur Zeit des Sonnenkönigs verpönt, glattbarbierte Gesichter und gepuderte Zöpfe dagegen en vogue gewesen.
    Was hätte Ludwig XIV. wohl gesagt, wenn er diesem rotknollennasigen Individuum tatsächlich begegnet wäre? Sicher nicht Löbliches… Und der wirkliche Herr auf Château Montagne, diesem unseligen Gemäuer, das d’Arcois’ Frau das Leben gekostet hatte, würde vermutlich auch recht erstaunt sein, daß ihm jemand seinen Besitzanspruch streitig machte.
    Aber wie auch immer - dieser Don mit dem unaussprechlich langen Namensbandwurm hatte dem Comte und seiner Tochter zweifellos das Leben gerettet.
    »Wenn Ihr etwas für mich tun wollt«, sagte der Dicke, »so will ich Euch um einen gar leichten Dienst bitten: Sagt mir bitte, welchen Tag und welches Jahr wir schreiben, versucht Euch zu erinnern, ob Ihr von einem gewissen Professor Zamorra deMontage und seiner Mätresse wißt und - haltet diesen nichtsnutzigen Schelm von allen Süßigkeiten fern. Er verdirbt sich nur den Magen daran, und seine Zauberkunst läßt hernach zu wünschen übrig.« Wobei er auf den Verwachsenen deutete.
    D’Arcois schauderte. Er hatte noch nie ein so häßliches Menschenwesen gesehen.
    »Aber gewiß, Monsieur… äh, Señor… Don!« fand er schließlich die richtige Anrede. »Was zaubert man denn so in Ihren Kreisen?«
    »Bisweilen ein wenig Gold, hoffe ich«, sagte der Dicke. »Indessen hat er solches noch nicht zuwegegebracht. Aber er übt ja noch. Sagt, Ihr habt nicht zufällig ein Fläschchen Cognac im Hause, Comte? Falls meine Hoffnung mich nicht trügt, so sendet doch bitte einen Diener aus, das Fläschchen zu kredenzen.«
    Der Gnom verdrehte die Augen, wollte etwas sagen - und ließ es bleiben. Es wäre zu despektierlich seinem Herrn gegenüber gewesen. Der mochte Kritik nun gar nicht leiden. Aber ein entsagungsvolles Seufzen konnte der Namenlose nicht unterdrücken; er sah seinen Herrn schon wieder sinnlos betrunken in irgendeinem Sessel oder auf irgendeinem Teppich liegen.
    Cristofero fuhr herum. »Was gibt Er für unanständige Geräusche von sich, Kerl? Statt hier unnütz im Wege zu stehen und Maulaffen feilzuhalten, mach’ Er sich besser an die Arbeit, dies garstige Spinnengespinst zu entfernen. Aber hurtig, wenn’s beliebt.«
    »Ich eile, Gebieter«, seufzte der Gnom. »Ist es erlaubt zu zaubern?« Da Don Cristofero selbst von Zauberei gesprochen hatte, ohne daß der Comte und das Personal erschrocken waren, sah er keine Gefahr. Ein pfiffiges Grinsen erschien auf seinem kohleschwarzen Gesicht. »Vielleicht könnte es mir gelingen, aus den Fäden Gold zu spinnen, wie Rumpelstilzchen es einst vollbrachte…«
    Cristofero warf ihm einen vernichtenden Blick zu. »Bisweilen dünkt mich, Er sei Rumpelstilzchen in Person!« fauchte er. »Husch!
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