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0515 - Der mordende Wald

0515 - Der mordende Wald

Titel: 0515 - Der mordende Wald
Autoren: Werner Kurt Giesa
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zum erfolgreichen Abschluß seiner Mühe fehlte. Auch der Gnom sprang auf. Butler William verneigte sich. »Wenn ich Ihnen den Weg weisen darf…«
    »Mir aus dem Weg, Lakai, husch!« fauchte Cristofero undankbar. »Ich werde mich doch wohl noch in meinem eigenen Haus auskennen! Hält Er mich für senil?«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, stürmte er hinaus. Der Gnom auf seinen kurzen Beinen hatte Mühe, ihm zu folgen.
    William sah Zamorra resignierend an. »Mit Verlaub, Monsieur, ich wüßte da eine viel treffendere Charakterisierung…«
    Zamorra winkte ab.
    »Erwähnen Sie’s ihm gegenüber nicht. Er könnte auf die Idee kommen, Sie als Schaschlik auf der Degenspitze mit in seine Zeit zu nehmen. Wir sind ihn ja jetzt bald los…«
    »Hoffentlich, Monsieur«, unkte der Schotte. »Hoffentlich…«
    ***
    Die Zeremonie war beendet. Der Klang der bronzenen Hörner war verhallt; die Barden schwiegen. Aus dem Erdschacht schlugen noch Flammen, und eine fette schwarze Qualmwolke stieg zu Ehren des Taranis empor. Es war nur eine kleine Zeremonie gewesen, ohne viele Zuschauer und ohne viel Vorbereitung. Eine Schicksalsbefragung durch den Druiden, kein Volksfest, keine Feier, um die Götter zu ehren. Caxatos, der alte Druide, wirkte erschöpft; auf seiner hohen Stirn glänzte Schweiß. Sein Schüler, immerhin auch schon fast 30 Sommer alt und immer noch ein Lernender, führte den alten Mann vom blutigen Altar fort. Der kunstvoll goldverzierte Dolch, dessen Griff die Götterdreiheit Teutates, Taranis und Esus zeigte, blieb auf der Altarfläche liegen. Dunkles Rot klebte an der Klinge. Der Schüler führte den Druiden, dessen weißes Gewand fleckenlos geblieben war - er wußte, wie er zu schneiden hatte, um das Ritual des Sehens sauber auszuführen -, zum Zelt des Anführers. Centorix hatte ein paar Stühle vor dem Eingang aufstellen lassen; was zu beraten war, durfte und sollte jeder erfahren, und Ratschläge von Zuhörern waren immer willkommen. Der Druide sank auf den Stuhl rechts neben Centorix, der älteste der Barden nahm zur Linken des Anführers Platz.
    »Was hast du gesehen, Druide?« fragte Centorix nach angemessener Wartezeit.
    Caxatos wirkte verwirrt. »Ich bin nicht sicher, mein Freund«, sagte er. »Es wäre besser, wenn ich noch einen Römer hätte. Dieser wußte nichts über die Pläne seiner Oberen. Vielleicht haben sie selbst noch nicht entschieden, warten noch auf die Berichte ihrer anderen Spione.« Er räusperte sich. »Wirklich bedauerlich, daß die Männer nicht noch mehr von ihnen fangen konnten.«
    Kendan, der in der Nähe stand und zuhörte, hob die Brauen. Die Römer waren gut darin, sich zu verbergen. Zwar nicht so gut wie ein Helvetier, aber diesen hier zu erwischen, war eher ein Zufall gewesen. Und nun gab es ihn nicht mehr. Kendan erinnerte sich an seine verzweifelten Schreie, als er begriff, was ihm bevorstand, und ihn schauderte. Es -mußte furchtbar und hoffnungslos sein, seinen Tod zu sehen und dabei zu wissen, daß man nicht wiedergeboren wurde. Die Kelten hatten es da besser. Immerhin, der Römer hatte sich lange an sein Leben geklammert; er wimmerte noch, als man ihn schließlich in den Feuerschacht des Taranis gab. Um so erstaunlicher schien es Kendan, daß der Druide so wenig gelesen haben wollte, hatte er doch vergleichsweise viel Zeit gehabt.
    Caxatos räusperte sich. »Da war etwas anderes, das stärker war«, sagte er leise. »Eine Gefahr… doch ich konnte nicht erkennen, woher sie kommt. Ich sah etwas Schwarzes.«
    »Vielleicht greifen die Römer bei Nacht an und schwärzen sich ihre Gesichter und die Rüstungen mit Ruß, um nicht von uns gesehen zu werden.«
    »Römer greifen niemals bei Nacht an«, widersprach Centorix dem Barden, der unverdrossen weiter an seinem Weidenstab schnitzte und eine Flöte daraus zu machen versuchte. Auffordernd sah er den Druiden an. »Es muß eine andere Bedeutung haben. Du solltest die herausfinden.«
    »Dazu brauche ich ein weiteres Opfer«, sagte er. »Aber wir haben keinen Römer mehr.« Sinnend schaute er zu Kendan hinüber, dann erhob er sich von dem Stuhl.
    »Es ist zu spät. Die Dunkelheit naht. Taranis könnte nur noch das Licht des Feuers sehen, nicht aber den Schatten des Rauches. Wir werden erleben, was uns Teutates am Tag nach dieser Nacht bescheren wird.«
    »Die Nacht«, brummte der Barde. »Sie ist schwarz. Es werden diesmal keine Sterne leuchten. Vielleicht hat unser Druide das gesehen.«
    »Du glaubst, der Nacht wird kein Tag mehr
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