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0515 - Der mordende Wald

0515 - Der mordende Wald

Titel: 0515 - Der mordende Wald
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Schokolade zu. Der alte Diener zog sich zurück, um ein paar Tafeln herbeizuschaffen. Zamorra ließ sich Cristofero gegenüber in einem anderen Sessel nieder.
    »Nicole hat recht«, sagte er. »Wieso sind Sie noch hier, wenn Ihr Zauberer den Weg zurück endlich gefunden hat?«
    Dabei sah er auch den Gnom an. Der senkte hastig den Kopf. Ohne Erlaubnis seines Herrn würde er so oder so nicht über seine Aktionen und Erfolge reden - zumindest nicht in dessen Gegenwart.
    Seit die beiden durch die Zeit hierher versetzt worden waren, war es beider Bestreben gewesen, wieder zurückzukehren. Aber bislang waren alle Versuche des Gnoms gescheitert. Unter normalen Umständen wäre es sicher kein Problem gewesen, den Zauber einfach rückwärts zu wiederholen - aber die Grundvoraussetzungen stimmten nicht mehr. Ein Drachendämon hatte seine Krallen im Spiel gehabt, war unschädlich gemacht worden - und dieser Faktor fehlte seither. [1]
    Der Gnom mußte also völlig neu anfangen mit seinen Berechnungen und Zauberformeln. Und zwei Jahre lang hatte er dabei einen Fehlschlag nach dem anderen hinnehmen müssen. Ein Wunder, daß er nicht längst frustriert aufgegeben hatte. Immerhin wurde ein körperlich durch Gestalt und Hautfarbe so gehandicapter Mensch wie er im Jahr 1994 eher toleriert als im Jahr 1673. Wenn dort nicht ein einflußreicher Adliger wie Cristofero die schützende Hand über ihn gehalten hätte, hätte man ihn sicher längst als Hexer auf dem Scheiterhaufen verbrannt - weniger seiner Zauberkunst wegen, sondern eher weil er anders aussah als die anderen Menschen. Er war eine unglückliche Mutation. Warum er verkrüppelt war und auch noch eine kohleschwarze Haut besaß, konnte selbst das Wissen des Jahres 1994 nicht erklären.
    Aber obgleich er wissen mußte, daß es ihm im 17. Jahrhundert schlechter gehen mußte als im 20., war er nach besten Kräften bemüht, eine Rückkehr zu versuchen.
    »Seht, deMontagne«, sagte Cristofero und rieb sich die rötliche Knollennase, »Ihr solltet Euch doch ein wenig mit Magie auskennen. Man muß an den Ausgangspunkt zurückgehen. Und das ist nun mal ein ganz bestimmter Raum hier in Castillo Montego.« So hatte er Château Montagne in seiner Zeit genannt und benutzte die spanische statt der französischen Bezeichnung auch jetzt noch. »Wir sind hier in Eurer Zeit erschienen, also müssen wir hier auch wieder zurückkehren. Es in Spooky-Castle oder sonstwo auf der Welt zu versuchen, dürfte zum Scheitern verurteilt sein, versteht Ihr? Es würde nicht funktionieren.«
    Zamorra nickte; deshalb also waren die beiden hier. »Sie wollen jetzt die Heimkehr versuchen?«
    Cristofero nickte. »Wären wir sonst hier? Nein, ich dachte, wir würden einen Abschiedstrunk miteinander nehmen, aber offenbar ist es besser, wenn wir uns sofort an den Zauber machen. Übrigens«, er kicherte, »ich werde versuchen, darauf einzuwirken, daß man Euch beziehungsweise Eure französische Vorfahrenlinie enterbt. Bin gespannt, was daraus wird.«
    »Es wird nicht funktionieren«, versicherte Zamorra. »Denn wenn es Euch gelungen wäre, säßen wir jetzt allesamt sicher nicht in diesem Raum.«
    »Diesmal denkt Ihr falsch, deMontagne, was ein Zeitparadoxon angeht«, kicherte Cristofero händereibend. »Denn es kann ja erst wirksam werden, wenn ich mich wieder in meiner Zeit befinde und es einleite. Nicht vorher.«
    »Sie haben sich gut in die Thematik eingearbeitet«, erkannte Zamorra.
    Cristofero grinste. »Mit irgendwas muß sich der tugendhafte Mensch ja an so langen wie langweiligen Winterabenden beschäftigen, wenn das Fernsehen kein vernünftiges Programm bietet. Äh, deMontagne, was haltet Ihr davon, mir eine Eurer pferdelosen Kutschen mitzugeben? Ich könnte damit viel rascher zwischen Castillo Montego und Versailles pendeln…«
    »Bis Ihnen das Benzin ausgeht«, spöttelte Zamorra.
    »Äh, ja, daran dachte ich eben nicht«, gestand Cristofero. »Aber mein treuer Diener würde da sicher ein Ersatzmittel erfinden. Nun denn, schreiten wir endlich zur Tat. Wo war noch gleich dieses Zimmer? Hach, wenn dieses Castillo nicht so furchtbar groß wäre… Roi Louis hat nicht nur einmal seinen Neid geäußert, von Richelieu ganz zu schweigen…«
    »War der nicht bereits tot, als es Sie hierher verschlug?« fragte Zamorra stirnrunzelnd.
    »Ich hoff’s, mein Bester. Ich hoff's«, seufzte Don Cristofero, arbeitete sich aus dem Sessel hervor wie ein Korken, der sich selbst aus der Flasche zieht, nur daß das »Plopp«
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