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051 - Die Hexe und ihr Henker

051 - Die Hexe und ihr Henker

Titel: 051 - Die Hexe und ihr Henker
Autoren: A.F.Morland
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Melissas Mutter mußte sich der Dorfarzt kümmern, nachdem sie einen Schwächeanfall erlitten hatte, und Melissas Vater saß zu Hause, hielt seit Stunden ein Foto seiner Tochter in Händen, starrte es unentwegt an und war unansprechbar.
    »Mr. Thook«, sagte Gareth Leplat und nickte dem buckligen Totengräber zu. »Fangen Sie an!«
    Barnabas Thook spuckte sich zunächst in die großen Hände. Dann griff er nach dem Spaten und begann mit der Arbeit. Richter Norton mußte zurücktreten, denn Thook achtete nicht so genau darauf, wohin er die Erde warf.
    Erstaunlich schnell buddelte sich der Totengräber in die Tiefe. Er wußte, wie man einen Spaten handhabte. Spätestens jetzt hätte jeder der Anwesenden eine kurze Verschnaufpause einlegen müssen, doch Barnabas Thook machte im gleichen Tempo weiter. Er schnaufte dabei rhythmisch und schleuderte die Erde auf den immer größer werdenden Haufen neben Farley Walpos Grab.
    Richter Norton richtete den Blick gen Osten, wo es allmählich hell wurde. Normalerweise schlief er noch um diese Zeit. Er war kein Frühaufsteher.
    Inspektor Leplat holte seine Zigaretten aus der Tasche und ließ die Packung reihum gehen. Nur Sergeant Rodwell nahm sich ein Stäbchen. Der Richter war wieder einmal dabei, sich das Rauchen abzugewöhnen. Wenn Gareth Leplat richtig mitgerechnet hatte, war es das neunte oder zehnte Mal.
    »Farley Walpo«, brummte der Totengräber, als wäre er allein auf dem Friedhof, denn dann redete er zumeist mit sich selbst. »So ein Unsinn. Natürlich ist er noch da.«
    »Er tut so, als würden wir ihn dafür verantwortlich machen, daß Colodner den Toten gesehen haben will«, sagte George Rodwell und blies den Rauch durch die Nasenlöcher aus. »Wen er einmal eingegraben hat, der darf nicht mehr zum Vorschein kommen.«
    »Der Meinung war ich bisher auch«, sagte Inspektor Leplat, »aber Colodners Aussage macht mich plötzlich unsicher.«
    Ein dumpfes Geräusch ließ die Männer aufhorchen. Sie blickten in das offene Grab. Von dem Sarg, in dem Farley Walpo gelegen hatte, waren nur noch kümmerliche Reste übrig.
    »Hier liegt er«, sagte Barnabas Thook und legte ein Skelett frei. »Hab' ich's nicht gesagt?«
    »Sind Sie sicher, daß das Farley Walpo ist?« fragte Sergeant Rodwell.
    »Wer sollte es sonst sein?«
    Der Sergeant erinnerte sich, daß Walpo nach dem Sturz von den Klippen nicht mehr zu erkennen gewesen war, aber anhand seines Gebisses identifiziert werden konnte.
    »Links oben fehlt der Weisheitszahn«, sagte George Rodwell, »und der Dreier rechts oben ist ein Stiftzahn.«
    Barnabas Thook untersuchte den Totenschädel. »Stimmt genau, Sergeant.«
    »Dann liegt in diesem Grab eindeutig Farley Walpo«, meinte Richter Norton.
    »Sag' ich doch«, meldete sich der Totengräber, an dessen Meinung anscheinend niemand interessiert war.
    Inspektor Leplat kratzte sich am Hinterkopf. »Wie kann Herb Colodner eine so genaue Beschreibung von Walpo geben, wenn er ihn nicht gesehen hat? Wie kann er gleichzeitig diesen goldenen Ornamentanhänger beschreiben, der Lord Jeremy gehört? Hier paßt doch eines nicht zum andern.«
    »Also daß Lord Jeremy etwas mit dem Mord zu tun hat, möchte ich von vornherein ausschließen«, sagte Richter Norton. »Ich gebe zu, Lord Jeremy Barrington ist ein etwas kauziger Mensch, aber wenn wir allen Menschen, die ein bißchen seltsam sind, einen Mord in die Schuhe zu schieben versuchten, wären Englands Gefängnisse mit Unschuldigen überfüllt.«
    »Wie geht's denn nun weiter?« rief Barnabas Thook aus der Tiefe des Grabes herauf. »Das ist meine erste Exhum… Exhumie… Graböffnung. Wie lange muß es offenbleiben?«
    »Sie können es wieder zuschütten«, sagte Inspektor Leplat.
    »Das war alles?« fragte Thook enttäuscht.
    »Nachdem wir uns davon überzeugt haben, daß Farley Walpo tatsächlich in diesem Grab liegt, besteht kein Grund mehr, es offenzulassen.«
    Thook bat den Sergeant, ihm aus der Grube zu helfen, dann stieß er den Spaten in das aufgehäufte Erdreich, blickte den Inspektor und den Richter an und sagte: »Letzte Gelegenheit, meine Herren. Wenn Sie noch etwas überprüfen wollen, tun Sie's jetzt.«
    »Schaufeln Sie's zu«, sagte George Rodwell.
    »Tja, dann kann ich ja nach Hause fahren«, meinte Richter Norton. »Oder brauchen Sie mich noch, Inspektor?«
    »Ich danke Ihnen für Ihre Mühe«, sagte Gareth Leplat.
    »Der Mord wird Ihnen schlaflose Nächte bereiten, nicht wahr?«
    »Die erste schlaflose Nacht habe ich
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