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05 - Der Conquistador

05 - Der Conquistador

Titel: 05 - Der Conquistador
Autoren: Manfred Weinland
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Hauptmast war nur ein zersplitterter Stumpf geblieben, der in der Schiffsmitte aufragte. Alles andere hatte der Sturm längst von Bord gefegt. Vielleicht hatte das Schiff deshalb solche Schlagseite. Wahrscheinlicher aber schien selbst dem Mönch, dass es längst leckgeschlagen war und sich immer schneller mit Wasser füllte.
    Vielleicht war es diese Erkenntnis, die ihn dazu brachte, die Schaluppe zu besteigen. Juan half ihm dabei. Und stieg selbst zu.
    Wenig später sauste das Beiboot nach unten. Männer legten sich in die Riemen und versuchten Abstand zwischen sich und die Santa María zu bringen.
    Als Diego sich umblickte, sah er, dass der Kapitän doch nicht auf der Karavelle geblieben war – heiser bellte er seine Befehle, unterstützt vom Steuermann, der am anderen Bootsende Platz genommen hatte.
    Juan zeigte Diego, wo er sich festhalten, besser noch fest binden sollte. Weiter und weiter entfernte sich die Schaluppe von der Santa María , auf der Diego immer noch Gestalten herumirren sah.
    Ich nehme einem von ihnen den Platz weg , machte Diego sich bewusst. Aber das hatte Gott so entschieden. Er klammerte sich an den Gedanken wie an einen Strohhalm und hoffte auf ein Abflauen des Sturms.
    Die Santa María war längst verschwunden, entweder untergegangen oder von den Wellen entführt, als Diegos Hoffnung auf Rettung jäh zerbrach.
    Ein Blitz schlug in die Schaluppe ein. Diego sah noch, wie der Kapitän und zwei, drei andere im Bug sich in lebende Fackeln verwandelten, bevor sie über Bord gingen. Dann wurde auch er selbst aus dem Boot geschleudert und von einer Woge in die Tiefe gedrückt.
    Seine Lungen füllten sich bei dem Versuch, Atem zu holen, mit Wasser. Unaufhaltsam breitete sich das Leichentuch des Todes über seinen Geist.
    Aus!
    Aus und vorbei …
    ***
    Sonne?
    Diego de Landa traute seinen Augen nicht, als er wieder zu sich kam und die bleischweren Lider mit übermenschlicher Anstrengung hob.
    »Da staunst du, Mönchlein, was? Aber der da oben …«, Juan schnitt eine Grimasse und zeigte hinauf zum azurblauen Himmel, »…  scheint ein Einsehen mit uns armen Sündern zu haben!« Der Mann mit dem halben Dutzend Narben, die sich über Kinn und Wangen verteilten, lachte heiser.
    Diego versuchte sich aufzurichten. Sofort wurde ihm schwindelig. Er legte sich wieder nach hinten in den nassen Sand. Seine Füße wurden von Wellenausläufern umspült.
    Dass er immer noch am Leben war und auch noch Land erreicht hatte, mutete ihm wie das Wunder an, um das er gefleht hatte. Er bekreuzigte sich und murmelte ein Dankgebet.
    Juan schnaufte ungeduldig. »Mach schneller, Mönch. Das ist nicht das Paradies. Nicht mal der Alte weiß, wo es uns angespült an.«
    Diego beschattete die Augen und blickte zu Juan auf. Er folgte der Richtung, in die das Narbengesicht nickte. Als er sich etwas zur Seite drehte, entdeckte er unweit eine Gruppe von Männern, die im Sand hockten und sich wild gestikulierend unterhielten. Der Steuermann war der Wortführer.
    Diego zählte und kam zu dem Schluss, dass ungefähr die Hälfte derer, die sich in die Schaluppe gerettet hatten, noch am Leben war. Vom Boot selbst gab es bis auf ein paar über den Strand verteilte Bretter keine Spur.
    Barbarisches Gebrüll ließ ihn zusammenfahren. Jemand rief: »Vorsicht – Wilde!«, dann zischten auch schon die ersten Pfeile durch die Luft.
    Einer davon traf Diego de Landa in die Brust. Er sackte zusammen, ohne aber das Bewusstsein zu verlieren.
    Aus dem strandnahen Gehölz stürmte eine gut zehnfache Übermacht. Geschmeidige, fast nackte Körper, deren Haut über und über mit Linien und Mustern bedeckt war. Sie flogen fast so schnell heran wie die von ihnen abgefeuerten Pfeile.
    Diego sah noch zwei Matrosen in seiner Nähe zusammenbrechen, dann war der kleine Haufen Überlebender auch schon von Eingeborenen umzingelt, denen die Gottlosigkeit buchstäblich ins Gesicht geschrieben stand. Neben Pfeil und Bogen waren die Angreifer mit allerlei Schlagwaffen ausgerüstet, nicht nur einfache Keulen, sondern auch Äxte und Speere. Manche trugen sogar Schilde aus Tierhaut, Holz oder Oberflächen, die wie gewebte Teppiche aussahen.
    Diego de Landa war entsetzt und fasziniert zugleich. Die Einheimischen verständigten sich mit gutturalen Lauten, wie der Mönch sie niemals zuvor gehört hatte. Langsam schloss sich der Kreis, den die heidnischen Wilden um die Spanier gebildet hatten.
    Die ganze Zeit wich Juan nicht von Diegos Seite, was der Mönch ihm hoch
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