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0498 - Die Totentänzerin

0498 - Die Totentänzerin

Titel: 0498 - Die Totentänzerin
Autoren: Jason Dark
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angegeben.
    »Bitte«, sagte ich.
    Wenig später umkurvten wir den Hyde Park an seiner Ostseite. Selbst aus dem fahrenden Wagen war zu erkennen, wie voll der Park war. Halb London schien sich hier versammelt zu haben, um Sonne oder auch Schatten unter den schützenden Baumkronen zu suchen.
    »Wir werden in Soho bleiben«, erklärte mir der Jackenträger. »Da kennen Sie sich doch aus - oder?«
    »Es geht.«
    In Soho gibt es nicht nur den reinen Vergnügungs-Zirkus, hier wohnen auch zahlreiche Menschen in völlig normalen Häusern. Manche waren renoviert worden, andere sahen noch so aus wie vor 100 Jahren. Dazwischen standen auch die Wohnsilos, und auch mein Appartement lag an der direkten Grenze zu Soho.
    Ich konnte das hohe Haus sogar sehen, so nah rollten wir an ihm vorbei.
    Unser Ziel lag jedoch woanders. In einer schmalen Straße, die selbst im Schein der Sonne noch düster wirkte, weil sie einfach zu eng war. Ich mußte die Straße durchfahren und den Wagen dann durch eine Einfahrt in einen Hinterhof lenken, in dem kein einziger Grashalm wuchs, der ein wenig Farbe gebracht hätte. Zudem war das Geviert menschenleer.
    »Anhalten und aussteigen!«
    Ich stoppte vor einer Hausmauer, peilte durch die Frontscheibe nach oben und sah die schmutzigen Fenster. Einige Scheiben waren sogar zerstört. Hier wohnte niemand mehr, höchstens ein paar Penner in der Nacht.
    »Das wird bald abgerissen«, erklärte der Behaarte. Er stieg als erster aus und baute sich so auf, daß ich, wenn ich den Rover verließ, in die Mündung seiner Waffe schaute.
    Gegen die beiden Kanonen hatte ich keine Chance. Die Luft in diesem schmutzigen Hof war kaum besser als die im Wagen. Wenn ich atmete, hatte ich das Gefühl, sie zu trinken.
    Von zwei Seiten bedrohten mich die Pistolen. »Wohin jetzt?« fragte ich den Behaarten.
    »Direkt vor dir befindet sich der Eingang.«
    Mehr war es auch nicht. Die Tür fehlte. Dahinter begann ein düsterer Flur. Eigentlich ein idealer Ort, um jemand niederzuschießen. Ich fühlte mich noch unwohler.
    Vor den beiden Mündungen marschierte ich her. Der Flur stank, aber es war etwas kühler. Graues Dämmerlicht erfüllte ihn. Spinnweben streiften mein Gesicht, die Wände hatte jemand bemalt und bekritzelt. Die Sprüche besaßen allesamt einen pornographischen Inhalt.
    »Muß ich auch die Treppe hoch?« fragte ich.
    »Klar, bis zum ersten Stock.«
    »Das ist nett.«
    »Keine Kondition, Sinclair?«
    »Nach diesem Tag und bei so einem Wetter, da werden selbst Polizisten leicht matschig.«
    Hinter mir klang ein Lachen auf. »Ja, ihr Bullen seid auch nicht mehr so gut wie früher.«
    »Man wird eben älter.«
    Die Treppe wirkte auf mich so, als wollte sie mir eine Frage stellen. Soll ich oder soll ich nicht zusammenbrechen? Durch irgendein Loch in Höhe des ersten Absatzes sickert Helligkeit und verteilte sich auf den ausgetretenen, rissigen Stufen.
    Ich vertraute der Treppe. Hinter mir schlichen die beiden Entführer. Auch ihre Sohlen schleiften über die Stufen und zertraten dort kleine Steine und Dreckkrumen.
    »Sind Sie sicher, daß wir uns hier am richtigen Ort befinden?« fragte ich sicherheitshalber.
    »Und wie.«
    »Sie müssen es ja wissen.«
    »In der ersten Etage halten Sie an!« erklärte der Behaarte. »Und versuchen Sie keine Tricks.«
    »Wie käme ich dazu. Goldene Kanonen, die auf mich gerichtet sind, waren noch immer ein gutes Argument.«
    Das Lachen hörte sich spöttisch an. »Kann ich mir vorstellen. Sogar Bullen sind manchmal vernünftig.«
    Ich hatte das Ziel erreicht und sah vor mir die ersten vier Türen. Das heißt, drei von ihnen waren nicht mehr vorhanden. Selbst Fragmente hingen nicht mehr im Rahmen.
    Die beiden hatten mich in die Mitte genommen. »Es ist die noch heil gebliebene Tür.«
    »Soll ich jetzt?«
    »Ja!«
    Die Tür brauchte nicht erst aufgeschlossen zu werden. Ich drückte die Klinke nach unten und konnte einen Raum betreten, in dem es zwar zog, aber trotzdem düster war. Der Wind wehte durch ein scheibenloses Fenster, vor dem allerdings ein dunkles Stück Stoff hing, das die Ausmaße der Scheibe besaß.
    Dann spürte ich den Druck. Von der linken Seite her kam der Schatten, die kalte Mündung berührte meine Wange, und die flüsternde Stimme sagte: »Neben Ihnen steht ein Stuhl. Auf dem lassen Sie sich nieder und rühren sich nicht!«
    »Klar.«
    Der Jackenträger hatte nicht gelogen. Ich setzte mich auf die harte Fläche und spürte gleichzeitig den harten Druck der Mündung.
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