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0490 - Feuerschädel

0490 - Feuerschädel

Titel: 0490 - Feuerschädel
Autoren: Werner Kurt Giesa
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wohl oder übel irgendwo untergebracht werden. Vor über dreihundert Jahren hatte Château Montagne Cristofero gehört, der zur spanischen Linie von Professor Zamorras Vorfahren zählte. Deshalb glaubte Cristofero ein verbrieftes Recht darauf zu haben, auch jetzt im Château zu wohnen. Vorübergehend hatte Zamorra versucht, ihn bei seinem Freund, dem Earl of Pembroke, unterzubringen. Doch dem Earl war der Don alsbald auf den Geist gegangen - eine recht passende Formulierung, fand Zamorra, denn Pembroke Castle war eine Art Gespenster-Asyl. Wie auch immer - der Earl hatte Don Cristofero vor die Tür und ins Flugzeug gesetzt und nach Frankreich zurückexpediert. Und damit Zamorra den Schwarzen Peter wieder zugeschoben.
    Weil Cristofero dazu neigte, allerlei Unfug anzustellen, und zu allem Überfluß auch noch ein Tagmensch war, versuchte Zamorra jetzt, seinen Rhythmus umzustellen, zumindest solange, bis er eine andere Möglichkeit fand, Cristofero unterzubringen, oder derselbe endlich zurück in seine Zeit ging. Derzeit war aber das Platzen eines Kaffeesacks im nördlichen Brasilien erheblich wahrscheinlicher als eine der beiden anderen Möglichkeiten.
    Zamorra verzog das Gesicht.
    Er vermißte Nicole.
    Wenn sie beide gerade mal nicht irgendwo in der Welt unterwegs waren, sondern ein paar Tage oder sogar glücklich lange Wochen im Château Montagne zubringen konnten, zog sich Nicole zwar auch hin und wieder in ihre eigene Zimmerflucht zurück. Aber dennoch war man dann zumindest bei »Tage« zusammen. Jetzt aber befand sie sich durchgehend in Rom, und der Kontakt beschränkte sich auf Telefonate. Das tat Zamorra schon weh, und er fragte sich, wie Nicole diese zeitweilige Trennung ihrerseits empfand. Dennoch er konnte sie gut verstehen; ihm selbst ging sein Ahnherr ebenfalls gewaltig auf die Nerven. Nur konnte Zamorra nicht so einfach das Feld räumen.
    Erfreulicherweise waren in der Zwischenzeit keine Probleme aufgetreten, die seines Eingreifens bedurften. So konnte er ständig vor Ort bleiben und Cristofero weiterhin auf die Finger klopfen.
    Aber jetzt dieser Traum!
    Nachtschwärze über einem Friedhof! Die Inschrift auf dem Grabstein!
    Sir Bryont Saris ap Llewellyn!
    Es war eigentlich kein Wunder, daß Zamorra vom Grab seines schottischen Freundes träumte. Lord Saris würde bald sterben. Es blieb nicht mehr viel Zeit, und vielleicht war dieser Traum als ein stummer Ruf zu verstehen, daß Zamorra eines seiner Versprechen wahrnahm und noch ein paarmal zu Besuch kommen sollte, ehe der Todestag kam.
    Aber gerade dieser Todestag - er stimmte nicht!
    Er war zu früh!
    Und das war es, was Zamorra erschreckte. Er erhob sich aus dem Bett, war hellwach und wechselte hinüber in sein Arbeitszimmer. Dort griff er zum Telefon und meldete ein Auslandsgespräch an. Er wußte, daß er erst wieder einigermaßen Ruhe finden würde, wenn er die Stimme des Lords vernahm.
    Und es interessierte ihn herzlich wenig, daß es fast Mitternacht war.
    ***
    Roy Thurso schmeckte der Whisky nicht mehr, weil Rhu Mhôrven sich ausgerechnet neben ihm an der Theke aufgebaut hatte. Thurso zahlte und machte, daß er nach draußen kam. Wieso Mhôrven keine Nässe-Spur auf dem Holzfußboden hinterließ, war nicht nur ihm unheimlich. Allerdings war er an einer Antwort auf diese unausgesprochene Frage noch weniger interessiert. Er bedauerte Keith Ulluquart, der nicht einfach so flüchten konnte wie seine Gäste, denen Mhôrven so viele Rätsel aufgab.
    Draußen war es fast stockdunkel. Die Schneewolken am Himmel schluckten das Sternenlicht. Der Winter war früh gekommen in diesem Jahr der Naturkatastrophen. Mittlerweile lag die Schneedecke bereits fast zehn Zentimeter hoch. Thurso sog schnüffelnd die Luft ein; er hatte ein gutes Gefühl für das Wetter und war sicher, daß gegen Morgen ein Temperaturanstieg kommen würde, der die Schneedecke wieder wegschmolz. Morgen würde es jedenfalls nicht frostkalt sein. Eine Wetterveränderung stand bevor.
    Aber jetzt mußte er erst einmal durch den Schnee.
    Er stutzte.
    Seine eigenen Fußstapfen waren zu sehen, ebenso die Spuren des Gastes, der vor Rhu Mhôrvens Eintreffen förmlich geflohen war.
    Aber es gab keine frischen Spuren, die zum Pub hin führten! Dabei war Mhôrven doch gerade erst eingetroffen!
    Schwebte der Alte doch, anstatt zu gehen?
    Thurso wurde es noch unheimlicher zumute. An seinen Whisky, den er unausgetrunken zurücklassen mußte, dachte er längst nicht mehr. Der würde schon nicht abstehen -
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