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0489 - Die Spinnenhöhle

0489 - Die Spinnenhöhle

Titel: 0489 - Die Spinnenhöhle
Autoren: Werner Kurt Giesa
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geworden! Nichts Aufregendes mehr… Hach, was waren das noch prachtvolle Zeiten, als uns die Genossen vom KGB noch bei jeder Handbewegung mißtrauisch über die Schulter schauten und wir uns so wunderbar anstrengen konnten, sie hinters Licht zu führen! Trinken Sie auch ein Schlückchen mit, Fedor Martinowitsch?«
    »Nein, danke!« erwiderte Dembowsky. Der Parapsychologe nahm das letzte heilgebliebene Glas und füllte es zwei Fingerbreit hoch mit Wodka. »Wäre auch schlecht gegangen«, bemerkte er launig. »Einer von uns beiden hätte aus der Karaffe trinken müssen, und das wäre nun wirklich nicht stilvoll. Na sdarowje, Towarischtsch! Auf die Freiheit, die wir nicht mehr missen wollen, obgleich sie uns jedes Jahr mehr Rubelchen kostet!«
    Er nippte nur am Glas; Saranow war kein Trinker. Daß er schon vor Mittag ein Gläschen zu sich nahm, war ungewöhnlich.
    Er setzte das Glas auf die Platte des Arbeitstisches, griff noch einmal in den Schrank und holte die türkisfarbene Spinne heraus. Es polterte dumpf, als sie neben dem Wodkaglas landete. Dembowsky wich mißtrauisch ein paar Schritte zurück.
    »Keine Sorge, sie beißt nicht«, versicherte Saranow. »Steine können das nicht. Sie sollten sich das Prachtstück einmal näher anschauen.«
    »Ich kann mich gerade noch beherrschen«, gab Dembowsky zurück, der eine tiefe Abneigung gegen alles hatte, das auf acht Beinen die Welt durchwanderte. Immerhin sah er, daß diese Steinfigur eine äußerst kunstvolle Arbeit darstellte. Er begriff nicht, daß Saranow das Risiko eingegangen war, die Spinne zu werfen. Immerhin wußte er doch, wie sein Assistent auf diese Biester reagierte! Und daß keines der filigranen Beine abgebrochen war, war noch unbegreiflicher.
    Der Parapsychologe schien Dembowskys Gedanken gelesen zu haben. »Nicht kaputtzukriegen, das Prachtstück. Ich hab’ schon mit dem Hammer drauf herumgekloppt. Aber die Schläge haben nicht einmal leichteste Kratzspuren auf der Oberfläche hinterlassen. Und fühlen Sie mal, wie schwer die Spinne ist.«
    Dembowsky tat ihm den Gefallen nicht. Auch steinerne Spinnen waren ekelhaft. Und die lässige Ausdrucksweise seines Professors ließ auch erheblich zu wünschen übrig. »Was ist denn an diesem garstigen Untier so interessant? Warum haben Sie es sich angeschafft? Wollen Sie’s über Ihre Wohnungstür hängen, damit kein Handelsvertreter mehr zu Ihnen kommt?«
    Saranow setzte sich wieder. Er hob die Spinne auf und klopfte damit mehrmals auf die Tischplatte. »Schwer wie Stahl«, murmelte er. »Vielleicht ist das spezifische Gewicht sogar noch höher. - Nein, Brüderchen Fedor, ich habe mir dieses Spinnentier nicht angeschafft. Wassilij hat es mitgebracht.«
    »Die Zigarre?« ächzte Dembowsky. »Der schleppt auch jeden Mist ins Haus, den er finden kann!«
    Wassil Davidoff, von Kollegen wegen seines Namens spöttisch »Die Zigarre« genannt, gehörte seit ein paar Wochen als dritter Mann zu Saranows Team. Sein Übereifer war inzwischen berüchtigt; der 24jährige schlaksige Mann aus dem Ural, mit frischem Examen in der Tasche, glaubte unbedingt so schnell wie möglich profilieren zu müssen. Vor einem Jahr war er noch Student an der Universität von Moskau gewesen; jetzt gehörte er zum angeschlossenen Institut für Parapsychologie. Einmal hatte Saranow ihn in seinen Vorlesungen gehabt - was an sich schon ein halbes Wunder war, denn durch seine Psi-Forschungen in Akademgorodok, teilweise im KGB-Auftrag, hatte Saranow nur selten Gelegenheit gehabt, an einer Universität zu lehren. Meistens war es ihm als Geheimnisträger sogar ausdrücklich untersagt gewesen. Dabei gehörte er weiterhin beiden Instituten als führender Mitarbeiter an, doch leider schlug sich das nicht in seiner Gehaltsabrechnung nieder. Die Rubelchen rollten immer noch nur aus Moskau. Immerhin hatten sie ihm seit Kurzem einen Dienstwagen zur Verfügung gestellt. Einen schwarzen Tschaika, aus dem Regierungsfuhrpark ausgemustert, weil er zwar schön groß war, aber zuviel Sprit verbrauchte. Und Saranow hatte man klar gemacht, daß er und sein Team den Wagen zwar selbstverständlich jederzeit benutzen konnten, für Benzin- und Wartungskosten aber zunächst in Vorlage treten mußte, um die entstandenen Kosten später erstattet zu bekommen. Mittlerweile ging das Gerücht, zum Jahreswechsel werde das Abrechnungssystem von den tatsächlichen Kosten auf eine Kilometerpauschale umgerechnet - und die orientierte sich an Lada und allenfalls Mercedes oder Volvo,
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