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0489 - Die Spinnenhöhle

0489 - Die Spinnenhöhle

Titel: 0489 - Die Spinnenhöhle
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Schwachsinn, Genosse Fedor?«
    Der winkte ab. »Vielleicht sollte man den Koffer vorsichtshalber noch verlöten und mit Blei ummanteln.«
    Saranow lachte leise. »Kommen Sie - solange Sie die Figur nicht sehen, können Sie sich auch nicht vor ihr ekeln.«
    »Allein das Wissen, daß ich sie in meiner Nähe habe, reicht«, sagte Dembowsky unbehaglich.
    »Sie gewöhnen sich schnell daran«, versicherte Saranow. »In der Zwischenzeit werde ich mal ein Ferngespräch nach Frankreich anmelden. Vielleicht weiß unser Freund und Kollege Zamorra etwas über diese beiden Spinnen. Immerhin besitzt er meines Wissens nach das größte Archiv über derlei Dinge. Wenn jemand etwas in Erfahrung bringen kann, dann ist er es.«
    ***
    Kirsten Simban hatte im Laufe ihrer Berufsjahre gelernt, auf dem Informationsklavier zu spielen. Vom Redaktionsbüro aus, das sie sich mit einem Kollegen und einer Kollegin teilen mußte, telefonierte sie herum.
    »Kirsten, du sprengst den Etat!« glaubte Hani Schneyder sie warnen zu müssen. »Das muß ja eine Bombenstory sein, an der du arbeitest, wenn du gleich Hunderte von Rand in Form von Auslandsgesprächen verpulverst!«
    Aus der Redaktionsverwaltung kam auch Protest. »Simban, können Sie die Unsummen, die Sie für Ihre Gespräche ausgeben, auch wenigstens halbwegs rechtfertigen?« wollte Karellen wissen, der Mann mit der Hornbrille, der sechsstellige Zahlen im Kopf miteinander multiplizieren konnte und als Finanzgenie die Zeitung über Wasser hielt.
    »Und ob ich kann, Karellen! In einer Woche haben Sie die heißeste Story, die jemals gesponnen wurde!« versicherte Kirsten. »Aber jetzt muß ich noch einmal mit Rom und auch mit Moskau telefonieren, und es wäre nett von Ihnen, wenn Sie endlich ein Machtwort sprächen, damit mir die Telefonzentrale die Leitungen freischaltet!«
    »Die Anweisung, Sie vorerst nicht mehr zu vermitteln, kam von mir!« unterrichtete Karellen sie. »Okay, Simban, diese beiden Gespräche noch, aber danach haben Sie Resultate vorzuweisen! Und fassen Sie sich nach Möglichkeit kurz.«
    »Sie feuern dich!« prophezeite Hani Schneyder. »Himmel, du hast doch einen klaren Aufgabenbereich, und der beschränkt sich auf Lokalberichterstattung. Wieso telefonierst du dazu die halbe Welt zusammen?«
    »Weil diese lokale Story einen internationalen Hintergrund hat!« erwiderte Kirsten kühl und dachte nicht daran, ihrer Kollegin auch nur die geringste Andeutung zu machen. Ihren Chefredakteur hatte sie auch mit vagen Worten hingehalten - vorläufig. Sie wollte nicht, daß ihr jemand die schon sichere Beute wieder aus dem Netz schnitt.
    Sie telefonierte mit Rom, und sie telefonierte mit Moskau. Das dauerte eine Weile, weil in Moskau erst ein Übersetzer herangeholt werden mußte. Aber schließlich tauchte Kirsten persönlich in Karellens Büro auf.
    »Ich brauche ein Flugticket nach Rom, Italien!« verlangte sie.
    Karellen erhob sich. Er schob die Hornbrille über die knollige Nase ein Stück abwärts und fixierte die Reporterin über den breiten Rand hinweg. »Meinen Sie nicht, Simban, daß Auslandsreisen eher unseren Ausländskorrespondenten zustehen? Einen Wagen können Sie jederzeit kriegen, aber kein Flugzeug!«
    »Ich will ja auch kein ganzes Flugzeug, sondern nur ein Ticket nach Rom! Die Spur ist heiß, Karellen!«
    »Das Ticket sehen Sie nur von weitem!« behauptete Karellen. »Wir haben einen Kollegen in Rom. Geben Sie die Story an ihn weiter und teilen Sie sich den Profit. Und während Ihr Kollege dort recherchiert, kümmern Sie sich wieder um Ihr Ressort, die Lokalpolitik!«
    »Ihr letztes Wort, Karellen?«
    »Mein allerletztes! Und wenn Ihnen das nicht gefällt, kann unsere Zeitung auf Spesenritter wie Sie gern verzichten!«
    Kirsten Simban verließ das Büro. Sie verließ das Verlagsgebäude. Sie nahm nicht einmal Urlaub. Sie fälschte nur Karellens Unterschrift auf einer Vollmacht, die sie unbemerkt eingesteckt hatte, während Karellen für einen Moment abgelenkt war. Wie sie den geschwungenen Schriftzug zu kopieren hatte, wußte sie nur zu gut.
    Die Vollmacht reichte aus. Kirsten Simban bekam ihr Flugticket und saß ein paar Stunden später in der nächsten Maschine, die über das erdbebengeschädigte Kairo und über Athen nach Rom flog.
    Sie hatte das Glück, einen Fensterplatz zu bekommen. Während sie nach draußen sah, kam ihr eine verrückte Idee. Mit dem Lippenstift zog sie feine Linien auf das Fensterglas. Ein Spinnennetz-Muster.
    Ihr Fuß schmerzte schon lange
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