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0485 - Whisper - der Staubgeist

0485 - Whisper - der Staubgeist

Titel: 0485 - Whisper - der Staubgeist
Autoren: Jason Dark
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Staubwüste gleißte das Sonnenlicht. Es fiel auch auf die Kristalleinschlüsse und ließ sie funkeln.
    Ich hatte eine Gänsehaut bekommen und hörte Suko fragen:
    »Kann das wahr sein, John?«
    »Ja, es ist wahr.«
    »Verdammt, ich kann es einfach nicht glauben. Das… das ist mir zu hoch, ehrlich.«
    »Was willst du machen? Aus einer Stadt wurde Staub und Sand.«
    »Und die Menschen? Haben die sich ebenfalls aufgelöst?«
    »Es sieht so aus«, erwiderte ich kratzig.
    »Wie ist es mit den Autos, den Tieren, den Motorrädern, all den Gegenständen, die wir zur sogenannten Zivilisation zählen. Wo sind sie? Haben sie sich ebenfalls aufgelöst?«
    »Ich kann es dir nicht sagen, Suko.« Die Sonne brannte mir in den Nacken, wo sich bereits eine Schweißschicht gebildet hatte, die ich wegwischte.
    Wenn der Wind über die Staub- und Sandfläche fuhr, wühlte er sie an einigen Stellen auf und ließ breite Fahnen in die Höhe steigen, die wie grüßend durch das Tal schwebten.
    Ein totes Stück Erde. Ein Gebiet, wo niemand mehr leben konnte oder leben wollte. Magisch verseucht und gleichzeitig magisch zerstört. Für mich ein Rätsel.
    Wie hatte der Abbé noch gesagt? Whisper, der Staubgeist, trug für dieses Grauen die Verantwortung. Sollte das stimmen, mußte er ein verdammt mächtiger Dämon sein.
    Suko dachte in diesen Augenblicken praktischer. »Ob wir da durchkommen, ist fraglich, John. Oder siehst du vielleicht eine Straße?«
    »Nein.« Ich drehte mich wieder um. »Überfliegen können wir es auch nicht. Laß es uns versuchen.«
    »Okay.«
    Als wir einstiegen, stellte der Abbé seine Frage. »Na, wie sieht es aus?«
    »Schlimm«, antwortete ihm Suko. Er hämmerte die Tür zu. »Verdammt schlimm. Es gibt den Ort nicht mehr. Wir haben nichts gesehen, nur ein Meer aus Sand und Staub.«
    »Ja, Whisper ist grausam.«
    Ich schlug mit der flachen Hand auf den Lenkradring. »Verflixt, Abbé, du redest von Whisper, als würdest du ihn kennen. Hast du Informationen zurückgehalten?«
    »Nein, ich gebe nur das weiter, was mir der Würfel berichtete, wenn ihr versteht.«
    »Ja, das stimmt, wir verstehen alles!« Ich war wütend, so klang auch meine Stimme. Die Wut ließ auch dann nicht nach, als ich anfuhr und den Rest der Kurve ziemlich schnell nahm.
    Das Tal lag links vor uns und erinnerte an eine gewaltige, mit feinem Sand gefüllte Schüssel. Hier war etwas Furchtbares und gleichzeitig Unerklärliches geschehen, aber kein Mensch ließ sich blicken, um es zu kontrollieren. Die Behörden taten nichts, man hatte nur die Bahnlinie vorübergehend stillgelegt, ansonsten war nicht reagiert worden. Das kam mir doch mehr als merkwürdig vor, und ich sagte es dem Abbé auch.
    »Vielleicht werden wir die Erklärung bekommen.«
    »Von Whisper etwa?«
    »Weshalb nicht?«
    »Dann sage mir, wo ich ihn finden kann. Wo steckt er? Wo kann ich ihn sehen?«
    »Du siehst ihn bereits, John.«
    »Toll und wo?«
    Der Blinde gab mir eine konkrete und dennoch ausweichende Antwort. »Jedes Staubkorn ist ein Stück von ihm. Whisper ist der Staubgeist, der Zerstörer, das weißt du. Sein Geist verteilt sich auf die kleinsten Teilchen. Reicht dir das?«
    »Nein.«
    »Dann kann ich dir auch nicht helfen.«
    Suko legte mir eine Hand auf die Schulter. »Reiß dich zusammen, John, du bist doch sonst nicht so.«
    »Ja, ich weiß, zum Teufel! Aber das hier geht mir bis über die Unterkante Oberlippe. So etwas darf doch nicht wahr sein. In welch einer verdammten Welt leben wir eigentlich?«
    »In einer von Schicksalen und Grausamkeiten gezeichneten Welt, mein Lieber.«
    »Das Gefühl habe ich mittlerweile auch.«
    Ich hatte die Scheibe an meiner Seite herabgekurbelt. Der Wind fuhr in den Wagen und wehte kreiselartig durch sein Inneres. Hier unten war es wesentlich wärmer als auf der Paßhöhe. Aber nicht nur der Wind blies gegen unsere Gesichter, auch die ersten Stauboder Sandkörner bekamen wir ab. Einmal fuhren wir durch eine lange Staubfahne, verließen sie wieder, mußten abermals eine Kurve nehmen und waren froh, daß wir die letzte vor dem verschwundenen Ort durchrollten.
    Alcoste hatte mal eine Hauptstraße besessen. Davon war nicht mehr viel zu sehen. Vor uns lag eine glatte, sandige Fläche, ein Stück Wüste mitten in Europa, ein Meer aus Sand, über das schwache Staubfahnen geweht wurden.
    Eigentlich hatte ich damit gerechnet, daß wir steckenbleiben würden. Das geschah nicht. Auf der Hauptstraße lag der Sand nicht so dick wie an den Rändern.
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