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0485 - Die Furie

0485 - Die Furie

Titel: 0485 - Die Furie
Autoren: Werner Kurt Giesa
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nie wieder finden würde. Er konnte und durfte nicht aufhören. Er mußte immer weiter machen, auch wenn er es gar nicht mehr wollte. Wenn er aufhörte, wurde der Alptraum wahr.
    Manchmal, in den Nächten, die er fürchtete, weinte der große Mann.
    ***
    Zamorra sah aus dem Panoramafenster seines Arbeitszimmers. Wenn er davorstand, war es, als befände er sich im Freien auf einem Balkon ohne Geländer. Von draußen dagegen deutete nichts auf die Größe dieser Fensterfläche hin. Da waren kleine Öffnungen mit Kreuzrahmen zu sehen und jede Menge Mauerwerk. Kleine Tricks wie das Verwenden von semitransparentem Material sorgten für diese Illusion, seit das Château nach seiner dämonischen Teilzerstörung vor einigen Jahren stilgerecht wieder restauriert worden war. Immerhin war Château Montagne ein Bauwerk, dessen Grundmauern rund tausend Jahre alt waren. Die Mischung aus Schloß und Burgfestung lag am Berghang über der Loire; von Zamorras Arbeitszimmer aus hatte man einen weiten Ausblick über das Loire-Tal.
    Es regnete in Strömen.
    Eine angenehme Seltenheit nach der anhaltenden Gluthitze dieses Sommers, der weite Teile Europas ausgedörrt und stellenweise für Wassernotstand gesorgt hatte. In der Folge waren verheerende Stürme über die ausgeglühten Landstriche gezogen. Das von Lyon aus verwaltete Rhône-Département, zu dem Château Montagne und die umliegenden Ortschaften gehörten, war von den Unwettern allerdings kaum in Mitleidenschaft gezogen worden. Statt dessen war der Pegel der Loire immer noch beängstigend niedrig, die Felder ausgetrocknet, und nur die Weinbauern triumphierten, weil die vielen Sonnentage einen Jahrhundertwein versprachen. Davon würde natürlich auch Zamorra profitieren, dem der größte Teil der Ländereien gehörte, die er an die Winzer verpachtet hatte. Nicht umsonst platzte der Weinkeller des Châteaus fast aus allen Fugen; das pachtzinsbegleitende Deputat war beachtlich.
    Zamorra schnipste einen schnellen Doppelschlag mit den Fingern; der Clapcomschalter reagierte und fuhr einen Teil der Fensterfläche zur Seite. Das Rauschen des Landregens drang jetzt in die Stille des Arbeitszimmers. Es war windstill draußen; die Tropfen fielen nahezu senkrecht herab. Zamorra spielte mit dem Gedanken, das Château zu verlassen und sich draußen einfach mal bis auf die Haut naßregnen zu lassen, einfach so zum Spaß. Lange genug hatte er auf den Regen gewartet. Selbst drüben im Süden der USA war es fast zu heiß gewesen. Nicole und er hatten sich in Florida aufgehalten, nachdem der Hurrikan ›Andrew‹ eine 65 Meilen breite Schneise der Zerstörung durch das Land gezogen und eine Viertelmillion Menschen obdachlos gemacht hatte. Robert Tendyke und seine Freunde hatten Glück gehabt; das Haus war kaum beschädigt, obgleich es im Sturmbereich gelegen hatte.
    Dafür hätte um ein Haar ein anderer dafür gesorgt, daß sie alle starben. Ein dämonisches Wesen hatte eine Möglichkeit gefunden, das weißmagische Schutzfeld um ›Tendyke’s Home‹ zu durchbrechen. Im letzten Moment hatte diese Gefahr abgewendet und die schwarzmagische Waffe vernichtet werden können, die aus einer anderen Zeitlinie heraus zugeschlagen und möglicherweise noch temporäre Irritationen ausgenutzt hatte, die von Merlins fatalem Silbermond-Experiment zurückgeblieben waren. Diese Gefahr, die sowohl Zamorra, Tendyke und die anderen in Florida als auch den gerade in Südafrika befindlichen Ted Ewigk berührt hatte, war ausgeschaltet; indessen rätselte Zamorra immer noch, welche dämonische Macht dafür verantwortlich war. Das hatte er nicht herausfinden können! Ausgerechnet auf Stygia, die Fürstin der Finsternis, tippte er nicht einmal im Traum!
    Wer Nicole und ihn kurz vorher auf der Yacht des Tendyke Industries -Geschäftsführers Rhet Riker hatte vernichten wollen, war dagegen klar. Die Parascience-Society, eine obskure Sekte, die unter dem Deckmantel wissenschaftlich orientierter Religion mit kriminellen und teilweise terroristischen Methoden wirtschaftliche und politische Macht anstrebte, hatte zum Gegenschlag ausgeholt und versucht, jene zu vernichten, die sich ihr in den Weg stellten.
    Es war gescheitert; Ermittlungen liefen. Aber Zamorra glaubte nicht, daß sie Erfolg hatten. Parascience unterwanderte längst auch Behörden. Die geldgierigen Seelenfänger, die ihren Neumitgliedern Hilfe in allen Lebenslagen versprachen, wurden immer mächtiger. Aber noch war es nicht zu spät, sie zu stoppen - hoffte Zamorra.
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