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0477 - Tanzplatz der Verfluchten

0477 - Tanzplatz der Verfluchten

Titel: 0477 - Tanzplatz der Verfluchten
Autoren: Jason Dark
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sich so, daß sie ihrem Herrn und Meister in den Rücken schauen konnten. Shalaka ging vor bis an den Rand des Feuers. Sein Körper war bis auf einen Lendenschurz nackt. Er hatte die Haut be- und übermalt. Streifen, Kreise, Dreiecke, Augen - Zeichen aus der alten indianischen Mythologie, mit denen ich nichts anfangen konnte, die aber für diese Menschen hier sehr wohl eine Bedeutung besaßen.
    Ich bekam eine Gänsehaut, und mich überlief es gleichzeitig kalt, als ich sah, wie dicht Shalaka vor dem Feuer stand. Der mußte ja von den Flammenspitzen einfach verbrannt werden.
    Sie strichen um Beine, Hüften und Brust, aber der große Shalaka ertrug die Schmerzen ohne ein Wort der Klage.
    Seine Krieger schauten ihn an, als er den linken Arm hob und ihn danach wieder senkte.
    Das Zeichen galt den Trommlern.
    Augenblicklich bewegten sie ihre Hände und schlugen mit den Flächen auf die Instrumente. Nicht sehr hastig, eher langsam, aber lauter als vorhin. Der wummernde Klang steigerte sich auch von Sekunde zu Sekunde. Im Zirkus erlebt man diese Art von Rhythmus immer dann, wenn sich eine Darbietung dem Höhepunkt näherte.
    So war es auch hier.
    Ich wußte, daß bald etwas geschehen mußte. Nicht ohne Grund hatte Shalaka diesen Platz eingenommen.
    Ich dachte darüber nach, was er vorhatte. Wer in dieser Haltung vor dem Feuer stand, für den gab es eigentlich nur einen Weg.
    Hinein in die Flammen!
    Würde er es tatsächlich auf einen Selbstmord ankommen lassen? Das wollte ich nicht glauben, aber ich mußte die Sachlage auch mit anderen Augen ansehen.
    Es gab genügend Menschen auf diesem Erdball, die unvorstellbare geistige Kräfte besaßen und in der Lage waren, durch Flammen oder über glühende Kohlen zu schreiten.
    Dazu gehörte ein völliges Mit-sich-selbst-zufrieden-sein, eine innere Einstellung, die es auch fertigbrachte, äußerliche Schmerzen zu übertünchen oder sie sogar vergessen zu machen.
    Der Klang wurde forciert. Man konnte nicht mehr entweichen, er hüllte den Tanzplatz ein, wurde in alle vier Himmelsrichtungen getragen, um letztendlich von der Dunkelheit des Waldes verschluckt zu werden.
    Shalaka, der Mann mit der unheimlichen Maske, nickte. Gleichzeitig straffte er seine Schultern, indem er sie anhob - und machte den ersten großen Schritt.
    Ja, er lief in die Flammen!
    Schlagartig verstummte der Trommelklang. Ich hielt den Atem an, weil ich damit rechnete, daß die Flammen an ihm hochsteigen und ihn verbrennen würden.
    Das geschah nicht.
    Er ging weiter, als wäre das Feuer überhaupt nicht vorhanden. Und er schritt in die Mitte des Flammenkreises, wo es am heißesten war.
    Dort blieb er stehen!
    Bisher hatte er uns den Rücken zugedreht, jetzt wandte er sich um, hob beide Arme und riß sich mit einem heftigen Ruck die Maske vom Kopf.
    Jetzt sah ich ihn so, wie ich ihn kannte.
    Er war der Irokese, den ich als Geist erlebt hatte!
    ***
    Nein, er hatte sich kaum verändert. Ob als Körper oder feinstofflich, im Prinzip war er der gleiche geblieben. Das finstere, bemalte Gesicht, die bemalten Wangen, die Stirn und das Kinn. Hinzu kamen die schwarz wirkenden Lippen und die Augen, die mich an Kohlestücke erinnerten.
    Er war eben ein besonderer Mensch. Möglicherweise ein Medizinmann, der mit mir unbekannten Kräften im Bunde stand.
    Regungslos blieb er und ließ sich von den heißen Feuerzungen umspielen. Die Ausläufer der Flammen reichten bis über seinen Kopf hinweg, so daß sie ihn umgaben wie eine Haube, denn am Nacken fügten sie sich wieder zusammen.
    Dieses Bild vergaß man einfach nicht. Es prägte sich auch bei mir ein, wobei ich darüber nachdachte, welch einen Menschen ich wohl da vor mir hatte.
    In die Krieger geriet Bewegung. Sie traten an das Feuer heran, begleitet vom dumpfen Klang der Trommeln. Aber sie gingen nicht in die Flammen hinein, keiner von ihnen besaß die Stärke eines Shalaka.
    Der Rhythmus schlief ein. Selbst das Atmen der Menschen war nicht mehr zu hören. Nur noch das Rauschen des Feuers, das eigentlich ohne Nahrung war und doch brannte.
    Erst jetzt fiel mir auf, daß kein Holz entzündet worden war. Die Flammen lagen förmlich auf dem Boden, bevor sie in die Höhe leckten. Möglicherweise hatten die Irokesen den Untergrund getränkt, es konnte sich ebensogut um ein magisches Feuer handeln.
    Ich stand günstig, so daß ich Shalaka gut sehen konnte. Und ich sah auch, daß sich sein Mund bewegte.
    Er sprach.
    Nichts Besonderes an sich, für mich jedoch ein Phänomen, denn ich
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