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0477 - Tanzplatz der Verfluchten

0477 - Tanzplatz der Verfluchten

Titel: 0477 - Tanzplatz der Verfluchten
Autoren: Jason Dark
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verstand seine Worte.
    Nur drangen diese mir nicht aus seinem Mund entgegen, sondern aus einem Gegenstand, den ich in der Hand hielt.
    Aus der Mitte des Kreuzes!
    ***
    Das war ein Hammer!
    Ich hielt zunächst einmal den Atem an, weil ich glaubte, mich getäuscht zu haben. Schaute noch einmal hin, lauschte, horchte und hatte keinen Zweifel mehr.
    Das Kreuz diente in diesem Falle als Übersetzer und gleichzeitig als Lautsprecher. So hörte ich, was er sagte, und es waren Sätze der Trauer, des Zweifels, der Vorwürfe und des Versagens.
    Shalaka rechnete mit sich selbst ab. Er sprach mit einer beschwörenden Stimme, als wollte er alle Geister des Universums zu Hilfe holen. »Seit vielen, unzähligen Monden, die vergangen sind, haben unsere Väter und Vorväter diesen Platz als heiligàngesehen. Kein Fremder durfte ihn je betreten. Jeder Häuptling und jeder Medizinmann hat dafür gesorgt, daß nur Eingeweihte und besondere Krieger zu den großen Weihefesten der Götter und Dämonen herkamen, um sie durch ihre Opfer gnädig zu stimmen. Er war zu einem Tanzplatz der Hoffnung und des Glücks für uns geworden. So gingen die Zeiten ins Land, kamen die Sommer, die Winter, der Schnee, der Regen und manchmal auch die Dürre. Der weiße Mann drang in dieses Land ein und versuchte, uns aus unseren heiligen Gebieten zu vertreiben. Wir werden uns wehren, wir haben uns gewehrt, kein Weißer soll jemals unser Land besitzen. So wie meine Vorväter das Vermächtnis von meinen Vätern bekommen haben, bekam ich es von meinen Vätern. Aber ich habe es nicht gut verwaltet. Die Weißen fanden diesen Heiligen Platz und haben ihn entweiht. Ja, sie schändeten ihn, und ich habe versagt, weil ich sie nicht aufhielt. Aus dem heiligen Tanzplatz ist nun ein Tanzplatz der Verfluchten geworden, denn man sagt, daß derjenige sterben muß, der mithalf, den Platz zu entweihen. Ich bin es gewesen, der sie nicht aufhalten konnte, und so habe ich das magische Feuer anzünden lassen, damit die lodernden Flammen mich verschlingen. Ich werde mich als Opfer hingeben, so wie es verlangt wird. Vielleicht habe ich durch diese Sühne den Platz wieder zu dem gemacht, was er sein soll. Zu einer geweihten Stätte. Die Götter mögen mir gnädig sein. Sie haben mich von allen anderen Kriegern hervorgehoben und stark gemacht. Jetzt sollen sie mich als Opfer annehmen und wieder ihre schützenden Hände über den Platz halten.«
    Ich hatte inzwischen verstanden, was dieser Shalaka wollte. Selbstmord begehen, sich opfern, weil er versagt hatte. Ja, diese Art von Ehrenkodex gab es, aber er steckte auch mit finsteren Mächten im Bunde, die er auch anrief.
    »Wenn ich mich von den Flammen vernichten lasse, so wird mein Geist doch weiterleben. Ich gebe ihn in die Hand des Großen Schwarzen, der die Unterwelt beherrscht und sein Feuer in das Totenreich bläst. Er wird mich als Geist weiterleben lassen, so daß ich immer über den Tanzplatz wachen kann, damit ihm kein weiteres Leid geschieht. Auch wenn noch einmal so viele Monde ins Land gehen, wie diese Welt alt ist, so hat mein Versprechen dennoch Bestand. Niemand soll mir nachsagen, ich hätte versagt. Ich gebe mich den Göttern hin, mögen sie mir gnädig sein und mein Opfer annehmen. Aber ihr, meine Krieger, werdet nicht ohne Schutz sein, auch eure Nachkommen nicht. Ich bleibe, mein Geist wird wachen, er wird immer hier sein und Gefahren abhalten…«
    Genau das war der Augenblick, als sich die Flammen plötzlich zusammendrängten und so dicht über die Haut des Irokesen strichen, daß sie ihn wie eine dünne Kleidung umgaben. Er griff zur Streitaxt, riß sie hervor, behielt sie in der Faust und reckte dabei seinen Arm hoch.
    Dann starb er.
    Er verbrannte nicht, nein, zuerst lief die Farbe zusammen. Sie schmolz, sie rann, ineinander, so daß neue Muster auf der Haut entstanden. Ein regelrechter Schmier lief an den Beinen, den Armen und am Oberkörper des Mannes entlang und fiel praktisch ab wie eine Schutzhülle. Shalaka aber blieb stehen. Das Feuer tat ihm nichts, er konnte einfach keine Schmerzen spüren, sonst hätte er geschrieen.
    Ein Mensch, der vor meinen Augen verbrannte, blieb stumm, obwohl die Flammen jetzt auf ihn übergriffen.
    Sie zerstörten ihn.
    Jedoch anders als bei normalen Menschen. Leider hatte ich sie schon brennen sehen. Ich kannte sie als lebende Fackeln, hier aber tötete das Feuer auf eine andere Art und Weise die Hülle.
    Es schmolz sie zusammen.
    Plötzlich löste sich die Haut von den Knochen.
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