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0476 - Kalis tödlicher Spiegel

0476 - Kalis tödlicher Spiegel

Titel: 0476 - Kalis tödlicher Spiegel
Autoren: Jason Dark
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mußte die Waffe jetzt einfach festhalten, um einen letzten Rammstoß führen zu können. Er schrie dabei, und als der Tiger seinen mächtigen Schädel noch einmal hochstemmte, stach er zu.
    Die Klinge drang zwischen die Augen der Bestie. Für einen Moment glaubte Singal, die Zeit wäre stehengeblieben. Überdeutlich schaute er in die beiden Augen, die tatsächlich nicht normal waren, sondern aus Spiegeln bestanden.
    Darin sah er etwas.
    In beiden zeigte sich das gleiche Bild. Ein schreckliches Gemälde, aber fast jeder im Lande kannte es.
    Es war das Antlitz der Göttin Kali!
    Ein pechschwarzes Gesicht mit rot glühenden Augen, die ebenso leuchteten wie die Innenflächen ihrer Hände. Ihr Haarwirrwarr war blutbefleckt, und um ihren Hals hing eine Kette aus Menschenköpfen.
    Ja, das war die Totengöttin Kali. Es gab keinen Zweifel. Und auch Singal gehörte zu den Menschen, die Angst vor ihr hatten. Er wankte zurück und zog dabei die Klinge aus dem Kopf des vierbeinigen Mörders, der tatsächlich noch stand, aber allmählich anfing zu zittern, denn die Lanzenstiche und Säbelhiebe hatten ihm den Rest gegeben.
    Keiner griff das Tier mehr an. Die Jäger umstanden es in sicherer Entfernung, schauten nur zu und sahen schließlich, wie der schwere Körper sich nicht mehr halten konnte und zusammenbrach.
    Auf der Seite blieb er liegen.
    Der Tiger war tot!
    Noch immer konnten sie es nicht fassen. Sie schauten sich an, in ihren Gesichtern zuckte es, und es war Singal, der als erster die Sprache wiederfand. Doch kein Jubelschrei, wie es eigentlich normal gewesen wäre, drang über seine Lippen.
    Mit leiser Stimme fragte er: »Habt ihr es gesehen? Habt ihr in seine Augen gesehen?«
    Seine Freunde nickten.
    »Es waren Spiegel!« flüsterte Singal und stach den Säbel in den weichen Boden, »aber das war nicht alles. Ich habe in die Spiegel hineinsehen können und dort ein Bild erkannt. Ein schreckliches Bild, das euch wohl entgangen ist. Das Bild einer Göttin - Kali…«
    Jetzt war der Name gefallen. Es gab keinen unter ihnen, der nicht wußte, was dies zu bedeuten hatte.
    Kali kannte jeder. Man wußte von ihrer großen Macht und von der Schreckensherrschaft, die sie ausübte. Kali war ein grauenvolles Wesen. Sie wurde nur von Menschen angebetet, die man selbst als dämonisch ansehen konnte und die nur die Vernichtung wollten.
    »Ja, Kali«, flüsterte Singal noch einmal und stellte danach eine Frage. »Was haben wir nur getan?«
    Er gab sich selbst die Antwort. »Wir haben einen Götzen oder einen Gott getötet. Möge man uns gnädig sein, meine Freunde…«
    ***
    Sie schafften den Tiger weg!
    Es war eine Heidenarbeit, denn das Tier besaß ein mörderisches Gewicht. Sie mußten sich ungemein anstrengen und es sogar zerteilen, um es abtransportieren zu können.
    Sie kannten den Wald und hatten sich schon vor Tagen die entsprechenden Pfade geschlagen. Als sie das Dorf erreichten und die Menschen den toten Tiger sahen, stießen sie ein Freudengeheul aus, in das die Jäger jedoch nicht mit einstimmten.
    Sie blieben still, gingen zu ihren Elefanten, luden den Tiger stückweise in die an den Seiten herabhängenden Tragekörbe und machten sich auf den Heimweg.
    Sie wußten auch, wo sie die Bestie hinschaffen wollten. Es war ein alter Tempel, in dem ein Weiser lebte und den Göttern huldigte. Er würde bestimmt Rat wissen.
    Der Marsch durch den Dschungel dauerte vier Tage, dann erreichten sie eine Hochebene, die mit gelbgrünem Gras bewachsen war. Der Wind strich über die Halme, bog sie alle in eine Richtung, so daß es aussah, als würden sie sich verneigen.
    Die vier Elefanten gingen unbeirrt weiter. Der lange Marsch führte sie von Wasserloch zu Wasserloch, wo sie jedesmal eine längere Pause einlegten.
    Erfrischt zogen sie weiter und erreichten schließlich die Berge, wo auch der Tempel stand.
    Gegen Mittag trafen sie ein. Ein heißer Sonnenball stand am Himmel und glühte die Natur aus.
    Mensch und Tier litten unter den Strahlen. Die Felsen hatten sich aufgeheizt und gaben die Wärme, wenn es kühler wurde, wieder ab.
    Die Männer führten die Elefanten in den Schatten, schnallten ihnen die Tragekörbe ab und schleppten sie in die relativ kühle Halle des Tempels, in der sie Andacht und Stille erwarteten.
    Sie wollten nicht hinein in den Heiligen Raum, den nur der Einsiedler betreten durfte, um dort Zwiesprache mit den Göttern zu halten. Deshalb blieben sie dicht hinter dem Eingang stehen und genossen die Kühle im Innern.
    Ob
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