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0476 - Kalis tödlicher Spiegel

0476 - Kalis tödlicher Spiegel

Titel: 0476 - Kalis tödlicher Spiegel
Autoren: Jason Dark
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nach.
    »Vielleicht gibt es sie - vielleicht…«
    »Sage es mir!«
    »Du hast dein Kreuz!« Ich hörte die leisen Worte. »Du hast dein Kreuz, und es ist auf ihm die Heilige Silbe der Inder eingraviert.«
    »Ja, das stimmt, aber nur die Gerechten dürfen sie aussprechen, und auch nur, wenn sie sich in größter Gefahr befinden.«
    »Sind deine Freunde gerecht? Haben Sie sich je Böses zuschulden kommen lassen?«
    Das war eine gute Frage, über die ich zunächst einmal nachdenken mußte. Nur nicht zu lange, denn wer sagte mir schon, welche Tricks Kali noch in der Hinterhand hielt?
    Die Heilige Silbe der Inder, das AUM oder auch OM, stand tatsächlich auf einem Balken meines Kreuzes. Sie ist eine mystische Silbe, eine dreibuchstabige Einheit, ein ineinander verschnörkelter Begriff und feierlichste aller Wörter Indiens. Dieses Wort steht am Beginn der heiligen Schriften und vor den Gebeten der Inder. Nach einer alten Deutung ist es zusammengesetzt aus den Anfangsbuchstaben der drei Wörter Agni, Varuna (Uaruna) und Marut. Es soll gleichzeitig die drei Elemente Feuer, Wasser und Luft andeuten. Nur ein Gerechter darf die Silbe aussprechen und muß sich dabei einer bestimmten Betonung oder Schwingung bedienen, ansonsten hat es keinen Sinn.
    Ich hatte die Silbe schon ausgesprochen und lebte noch immer. In der Zwischenzeit war viel Zeit vergangen. Konnte ich es wagen und auch heute noch alles auf eine Karte setzen?
    Ich fragte Garuda. »Gibt es noch eine andere Möglichkeit, meine Freunde zu befreien?«
    »Du kannst Kali bitten, sie aus ihren Klauen zu lassen. Darauf wird sie aber kaum eingehen.«
    »Das fürchte ich auch.«
    »Also sprich die Silbe. Dir bleibt nicht mehr viel Zeit, überlege deshalb nicht zu lange. Kali wird die drei Menschen verschlingen, sie wird sich an ihren Körpern und ihrer Seele stärken. Ich werde dir noch zur Seite stehen und sie ablenken. Achte auf mich, nimm deine silberne Waffe in die Hand und sprich das Wort erst dann aus, wenn ich mich ihrem Gesicht genähert habe.«
    Ich nickte. »Gut, ich werde deinen Rat befolgen, Garuda. Möge mir derjenige Kraft und Stärke geben, der über allem steht.«
    Garuda erwiderte nichts mehr. Er bewegte seine Flügel dreimal. Dann gelang es ihm, sich in die Höhe zu drücken. Fast senkrecht stieg er an der gewaltigen Statue hoch.
    Ich verfolgte seinen Flug, schaute auch gleichzeitig nach den Gesichtern meiner drei Freunde, wo die Qual nach wie vor wie eingemeißelt in den Zügen stand.
    Garuda ließ sich Zeit. Er geriet in die Nähe des Gesichts, und da reagierte Kali.
    Ich hatte an ihre Hände gedacht, sie aber konnte die Kette aus Menschenköpfen durch geistige Kräfte führen und sorgte dafür, daß sie in die Höhe schwang.
    Ihr Ziel war der Adler. Die Kette sollte sich um seinen Kopf und um den Hals legen, um ihn zu erdrosseln.
    »Jetzt!«
    Er hatte mir den Befehl gegeben. Ich zögerte keinen Lidschlag länger und sprach das Wort, vor dem selbst ich mich fürchtete, aus…
    ***
    »AUM!«
    Ich redete, ich sang, ich rief, ich gab jedem Buchstaben eine gewisse Betonung, wie man es mich gelehrt hatte, als man mir die Bedeutung des Kreuzes erklärte.
    Die Vokale ließ ich im Hals über die Stimmbänder vibrieren, aus diesem Grunde hörten sie sich fast so an wie ein feierlicher Gesang. Ich sprach das M im ersten Teil mit offenem Mund, um die Lippen sofort danach zu schließen und es als Echo auslaufen zu lassen.
    Und ich hatte laut geredet, damit das Echo durch diese Welt schallte und auch Kali erreichte.
    Ich beobachtete zusätzlich die Kette, die nicht mehr weiterschwang, in der Luft blieb, wobei ihre Einzelteile plötzlich kurz aufglühten wie vorbeihuschende Kometen und dann verglühten. Nicht einmal Asche fiel zu Boden.
    Stimmen schrieen!
    Zuerst dachte ich an meine Freunde, aber es waren Schreie, die überall an der Statue aufbrandeten.
    Sie drangen aus ihrem Maul, den Nasenlöchern, den Ohren. Ungezählte gemarterte Seele fielen in diesen schaurigen Chorgesang mit ein, und keine von ihnen war sichtbar. Sie hielten sich als unsichtbare Geistwesen innerhalb des Statuenkörpers auf, wobei ihre Schreie allmählich leiser wurden, ich noch immer auf der Schwelle stand und mein Kreuz umklammert hielt.
    Konnten Mandra, Suko und Bill gerettet werden? Waren auch sie Gerechte, die auf die Silbe ansprachen.
    Die Statue rührte sich nicht. Sie brach nicht, sie wackelte nicht, sie zeigte keine Risse im Gefüge, sie blieb einfach stehen. Dennoch geschah etwas mit
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