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0472 - Der Tiefsee-Teufel

0472 - Der Tiefsee-Teufel

Titel: 0472 - Der Tiefsee-Teufel
Autoren: Werner Kurt Giesa
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waren, als sie den Tempel im Wald hinter dem Negerdorf entdeckten - dieses Gold würde noch viel mehr bringen. Geronimo da Santarém wußte, daß er für den Rest seines Lebens ausgesorgt hatte. Nach dieser Fahrt konnte er sich zur Ruhe setzen. Er konnte in Saus und Braus leben wie der König. Selbst, wenn er seiner Mannschaft ein Viertel oder gar ein Drittel der Beute überließ - wozu er durchaus bereit war; er war ein sehr strenger, aber auch sehr großzügiger Kapitän, und seine Männer verehrten ihn wegen seiner Gerechtigkeit. Noch nie hatte er einen seiner Matrosen kielholen lassen; die schlimmste Bestrafung war die Peitsche. Er konnte mit ihnen plündern, und er konnte mit ihnen arbeiten und kämpfen. Und sie konnten gemeinsam, Kapitän und Mannschaft, in den Häfen saufen und huren bis zum Umfallen und die Schänke zertrümmern, wenn jemand Ärger machen wollte. Ein verschworener Haufen, der seit eh und je mehr Pulver und Kanonenkugeln als Fracht an Bord gehabt hatte… Und fünf von den verfluchten Engländern hatten sie versenkt, von diesen mit Kaperbriefen ihrer britischen Majestät aus gestatteten Piraten, die sich »Freifahrer« nannten und nicht mehr als Freibeuter waren. Dafür hatte da Santarém vom König selbst eine Auszeichnung erhalten, und anschließend hatte er mit seiner Mannschaft die Wirte der Hafenkneipen von Lissabon in einem mehrtägigen Riesenbesäufnis das Fürchten gelehrt.
    Jetzt, wußte er, hatte seine Karriere den Höhepunkt erreicht. Vielleicht würde man ihn zum Admiral befördern, wenn er der Kriegsflotte Seiner Majestät angehört hätte, aber er war ein ziviler »Kauffahrer«, wie er sich selbst freundlich nannte. Andere schimpften ihn gehässig einen üblen Piraten, weil sie ihm seine Erfolge neideten.
    Die Segel wurden aufgezogen. Längst war das letzte Boot eingeholt worden, alle Männer an Bord. Geronimo da Santarém ließ Anker lichten. Der Einäugige rieb sich die Hände. Sie alle konnten zufrieden sein. Einen größeren Schatz hatte niemals jemand heimgebracht. Und da Santarém dachte nicht daran, diesen Schatz mit der Krone zu teilen. Niemand konnte ihn dazu zwingen, weil niemand außer ihm und seinen Männern wußte, wie erfolgreich diese Beutefahrt war.
    Das Schiff nahm allmählich Fahrt auf.
    Noch war die Brise schwach; noch war die Caravelle zu nahe am Land. Aber die Unterströmung der einsetzenden Ebbe arbeitete bereits und zog die STERN VON LISSABON seewärts. Der große Dreimaster knarrte und schwankte leicht.
    Der Einäugige wandte sich um und sah über den Strand und das Freiland vor der Waldzone, wo die elenden Hütten dieser tierhaft lebenden Schwarzen abgefackelt worden waren. War da nicht eine Bewegung?
    Hatten sie tatsächlich vergessen, einen dieser Schwarzen zu fangen oder zu erschlagen? Nun, sollte er zurückbleiben. Auf einen Sklaven mehr oder weniger kam es nicht an. Es kam auf die an, die unten in den Laderäumen kauerten. Mitleid mit ihnen kannte keiner aus Kapitän da Santaréms Mannschaft. Weshalb auch? Die Schwarzen waren kaum mehr als intelligente, pelzlose Affen. Wären sie Menschen wie die europäischen Christen, hätte der liebe Gott ihnen doch immerhin helle Haut gegeben und den Anstand, ihre Blößen sittsam mit Kleidung zu bedecken, anstatt dermaßen unanständig nackt herumzulaufen wie die Tiere. Und eine Seele hatten diese Schwarzen auch nicht, wenn man den Worten des Heiligen Vaters und seiner Priester und Bischöfe Glauben schenken durfte - und das mußte man sogar, denn sie verkündeten doch stets das Wort Gottes! Aber diese Schwarzen hatten von Gott nicht einmal etwas gehört. Schlimmer noch - wenn man ihnen endlich beigebracht hatte, sich einer verständlichen Christensprache zu bedienen, statt unverständlich vor sich hin zu plappern, dann erzählten sie von seltsamen Götzen, die sie anbeteten. Aber niemand sollte andere Götter verehren als den HERRN allein, der am Anfang Himmel und Erde schuf.
    Das Schiff fuhr jetzt allmählich schneller. Das Ufer blieb zurück und mit ihm jene einzelne schwarze Gestalt, die so unwichtig war. Der Kapitän wandte sich wieder um.
    Eine frische Brise begann die Segel zu füllen.
    Schneller wurde das Schiff.
    Aber irgendwie hatte der Kapitän das Gefühl, daß das Wasser stieg! Gut, die STERN VON LISSABON war mittlerweile gut beladen - aber so hoch durfte die Wasserlinie doch nicht sein…
    »He!« polterte der Kapitän. Er stürmte die Treppe von der Kommandobrücke hinab und stieß ein paar
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