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046 - Der Schatten des Werwolfs

046 - Der Schatten des Werwolfs

Titel: 046 - Der Schatten des Werwolfs
Autoren: Dämonenkiller
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unterschätzt. Sie hatte geglaubt, dass er über solche Schauspiele erhaben wäre, doch das stimmte nicht. Ihn ergötzte das Wüten der Scheusale sichtlich, und er weidete sich an der Angst der Menschen.
    »Ich gehe schlafen.«
    »Bleib noch!«, sagte Olivaro, ohne den Blick von der schauerlichen Szene abzuwenden. »Ich will noch einiges mit dir besprechen, Coco.«
    »Kann das nicht bis morgen warten?«
    Er sah sie flüchtig an und schaute wieder aus dem Fenster. »Ich dachte über deinen Vorschlag nach. Ich finde ihn gut. Wir werden eine Frühgeburt herbeiführen, und sobald die Architekten mir die Pläne für den Bau geliefert haben, werden wir das Kind opfern, es in das Fundament einbauen. Die Idee ist großartig. Sie könnte von mir stammen.«
    »Es freut mich, dass sie dir gefällt«, sagte Coco, und ihre Stimme vibrierte.
    »Geh nur ruhig schlafen.«
    »Gute Nacht.« Coco hatte ein eigenes Zimmer am Ende des Ganges im ersten Stock. Sie schob den Vorhang zur Seite und trat ein. Es war hell. Der Mond war deutlich in der Fensteröffnung zu sehen. Coco blieb einen Augenblick stehen. Sie ballte die Hände zu Fäusten und ließ den Kopf auf die Brust sinken. Mit Mühe unterdrückte sie ein Schluchzen.
    Ich halte es einfach nicht mehr aus , dachte sie.
    Langsam trat sie ans Bett, setzte sich, schlüpfte aus ihrem Kleid und warf es über einen Stuhl. Noch immer war das Wüten der Bestien zu hören. Coco zündete sich mit zitternden Fingern eine Zigarette an. Es war ihr gelungen, Olivaro hinzuhalten, zumindest so lange, bis die Architekten die Pläne lieferten, doch dann konnte sie ihn nicht mehr vertrösten. Er würde das Ungeborene unter ihrem Herzen töten. Das musste sie unbedingt verhindern. Aber sie wusste, dass es für sie keine Möglichkeit gab, dieses kleine Atoll zu verlassen … und gegen Olivaro konnte sie nichts ausrichten. Ihre magischen Kräfte waren wieder schwächer geworden.
    Sie drückte die Zigarette aus. Neben ihrem Bett stand ein Dreifuß. Sie entzündete ein magisches Feuer, das den Raum in ein gespenstisches Licht tauchte. Die Dämpfe legten sich schwer auf ihre Lungen. Der aromatische Duft machte sie schläfrig und beruhigte ihre Nerven. Sie legte sich auf den Rücken, atmete tief ein und aus, spürte, wie sie langsam ruhig, wie alles bedeutungslos wurde. Die Anspannung fiel von ihr ab.
    Einen Augenblick lang dachte sie an Dorian Hunter, fragte sich, wo er wohl stecken mochte und ob er eine Möglichkeit finden würde, ihr zu helfen.
    Mit diesem Gedanken schlief sie ein.

    Ich hatte mich von den Bestien abgesondert. So rasch ich konnte, rannte ich von den Häusern fort. Minutenlang hörte ich noch immer das Brüllen und Schreien, dann klang es leiser, und schließlich verstummte es. Ich warf mich zu Boden und wälzte mich hin und her. Es war mir gelungen, gegen meine Werwolfgier anzukämpfen, doch ich glaubte, wahnsinnig zu werden. Ich wusste nicht, wie lange ich mich von Krämpfen geschüttelt herumwarf. Irgendwann stand ich wieder auf. Das Verlangen war noch immer da.
    War es möglich, dass ich in meiner Werwolfgestalt Olivaro etwas anhaben konnte? Bedauernd schüttelte ich den Kopf. Diese Möglichkeit schied aus. Olivaro hätte mich mit einer Handbewegung ausgeschaltet. Ich kam an einigen Toten vorbei und warf mich auf den Boden. Für einige Sekunden war das schwarze Blut in meinen Adern stärker. Ich leckte das eingetrocknete Blut auf.
    Das hätte ich nicht tun sollen. Es verstärkte meine Gier.
    Ich lief los. Jetzt war nichts mehr von Dorian Hunter in mir. Die blutgierige Bestie dominierte. Verzweifelt suchte ich nach einem Opfer. Aber um mich herum war alles still. Ich erreichte die Hütten. Von den Bestien war nichts mehr zu sehen. Vor dem Versammlungshaus blieb ich stehen. Langsam trat ich ein und blähte die Nasenflügel. Kein Mensch war hier.
    Ich rannte aus dem Gebäude und blieb wieder stehen. Aus einem kleinen Haus drang aromatischer Duft. Rauchschwaden zogen aus einer Öffnung im ersten Stock. Der Duft machte mich fast verrückt. Ich rannte auf das Haus zu. Es war ziemlich einfach, hinaufzuklettern. Mit meinen scharfen Krallen hakte ich mich in den Holzstämmen fest und hantelte mich hoch. Nach wenigen Sekunden hatte ich die Fensteröffnung erreicht. Ich steckte den Kopf hinein.
    Eine junge Frau lag auf dem Rücken. Sie trug ein tiefausgeschnittenes, rotes Nachthemd, das ihre Brüste nur halb bedeckte. Ich griff nach den Verzierungen oberhalb der Öffnung, hielt mich mit der linken
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