Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0459 - Die Herrin der Drachen

0459 - Die Herrin der Drachen

Titel: 0459 - Die Herrin der Drachen
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
konnte hineinschlüpfen. Aber damit gewann er nichts. Er würde sich in der gleichen Situation befinden wie jetzt. Wenn er das Opfer aber am Leben ließ, konnte er dessen Geist nur zurückdrängen. Doch dieser Geist würde natürlich rebellieren und jede Chance nutzen, die sich bot, den Dyb-
    buk wieder aus sich hinauszuwerfen. Eysenbeiß hatte es ja am eigenen Leib erlebt.
    Besser gesagt, an der eigenen schwarzen Seele.
    Eysenbeiß hoffte, daß er bessere Karten zugespielt bekam, wenn es ihm gelang, sein Amulett wiederzufinden, das Astardis fortgeworfen hatte. Deshalb suchte er.
    Bei seiner Suche half ihm eine Eigenschaft Leonardos.
    Zu Lebzeiten hatte Leonardo seinen Schatten von seinem Körper trennen können. Der Schatten wurde von ihm gesteuert und agierte selbständig. Nach erfülltem Auftrag kehrte er zu seinem Werfer zurück und glich sich ihm wieder an.
    Eysenbeiß hatte einen Weg gefunden, einen Teil dieser seltsamen Fähigkeit zu reaktivieren. Er konnte den Schatten zwar nicht mehr handeln lassen, aber er konnte ihn vom Körper trennen, aussenden und spionieren lassen. Der Schatten konnte sehen und hören, und er gelangte an Orte, die Eysenbeiß selbst nur schwer oder überhaupt nicht erreichen konnte. Es genügte, willentlich den Schatten vom Körper zu trennen und sich vorzustellen, daß er sich an einem bestimmten Ort befand - und schon war er dort.
    Der einzige Nachteil war, daß dieser Schatten zur Passivität verurteilt war. Ähnlich wie sich Eysenbeißens eigene Fähigkeit gewandelt hatte. Seinerzeit, als er noch einer der Großen der Sekte der Jenseitsmörder war, hatte er in die Zukunft greifen und Gegenstände aus dieser Zukunft in seine Zeit holen können. Jetzt, im fremden Körper, konnte er nur noch in diese Zukunft schauen, aber auch nicht besonders weit. Immerhin verdankte er dieser Fähigkeit, daß er visionär wahrgenommen hatte, wie Astardis das Amulett fortschleuderte. Aber er hatte es nicht verhindern können. Er besaß keine Möglichkeit, den Zeitablauf, die Entwicklung, die er sah, zu ändern -zumindest hatte er noch keine Möglichkeit gefunden.
    Aber er war ohnehin noch nicht mit seinem neuen Leben zufrieden. Da war vieles, was nicht mehr möglich war, und da war vieles, das neu hinzukam. Er mußte erst lernen, damit umzugehen, und vorher mußte er die neuen Möglichkeiten oder Handicaps erforschen.
    Aber er wurde trotzdem aktiv - auf seine Weise.
    Er hatte seinen Schatten, den Schatten eines allmählich zerfallenden Körpers, ausgesandt, um Informationen zu sammeln. Und er versuchte einen Blick in die Zukunft zu werfen.
    Er war überrascht.
    Denn er sah Julian, den Fürsten der Finsternis, nicht mehr…
    ***
    »Komm«, sagte Shi Khituu. »Komm zu mir.«
    Ein Ungeheuer bewegte sich.
    Es hob den Kopf. Einen mächtigen Rachen, in dem ein Mensch im Stück verschwinden konnte. Mächtige Reihen langer Zähne blitzten in den Kiefern. Das Ungeheuer bewegte den kantigen, schuppigen Schädel hin und her. Rauch quoll aus den Nüstern, dann schoß ein Flammenstrahl aus den Nüstern, verlor sich aber sofort wieder.
    »Nein«, sagte Shi Khituu. »Nicht so. Du mußt brav sein. Ganz brav. Komm zu mir.«
    Das Ungeheuer erhob sich. Schwerfällig stellte es sich auf die mächtigen Hinterbeine. Die vorderen, oberen Extremitäten, die vekümmert wirkten, winkten nervös. Das Ungeheuer glich einem Saurier der irdischen Frühzeit.
    »Komm«, wiederholte Shi Khituu. Sie streckte lockend die Hand aus.
    Der grünschuppige Saurier kam.
    Er tappte schwerfällig auf Shi Khituu zu, und der Boden vibrierte unter seinen gewichtigen Schritten. Shi Khituu wußte, daß er sich weitaus schneller bewegen konnte, wenn er wollte. Er wollte nur nicht immer, und das war auch gut so. Ein Koloß seiner Art, ungeheuer stark und ungeheuer schnell, konnte innerhalb weniger Minuten ein ganzes Dorf einebnen.
    Shi Khituu lächelte.
    Der Saurier duckte sich, als er knapp vor ihr stand. Der mächtige Schädel senkte sich zu Shi Khituu zurück. Das Maul klaffte wieder auf. Doch diesmal fuhr kein Flammenstrahl hervor.
    Diesmal schob sich die Zunge vor. Das Monstrum berührte Shi Khituu damit leicht.
    Shi Khituu lächelte und streichelte die Zunge an den dafür empfindlichen Stellen, und der Saurier, der feuerspeiende Drache, der längst ausgestorben sein mußte, gab ein kehliges Knurren von sich.
    »Braves Monster«, sagte Shi Khituu. »Braver Drache. Du gefällst mir.«
    Der Saurier zog die Zunge wieder zurück und schloß das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher