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0455 - Der Lord und die Geister-Lady

0455 - Der Lord und die Geister-Lady

Titel: 0455 - Der Lord und die Geister-Lady
Autoren: Jason Dark
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legte die Hände auf die Lehne. »Ich muß deine Erinnerung reaktivieren, sie zurückholen. Dafür gibt es nur eine Methode. Die Hypnose. Du weißt, Mary, daß ich sie beherrsche. Ich habe sie auch während meiner Studienreisen in die Karibik gelernt. Du weißt es.«
    Lady Mary nickte. Sie widersprach nicht. Das hatte sie nie getan.
    Ihrem Mann hatte sie immer vertraut, denn er hatte bisher in ihrer Ehe stets das Richtige unternommen.
    Der Lord verließ das Zimmer. Sein Weg führte ihn in die Bibliothek, die gleichzeitig sein persönlicher Arbeitsraum war. Er besaß ein großes Fenster, durch das am Tage viel Licht fiel, so daß der große Raum nicht ganz so düster wirkte.
    Jetzt war er dunkel, und der Mann schaltete die Beleuchtung an.
    Er ging dorthin, wo ein Regal durch eine Halbrundung abgeschlossen wurde. In einem der Fächer stand genau der Gegenstand, den der Lord für seine Aufgabe benötigte.
    Ein Metronom… Das schlichte Holzdreieck stand auf einer metallenen Platte. Vor dem Dreieck befand sich das Pendel. Es besaß einen runden Kopf, der hellgolden schimmerte.
    Sehr vorsichtig trug der Lord das Metronom zurück in das Kaminzimmer, wo seine Frau noch immer wie starr in ihrem Sessel hockte und beide Hände auf die Lehnen gedrückt hatte.
    Erst als ihr Mann einen Tisch zwischen sich und seine Frau rückte, schaute sie auf.
    »Du hast es also geholt.«
    »Ja, ich sagte es dir. Bist du bereit?«
    Auch bei der nächsten Antwort regte sich im Gesicht der Frau kein Muskel. »Habe ich dir je widersprochen?«
    »Nein, das hast du nicht. Außerdem war es stets zu deinem Besten, erinnere dich daran.«
    »Natürlich.«
    »Es wird wie immer sein«, erklärte der Lord. »Du wirst nichts spüren, überhaupt nichts. Du konzentrierst dich, schaust nur das Pendel an.«
    »Fang an, Peter!«
    Der Lord schob seine Hand vor und berührte das Pendel, so daß es nach rechts schwang und beide das erste »Klack« hörten.
    Dieses monotone Geräusch würde von nun an die gesamte Phase der Hypnose begleiten.
    Lady Mary konzentrierte sich darauf, auch durch die Worte ihres Mannes beflügelt. »Schau bitte nur auf das Pendel, meine Liebe. Schau hin, konzentriere dich. Es ist und bleibt wichtig. Das Pendel, nur das Pendel und laß dich entführen in eine andere Welt. Du hörst nur meine Stimme und das Geräusch des Metronoms. Mehr nicht. Konzentriere dich auf beide Dinge. Verstanden?«
    »Ja…«
    »Du bist hier bei mir und trotzdem weit weg. Du sitzt am Kamin in deinem Lieblingssessel, aber dein Geist geht auf eine ferne Reise. Er will und er wird diese Welt verlassen, auf der es ihm nicht mehr gefällt. Die Reise führt dich in andere Reiche, in weite Dimensionen, die nie eines Menschen Auge gesehen hat. Du tauchst ein in die Dunkelheit, die nie weichen wird, aber dein Geist wird sie durchdringen, und deine Stimme wird mir mitteilen, was du siehst. Hast du alles verstanden, Mary?«
    Die positive Antwort war kaum zu verstehen. Auch hatte sich Marys Sitzhaltung nicht verändert. Vielleicht war sie wenig gespannter geworden, die Wimpern waren nach unten geklappt, so daß es wirkte, als hätte sie die Augen halb geschlossen.
    »Befindest du dich schon auf der Reise, Mary?«
    »Ich löse mich.«
    »Das ist gut, sehr gut. Sag mir jetzt, was du empfindest. Hast du Erinnerungen?«
    Die Lippen der Frau bewegten sich kaum, als sie sprach. »Ich habe Erinnerungen. Es ist wie vor Tagen, als du an meinem Bett standest und noch die Spritze in der Hand gehalten hast. Dann stachst du zu. Auch da erlebte ich dieses Gefühl. Aber jetzt liege ich nicht in einem Sarg…«
    »Nein, du bist bei mir. Ich will von dir wissen, wohin dein Geist geht. In welch eine Richtung bewegt er sich?«
    »Er flieht.«
    »Weshalb?«
    »Die Dunkelheit will er nicht ertragen. Er hat sich gelöst, er geht seinen eigenen Weg.«
    »Kannst du das Ziel erkennen?«
    »Noch nicht.«
    Der Lord legte eine Pause ein, während das monotone Klacken des Pendels selbst das Zerplatzen der Holzscheite im Kamin übertönte.
    Danford beobachtete das Gesicht seiner Frau. Verändert hatte es sich nicht. Es wirkte nach wie vor so eisern, fast wie das eines Zombies, ohne Gefühl, und so etwas Ähnliches wie einen Zombie hatte der Lord ja aus seiner Frau gemacht. Nur mit dem Unterschied, daß seine Frau, die er insgeheim auch Geister-Lady getauft hatte, normal atmete.
    Er konnte sich auch vorstellen, daß dieses geheimnisvolle Ziel nicht neu für sie gewesen war. Sie mußte es schon einmal
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